Hattet ihr schon das Gefühl, ein schlechter Freund zu sein?

vom 22.09.2015, 16:06 Uhr

Vor kurzem meldete sich eine Freundin bei mir, wobei ich diese schon seit etwa zehn Jahren kenne. Wir sind nur locker miteinander befreundet und da sie eine hundert Kilometer von mir entfernt wohnt, sehen wir uns recht selten und haben mittlerweile nur noch sporadisch Kontakt. Wenn wir uns aber doch treffen, verstehen wir uns immer sehr gut und da das eben schon viele Jahre so geht, finde ich die Situation auch nicht schlimm.

Allerdings meinte sie zu mir, dass sie ein schlechtes Gewissen hätte, weil sie sich wieder mehrere Wochen nicht gemeldet hätte. Sie sagte, dass sie eine wirklich schlechte Freundin sei, was ich aber gleich verneinte. Immerhin hatte ich mich in der Zeit ja auch nicht gemeldet. Hattet ihr schon einmal das Gefühl, ein wirklich schlechter Freund für jemanden zu sein? Habt ihr versucht, das irgendwie wieder gut zu machen? Wie hat das der Freund oder die Freundin gesehen?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Eine Freundin von mir hat sich vor kurzem bei mir gemeldet und sich bei mir entschuldigt, weil sie den Eindruck hatte, mich vernachlässigt zu haben und mir eine schlechte Freundin gewesen zu sein. Schlimm fand ich das aber überhaupt nicht, wenn ich ehrlich bin.

Sie ist vor kurzem umgezogen, wobei sie erst nach Schweden gezogen war wegen dem Master und jetzt hat sie in Dänemark Arbeit gefunden und musste dorthin ziehen. Dann dauert es natürlich, bis das ganze logistisch geregelt ist, dann muss sie sich noch einleben, nicht zu vergessen die Sprachkurse und dergleichen. Ein internationaler Wohnungswechsel ist ja immer ein viel größerer Aufwand als ein Umzug innerhalb von Staatsgrenzen.

Wenn ich hier in Deutschland umziehen würde, dann muss ich mich ja im Prinzip nur beim Einwohnermeldeamt ummelden und gut ist. So etwas wie Krankenversicherung oder Sozialversicherungsnummer ist ja immer gleich, egal wo ich in Deutschland leben werde. Aber im Ausland muss man da so einiges beachten und sich auch erst einmal einlesen und die Sprache vernünftig lernen, sonst kapiert man ja gar nichts.

Ich habe ihr das auch nicht Übel genommen, vor allen Dingen, weil sie dann eine Zeit lang auf den Techniker warten musste, und deswegen mehrere Wochen kein Internet hatte. Ich habe wie gesagt auch nicht verstanden, warum sie sich so einen Kopf macht. Das ist doch nur eine Phase wie ich finde und ewig wird dieser Zustand ja auch nicht anhalten.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich hatte schon öfter das Gefühl, als Freundin oder auch als Familienmitglied nicht viel zu taugen. Ich bin von Natur aus nicht sehr gesellig und habe eigentlich überhaupt kein Problem damit, wenn zwischen Sozialkontakten und sozialen Verpflichtungen wie Treffen oder Feiern ein paar Wochen vergehen, in denen ich den Abend oder das Wochenende in Ruhe allein mit meinen Hobbys zubringen kann.

Mein Problem ist generell, dass mich das Zusammensein mit anderen Menschen ziemlich anstrengt. Dabei ist es sogar relativ egal, ob es sich um gute Freunde oder Verwandte handelt oder ob mir das Treffen Spaß macht. Auch nach dem schönsten Tag oder Abend in Gesellschaft bin ich regelmäßig so erschossen, dass ich wieder Zeit in selbst gewählter Einsamkeit zubringen muss, um meine Energiereserven wieder aufzufüllen.

Diese Eigenheit alleine macht mich also zu eher zweitklassigem Freundschaftsmaterial. Als Ausgleich versuche ich dafür, wirklich immer da zu sein, wenn man meine Hilfe braucht und die Zeit, die ich mit Freunden verbringen, wirklich besonders schön und speziell zu gestalten. So habe ich zwar nicht viele Freunde, aber diese sind dann auch nicht böse, wenn ich mal wieder wochenlang von der Bildfläche verschwinde.

» Gerbera » Beiträge: 11311 » Talkpoints: 47,42 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Es kommt eben ab und zu mal dazu, dass man so im Stress ist, dass man von sich selber dann denkt, ein schlechter Freund zu sein, weil man sich wenig meldet oder gar nicht gemeldet hat. Bei mir und meinem besten Freund kommt das schon ab und zu mal vor und dann denke ich das auch von mir, wobei er das nicht so eng sieht und sich einfach nur freut, wenn ich mich dann melde.

Das kommt ja auch bei den Freunden mal vor und deswegen muss man da eigentlich kein schlechtes Gefühl haben. Letztendlich weiß ich auch, dass ich keine schlechter Freundin bin, weil ich immer sofort losfahren würde, wenn es ihm schlecht geht und da ist es auch egal was ich gerade selber für einen Stress habe und bei ihm ist es auch so.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich habe während meines Studiums sehr oft dieses Gefühl gehabt. So hatte ich beispielsweise in der vorlesungsfreien Zeit Praktika und bin nicht nach Hause gefahren. Eine alte Kindergartenfreundin von mir hat mich mehrfach angeschrieben und gefragt, ob man sich denn nicht wenigstens an Wochenenden sehen könnte. Sie hat am Ende sogar angeboten mich zu Besuchen. Von mir kam aber während dieser Zeit kaum etwas, da sich so eingespannt war, dass ich ihre Mails gar nicht gelesen habe.

Das tut mir inzwischen schon sehr Leid und seitdem ist die Situation auch kaum besser geworden. Immer wenn sie vorlesungsfrei hat und in unseren alten Wohnort zurück kommt, kann ich gerade nicht und wir sehen uns nicht. Seit vier Jahren habe ich sie somit gar nicht mehr gesehen, sondern nur noch mit ihr telefoniert. Da plagen einen schon mitunter mal die Schuldgefühle.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Das Gefühl hatte ich ehrlich gesagt noch nie. Ich bin dafür aber auch viel zu rational veranlagt. Mir ist bewusst, dass ich nicht da sein kann und helfen kann, wenn bei mir selbst die Bude brennt, überspitzt gesagt. Wenn ich in der Vergangenheit also mit Prüfungsphasen, Umzügen oder gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, dann war es klar, dass ich nicht da sein kann, wenn ein Freund gebraucht worden ist. Ich habe schließlich auch meine Grenzen der Belastbarkeit und das berücksichtige ich auch.

Abgesehen davon handhabe ich das mit meinen Freunden so, dass eben direkt Tacheles geredet wird. Wenn jemand einen Freund braucht, dann wird das offen und direkt kommuniziert und aus dem Freundeskreis findet sich dann immer jemand, bei dem es gerade gesundheitlich und zeitlich passt, sodass man helfen kann.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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