Habt Ihr als Klasse schon mal den Unterricht boykottiert?
Normalerweise gilt in Deutschland ja eine Schulpflicht und als Schüler muss man sich immer den Entscheidungen der Lehrer fügen - ganz egal, wie absurd diese Entscheidung letztendlich ist. Aber habt Ihr als Klasse schon mal gemeinsam den Unterricht boykottiert, so dass kein einziger Schüler am Unterricht teilgenommen hat? In meiner Schulzeit trat dieser Fall sogar einmal ein.
Unser Englischlehrer war plötzlich verstorben und unsere Klasse sollte dann den Englischunterricht zusammen mit der Parallelklasse durchführen, aber dies wollten wir nun gar nicht, weil der Lerneffekt hier gleich Null gewesen wäre. Und so sind wir geschlossen dem Unterricht ferngeblieben. Wenige Tage später mussten wir geschlossen vor dem Rektor antreten zum Rapport.
Nein, als Klasse haben wir nie den Unterricht boykottiert, aber als gesamte Schule haben wir das getan. Damals sind alle Schulen der Stadt zu einer Demonstration gegangen. Unser Direktor hat es verboten. Als er dann auch noch den Schulsprecher einer anderen Schule eine Treppe herunter gestoßen hat, sind wir geschlossen mit allen rund 1.100 Schülern gegangen.
Wir haben das jedes Jahr am unsinnigen Donnerstag gemacht. Das war bei uns so Brauch, aber das haben die Lehrer auch nicht krumm genommen. Wobei man da schon gemerkt hat, wer mehr oder weniger Humor hatte, denn die Lehrer mussten schon diverse abgelatschte Streiche ertragen, die von Schülergeneration zu Schülergeneration weiter gegeben wurden. Aber wirklich bösartig war das nicht und die Lehrer wussten, was ihnen blüht.
Auch der Direktor hatte da nie etwas dagegen unternommen, das wurde stillschweigend toleriert, wenn gewisse Grenzen eingehalten wurden. Als wir in einem Jahr den Tafelschwamm mit Handcreme getränkt hatten und ab der zweiten Schulstunde kein einziger Kreidestrich mehr auf der Schultafel haften blieb, da gab es aber auch am unsinnigen Donnerstag ärger. Wir haben damals als Klasse eine ganze Weile gebraucht, bis die gute alte grüne Tafel so weit entfettet war, dass der Unfug vergessen wurde. Es ist also nicht zur Nachahmung empfohlen. Aber grüne Tafeln sind ja ohnehin vom Aussterben bedroht.
Aber aus Unterrichtsbesuchen weiß ich, dass solche Aktionen häufiger vorkommen, als man meint. Vor allem an Schulen, die ihren Schülern nach dem Abschluss nicht so rosige Bildungschancen bieten und ganz besonders dann, wenn der Lehrer sich häufiger unbeliebt gemacht hat. Da war ich teils schon erstaunt, welches Repertoire an Boykottaktionen von Schüler geschlossen eingesetzt wird. Das ist teilweise echt kreativ und so als unbeteiligter Beobachter kann einem der Lehrer oft echt leid tun. Gerade die Sache mit der Schulpflicht reizt ja zum Teil manche Schüler noch besonders, denn weil sie es müssen, wollen sie nicht. Da eskaliert das dann ganz leicht.
Das kam in meiner Schulzeit eine handvoll Male tatsächlich vor. Einmal ist die Klasse am ersten April spontan aus dem Kellerfenster geklettert. Gab dann in der nächsten Stunde einen Anpfiff, war dann aber gut. Ein anderes Mal sind wir nicht zum Biounterricht gegangen. Da hatte einer von uns sogar dem Lehrer Bescheid gesagt. Der Typ war ein Alt-68er im Rentierpulli und hat das entspannt genommen, wenn er mit seinem Stoff durch war.
Während der Oberstufenzeit haben wir das mal mit einem Deutschlehrer gemacht, weil der immer zu spät kam und dafür dann kein Ende fand. So als Retourkutsche halt. Der Mann hat es mit Humor genommen. Ein paar Mal hat uns geärgert, dass wir eine Freistunde hatten und danach in der letzten eine Vertretungsstunde, da sind wir dann auch nicht hingegangen. Wahrscheinlich hat der Vertretungslehrer sich über die freie Zeit gefreut, da kam nie was nach.
Richtig Ärger hat es nur gegeben, als wir eine Kunststunde nicht besucht haben. Das lag in erster Linie daran, dass der Typ ein Psychopath war. Der hat dann auch völlig am Reifen gedreht, für einige ist es mit einem Tadel ausgegangen. Andere haben sich raus reden können und behauptet, Mitschüler hätten ihnen gesagt, der Unterrichtsausfall wäre am Vertretungsplan bekannt gegeben worden.
Wir hatten einmal einen sehr unfähigen Deutschlehrer, dessen Unterricht wir auch einmal boykottierten. Wir waren zwar anwesend, schwiegen ihn aber die vollen 45 Minuten komplett an. Er fand das gar nicht witzig, war aber weder guter Pädagoge, noch Respekt einflößend genug, als dass er mit der Situation hätte vernünftig umgehen können. Er musste auch im anschließenden Halbjahr die Schule verlassen und ist auf ein anderes Gymnasium versetzt worden.
Ansonsten haben wir den Unterricht nie boykottiert, es fand aber phasenweise regelrechtes Massenschwänzen statt. Einmal waren von 25 nur 7 Schüler anwesend. Das war in den Phasen kurz vor Beginn der Ferien der Fall, als wir wussten, dass die Zeugnisnoten schon feststanden.
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