Hat Assad nun doch gewonnen?

Gerade hat Putin dem syrischen Präsidenten zu dessen Sieg gratuliert. Die Landkarte sieht nun auch völlig anders aus. Im Südosten gibt es noch ein kleines Herrschaftsgebiet des IS. Im Norden herrschen die Kurden und der türkische Staat. Dazu gibt es noch einige Gebiete unter Rebellenherrschaft. Die Küste und die Mitte des Landes ist wieder unter Herrschaft von Assad.

Die Forderungen nach dem Sturz von Assad sind schon lange verklungen. Auch die Türkei ist wieder gut auf Russland zu sprechen. Trump war schon immer dafür, dass der Kampf gegen den IS absolute Priorität hat. Auch in Europa will wohl jeder, dass der IS-Terror ein Ende hat. Ist Assad der Sieg noch zu nehmen?

Von einem Sieg kann hier nicht die Rede sein. Und ich unterstelle, dass es für alle Beteiligten massiv unterschiedliche Bewertungen dafür gibt, was in dem Konflikt am Ende als Sieg zu werten ist. Assad kann nicht als Sieger gelten, weil das Land noch immer im Kriegszustand verharrt und keine außenstehende Partei ein ernstes Interesse daran hat, dies nachhaltig zu ändern. Auch die Russen können mit dem Status Quo so besser leben, zumal sie so keine weiteren Konflikte mit anderen Anrainerstaaten fürchten müssen.

Die Türkei hat im Moment ihr oberstes Ziel erreicht und verhindert einen kurdischen Staat. Um das zu erreichen, wäre die Regierung in Ankara vermutlich auch bereit, mit Islamisten zu paktieren und lieber Kräfte für den Kampf gegen kurdische Verbände aufzuwenden, als Islamisten oder Assads Truppen zu bekämpfen.

Die USA haben hier schon lange aufgegeben, zumal offenbar ein Zugewinn des eigenen Einflusses in der Region nicht mehr erreichbar ist. Und auch die Schwächung des russischen Eiflusses ist nicht weiter möglich, so dass auch für die USA der aktuelle Status sicher verkraftbar ist.

Für Europa ist es eigentlich nur wichtig, dass keine weiteren Menschen aus Syrien eben nach Europa fliehen, weil die Aufnahme der Menschen politisch wohl in keinem Land mehr durchsetzbar wäre. Daher ist auch in Europa wohl jeder über ein bisschen Frieden glücklich.

Alles aber reicht aus meiner Sicht nicht, Assad als Sieger zu sehen. Wobei der verhinderte Sturz allein vermutlich auch schon als Sieg gesehen werden kann. Es ist einer der wenigen Herrscher, die sich gegen den Willen einer der Weltmächte hat halten können. Aber, dies wäre wirklich nur ein Aspekt bzgl. einer Bewertung. Außerdem ist der Konflikt ja noch (lange) nicht beendet. Und auch ein echtes Ende mit einer stabilen Ordnungsmacht ist eigentlich nicht in Sicht.

Auf jeden Fall hat die syrische Armee mit ihren Verbündeten große Teile wieder zurückerobert. Die Kurdengebiete im Norden können nur mit seiner Hilfe versorgt werden. Die anderen Rebellengebiete dürften sich auch nur schwer halten lassen. Niemand verlangt mehr seinen Sturz. Für mich ist dies ein klarer Sieg.