Hat Deutschland viel zu wenig Akademiker?

vom 30.04.2018, 06:57 Uhr

Ich habe gelesen, dass jeder Dritte in Deutschland unter 35 Jahren einen Hochschulabschluss hat. Damit soll Deutschland aber hinter den selbst gesteckten Zielen zurück liegen. So haben sich die EU-Staaten darauf geeinigt, dass bis 2020 etwa 40 Prozent der jungen Menschen in Europa einen akademischen Abschluss haben sollen. EU-weit ist die Marke von 39,0 Prozent erreicht worden, aber Deutschland hinkt eben hinterher.

Wie seht ihr das? Braucht Deutschland mehr Akademiker? Ich finde das ehrlich gesagt ein wenig paradox, denn es hieß doch eine Zeit lang, wie hätten eine Akademikerschwemme und das würde gar nicht gehen, wir bräuchten mehr Azubis und Handwerker und man müsse den Ausbildungsberuf wieder attraktiver gestalten. Wie denkt ihr darüber? Braucht Deutschland mehr Akademiker? Oder haben wir viel zu viele?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Es ist doch eigentlich müßig, ein System mit dualer Ausbildung, das viele andere Länder in der EU so nicht kennen, zu vergleichen und dann mehr Akademiker zu fordern. Seien wir mal ehrlich, viele Abschlüsse seit Bologna sind eigentlich auch "nur" eine Ausbildung. Und in vielen anderen Ländern studiert man Berufe, die hierzulande traditionell über das duale Ausbildungssystem erlernt werden.

Und nur weil etwas plötzlich über ein Studium erledigt wird, wird es doch nicht automatisch besser. Polizisten in NRW machen ihren Bachelor und sind mittlerweile automatisch Kommissar. Die machen danach weder einen anderen Dienst als früher, noch sind sie per se besser als die früher ausgebildeten, die keinen akademischen Abschluss bekommen haben.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich kann mich mit der Vorstellung, ein wie auch immer gearteter Hochschulabschluss, was ja die einzige Voraussetzung dafür ist, dass man sich als AkademikerIn bezeichnen kann, sei von sich aus schon etwas "Besseres" als eine andere qualifizierte Berufsausbildung.

Eine funktionierende Gesellschaft braucht meines Erachtens für alle möglichen Aufgaben geeignete Leute, sprich Akademiker ebenso wie Handwerker oder Leute, die unsere Kinder betreuen, unsere Straßen kehren oder unsere Briefe austragen. Viele Aufgaben werden dadurch garantiert nicht besser erledigt, dass der jeweilige Arbeitnehmer dafür fünf Jahre an der Uni oder FH herumgehüpft ist.

Andererseits stimmt es natürlich auch, dass die Zeiten, als auch Leute mit kaum Schulbildung einen ausreichend bezahlten Job in der Landwirtschaft oder bei Stahl und Kohle gefunden haben, schon lange vorbei sind und viele moderne Jobs einen relativ hohen "klassischen" Bildungsstand erfordern.

Aber ich finde, dass dieses gesellschaftliche Problem nicht dadurch zu lösen ist, dass man jeden Trottel zum "Akademiker" hochfiedelt bzw. viele Begabungen und Talente einfach brach liegen lässt, weil sie sich nicht ins gängige Korsett der Hochschulfächer von MINT bis BWL zwängen lassen.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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