Grapscher verurteilen, wenn Aussage gegen Aussage?

vom 11.05.2017, 13:51 Uhr

Ich habe einen Artikel gelesen, in dem es hieß, dass ein Mann einer Frau dreimal an den Po gefasst hätte, obwohl sie das nicht wollte. Das soll in der Öffentlichkeit passiert sein. In dem Artikel wurde das so dargestellt, als hätte Aussage gegen Aussage gestanden und von Zeugen oder Beweisen wurde jetzt nichts erwähnt. Umso mehr verwundert es mich, dass der Mann zu vier Monaten Haftstrafe verurteilt worden ist.

Weiß jemand von euch zufällig mehr darüber? Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass man bei einem Fall "Aussage gegen Aussage" so hart bestrafen würde. Oder hat man das jetzt aus Prinzip gemacht um ein Exempel zu statuieren und das Vertrauen in den Rechtsstaat zu stärken? Fühlt ihr euch als Frauen durch dieses Urteil sicherer für den Fall von sexueller Belästigung oder hatte das gar keine Wirkung auf euch?

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Von einem einzelnen Urteil fühle ich mich weder sicherer noch unsicher. Nur weil Richter X in A-Stadt so geurteilt hat, heißt das ja noch nicht automatisch, dass das für mich zuständige Gericht mit Richter Y auch so urteilen würde, wenn mich jemand in der Öffentlichkeit mehrmals am Po begrapschen würde!

Selbst wenn ich zufällig in A-Stadt wohnen würde und zufällig Richter X meinen Fall verhandeln würde, so ich auch sehr ähnliche Weise Opfer geworden wäre, wäre das auch noch keine Garantie. Der mutmaßliche Täter aus dem von dir beschriebenen Fall wäre dann vermutlich eher nicht der Täter, der dann bei mir zur Tat schreiten würde. Und schon daher kann ein Urteil völlig anders ausfallen, wenn zwei unterschiedliche Menschen vor Gericht angeklagt werden.

Vielleicht stand es ja bei dem Täter in dem beschriebenen Fall prinzipiell Aussage gegen Aussage. Aber wer weiß, was bei ihm schon in der Akte stand? Wenn in den letzten zehn Jahren schon mehrere Opfer Anzeige gegen ihn erstattet haben, weil er sich in sexueller Hinsicht unangemessen bis übergriffig verhalten hat, dann wird das sicher anders beurteilt werden, als wenn ein völlig unbescholtener Bürger plötzlich verdächtigt wird und für das Gericht ist keine Vorgeschichte mit anderen Fällen zu erkennen. Da wird wohl in vielen Fällen ein Richter eher den Zweifel höher gewichten, so keine Zeugen zu finden sind.

Benutzeravatar

» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Das Urteil kann man doch sowieso nicht zu irgendwelchen Vergleichen heranziehen. Abgesehen davon, dass jeder Fall anders ist und jeder Richter anders urteilt: Der junge Mann hat erstens der Frau nicht an den Po gegriffen, nach Aussage der Betroffenen hat er zwischen die Pobacken gegriffen. Das ist nun eine ganz andere Nummer, als den Po zu tätscheln, was natürlich auch nicht geht.

Außerdem ist ein Ladendiebstahl in das Urteil eingeflossen und ein Strafbefehl wegen Schwarzfahren hat die Strafe verschärft. Das ist etwas ganz anderes, als wenn ein gesetzestreuer Mann einer Frau einmal an den Hintern greift. Der wird auch mit weniger Strafe auskommen.

» cooper75 » Beiträge: 13429 » Talkpoints: 519,52 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ich kenne nun den Fall überhaupt nicht, aber ich will das "Aussage gegen Aussage" nicht einfach so stehenlassen. Das bedeutet im Grunde, dass es keine Zeugen und Beweise gab, aber dadurch sind die Aussagen nicht automatisch gleichwertig.

In dem Fall hat die Frau wohl eine glaubwürdigere Aussage abgeliefert. Sie konnte sich an die genauen Umstände erinnern. Der Grapscher hat sich bei seiner Aussage vielleicht in Widersprüche verstrickt, hat am Anfang den kompletten Tathergang bestritten und dann nach und nach Teile davon zugegeben. Das fängt schon damit an, dass er vielleicht erst behauptet hat, gar nicht dort gewesen zu sein und irgendwann gibt er dann zu, dass er in der besagten Straßenbahn war.

Also Aussage heißt nicht gleich glaubwürdige Aussage. Selbst ein Geständnis ist ja im Grunde eine Aussage. Somit ist "Aussage gegen Aussage" nicht immer gleich ein Unentschieden und man kann auch ohne Zeugen und Beweise eine Schuldzuweisung aussprechen.

Benutzeravatar

» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^