Glaubt ihr an die Entgeltgleichheit von Männern und Frauen?

vom 22.09.2016, 16:22 Uhr

Pünktlich zum Wahlkampf holen ja fast alle Parteien mal wieder das scheinbare Endlosthema der Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen aus der Schublade. Einige Parteien wollen das ja jetzt aber mal wirklich durchsetzen, aber so recht mag ich daran gar nicht glauben.

Habt ihr denn Hoffnung, dass in absehbarer Zeit da wirklich mal der große Durchbruch kommt und wir tatsächlich eine Entgeltgleichheit geschlechterunabhängig haben werden? Was gibt euch dabei Hoffnung und was lässt euch daran zweifeln?

» baerbel » Beiträge: 1517 » Talkpoints: 601,73 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich glaube da nicht so wirklich dran. Im Öffentlichen Dienst wird man ja nach Tarif bezahlt und da bekommt man unabhängig vom Geschlecht dasselbe. Warum sollten sich diese Menschen dafür einsetzen, dass das "gemeine Fußvolk" ähnliche Privilegien hat und unabhängig vom Geschlecht gleich verdient? Es wird eben nur da was getan, wo Bedarf gesehen wird und wenn die das nicht direkt betrifft, werden die auch nur schwer die Motivation finden, da etwas zu ändern finde ich.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Täubchen, was haben Beamte damit zu tun? Die machen erstens keine Gesetze und zweitens verdienen Frauen im Staatsdienst weniger als Männer. Das liegt nicht nur an der hohen Teilzeitquote bei Frauen. Insbesondere in den höheren Besoldungsgruppen werden Frauen seltener weiter befördert, auch wenn sie Vollzeit arbeiten.

Im Schnitt verdienen in Vollzeit beschäftigte Beamtinnen knapp 8 Prozent weniger als Beamte. Im gehobenen Dienst sind es gut 12 Prozent, im mittleren Dienst fast 12 und bei Richterinnen 10,5 Prozent weniger. Man kann nicht behaupten, dass es dieses Problem im öffentlichen Dienst nicht gibt.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



cooper75 hat geschrieben:Im Schnitt verdienen in Vollzeit beschäftigte Beamtinnen knapp 8 Prozent weniger als Beamte. Im gehobenen Dienst sind es gut 12 Prozent, im mittleren Dienst fast 12 und bei Richterinnen 10,5 Prozent weniger. Man kann nicht behaupten, dass es dieses Problem im öffentlichen Dienst nicht gibt.

Das ist aber eine reine Statistik, die keine Hintergründe beleuchtet. Hier wird ja suggeriert, dass Frauen für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt werden als Männer. Das kann man aber mit so einer Statistik überhaupt nicht belegen. Hier belegt man nur, dass Frauen weniger Geld erhalten als Männern, nicht aber warum.

Gerade im öffentlichen Dienst verdienen Frauen doch genau dasselbe wie Männern, sofern sie die gleiche Qualifikation haben und die gleiche Arbeitsvita. Das trifft doch auf nahezu alle Tarifverträge zu. Was bei der Diskussion ja leider oft vergessen wird, ist die Tatsache, dass viele Frauen weniger verdienen, weil sie öfter in Teilzeit arbeiten oder auf Grund Erziehungszeiten Unterbrechungen ihrer Erwerbstätigkeiten haben. Dass es dann natürlich Gehaltsunterschiede geben kann, weil Frau X tatsächlich dann 2 oder 3 Jahre weniger Berufserfahrung hat und dadurch erst später befördert wird liegt auf der Hand.

Es müsste also eher die Frage gestellt werden, ob Frauen zum Beispiel durch ihre Kinderbetreuung, benachteiligt werden und ob man dies irgendwie im Gehalt abbilden sollte. Oder ob es ein gesellschaftliches Problem der Anerkennung der Frau in Führungspositionen gibt. Über das Entgelt wird sich das wohl kaum lösen lassen. Denn wie will man denn begründen, dass Frauen jetzt auf dem Papier bei gleicher Arbeit und Leistung mehr Geld bekommen müssten als Männer?

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Klehmchen, Frauen, die nur die übliche Erziehungszeit aussetzen, verdienen nicht weniger als kinderlose Frauen. Aber Frauen werden seltener befördert, bekommen niedrigere Gehaltsangebote, geringere Lohnerhöhungen bei mindestens ebenso guter Verhandlung wie Männer und weniger Benefits.

Das betrifft Beamte ebenso wie Branchen mit Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung und natürlich die freie Wirtschaft. Nehmen wir einen typischen Frauenberuf und schauen uns Krankenpfleger an. Krankenpflegerinnen verdienen im Schnitt 7 Prozent weniger als Krankenpfleger in der gleichen Position. Gleiche Ausbildung, gleiche Arbeit, gleicher Tarifvertrag und trotzdem gibt es für Frauen weniger Geld.

Frauen, die offensiv mehr Gehalt fordern, wirken unsympathisch auf das Gegenüber. Dabei ist es egal welches Geschlecht der Verhandlungspartner der Frau hat. Männer werden dagegen als zielstrebig, engagiert und sympathisch wahrgenommen.

Bei Frauen werden Ausfallzeiten wegen Kindern, Familie oder Pflege geradezu erwartet. Das senkt die Bereitschaft, in diese Mitarbeiterin zu investieren. Ich habe mich im Auswahlprozess schon fragen lassen müssen, ob mein Mann damit einverstanden ist, dass ich in einer solchen Position arbeiten möchte. :wall:

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben:Frauen, die offensiv mehr Gehalt fordern, wirken unsympathisch auf das Gegenüber.

Aber im reinen Tarifberuf kannst du kein Gehalt fordern. Darum ging es ja. Der Großteil der Beamten und Angestellten gerade im öffentlichen Dienst verdienen doch reinen Tariflohn und der ist Unisex.

Bei Frauen werden Ausfallzeiten wegen Kindern, Familie oder Pflege geradezu erwartet. Das senkt die Bereitschaft, in diese Mitarbeiterin zu investieren. Ich habe mich im Auswahlprozess schon fragen lassen müssen, ob mein Mann damit einverstanden ist, dass ich in einer solchen Position arbeiten möchte. :wall:

Berechtigter Einwand, den ich gar nicht abstreite. Das ist aber kein Problem ungleicher Bezahlung, sondern eben das angesprochene gesellschaftliche Frauenbild, das Frauen Führungspositionen nicht zu traut. Das löst du doch aber nicht über Gehaltsangleichungen, sondern nur über entsprechende Anerkennung.

Unterm Strich heißt das doch eher, dass Frauen in vielen Bereichen nicht weniger verdienen, weil sie Frauen sind, sondern weil sie bei Beförderungen öfter übergangen werden oder durch Betreuungs- und Ausfallzeiten nicht auf entsprechende Gehaltsstufen kommen können.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Wer weniger verdient, weil er, also um genau zu sein sie, wegen des Geschlechts weniger befördert wird oder Erfahrungen nicht angerechnet bekommt, verdient aber aufgrund seines Geschlechts weniger. Denn die Diskrepanz ist da, auch wenn keine besonderen Ausfallzeiten zum Beispiel wegen Kindern vorliegen. Das gilt eben auch für Beamte und bei Tarifverträgen.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Aktuell heißt es ja, dass Frauen in Betrieben mit Mitarbeitern ab 200 Stück erfragen können, was ihre Kollegen verdienen. Das mag ja ganz lustig sein, aber ändert dann wiederum nichts daran, dass von mir aus Mann XY 200,- Euro mehr verdient, als die Frau, die nun das Gehalt einsehen wollte. Was soll sie denn dann tun, um diese Entgeltgleichheit einzufordern?

Geht sie zum Arbeitgeber und sagt, "hör mal X das finde ich nicht gut und möchte dasselbe Gehalt?". Ich möchte sehr gerne einmal sehen, wie viele Frauen wenn sie so ähnlich agieren würden, bald ihren Job los sind. Immerhin sagt sich der Arbeitgeber dann, dann gehe ich halt einen günstigeren Mitarbeiter suchen (aktuell schwer in Kommen - Flüchtlinge) und schon akzeptiert jeder, dass dieser Herr weniger verdient, als andere Herren im Unternehmen und er ist der Saubermann.

Das war jetzt ein ganz bewusstes Beispiel, weil meine Bekannte hat herausgefunden, dass ein Neuling in der Firma mit weniger Qualifikationen circa 250,- Euro mehr verdient. Sie hat natürlich gemeckert und wurde jetzt nach und nach gekündigt. Erst eine Abmahnung, weil sie nicht sauber gearbeitet hätte, dann ging es halt zur Kündigung.

Dort arbeitet jetzt ein Asylbewerber, für deutlich weniger, als sie gearbeitet hat sowie der Kerl, der mehr verdient. Doch trotzdem gibt es einen Orden, weil er ja jemanden eine Perspektive schafft. Woraus diese "Perspektive" entstanden ist, um zu sparen und eine Frau die ungemütlich im Gehalt wurde rauszudrücken, da schert sich niemand drum.

Die werden somit immer Mittel und Wege finden, wie sie die Entgeltgleichheit verhindern. Ich finde das nicht okay, weil ich nach Leistungen bezahlt werden möchte. Bin ich genauso gut wie ein Mann, dann habe ich einfach das Recht, dasselbe zu verdienen!

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


An eine generelle und branchenübergreifende Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen, glaube ich nicht. Diese wird zwar schon seit Jahrzehnten propagiert, aber bis auf vereinzelte Teilerfolge, hat sich da aber nicht allzu viel getan. Die Unternehmen werden sich in dieser Beziehung wohl auch ungern hineinreden lassen und berufen sich dabei oftmals auf die freie Marktwirtschaft. Ob die Entgeltgleichheit noch als Wahlkampfthema tauglich ist, das ist wohl auch fraglich, weil so richtig ernst, werden die Wähler dieses Thema wohl auch nicht mehr nehmen.

» FinanzScout » Beiträge: 1063 » Talkpoints: 19,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Kätzchen14 hat geschrieben:Aktuell heißt es ja, dass Frauen in Betrieben mit Mitarbeitern ab 200 Stück erfragen können, was ihre Kollegen verdienen. Das mag ja ganz lustig sein, aber ändert dann wiederum nichts daran, dass von mir aus Mann XY 200,- Euro mehr verdient, als die Frau, die nun das Gehalt einsehen wollte. Was soll sie denn dann tun, um diese Entgeltgleichheit einzufordern?

Sie kann und muss dann versuchen ihr Gehalt neu zu verhandeln. Wie schon oben geschrieben in reinen Tarifberufen, kann man ja oft nicht viel verhandeln und dort gibt es in der Regel ja auch für die gleiche Arbeit im gleichen Betrieb das gleiche Geld. Aber es gibt ja auch Betriebe, die zahlen nicht nach Tarif oder bieten übertarifliche Leistungen an. Und wer sagt dir denn, dass da Frauen bei Gehaltsverhandlungen nicht benachteiligt werden? Das kann aber natürlich Männern genauso passieren.

Mit dem Gesetz kriegt man aber zumindest heraus, was denn an sich möglich wäre und welche Forderungen realistisch sind. Das macht es dann ja doch schon einfacher selbstbewusster bei Verhandlungen aufzutreten, wenn man eben weiß, dass man mit 100 Euro Gehaltserhöhung nicht dreist ist, sondern eigentlich problemlos auch 500 Euro drin wären.

Und Cooper sicherlich magst du irgendwie recht haben, wenn du sagst Frauen verdienen weniger, weil sie Frauen sind, wenn sie deswegen seltener befördert werden. Aber was bringt dir das, wenn du das feststellst? Kannst du das Problem lösen, in dem du forderst Frauen müssen das Gleiche verdienen wie Männer? Nein eher nicht, denn das tun sie ja in aller Regel. Gleiche Position mit gleicher Erfahrung bringt in aller Regel für Mann und Frau das gleiche Geld. Dass die Frau aber einfach nicht befördert wird oder dass die Elternzeit nicht als Berufserfahrung anerkannt wird, hast du damit überhaupt nicht gelöst und am Ende kommt dann eben doch ein unterschiedliches Gehalt heraus, obwohl du vielleicht ein tolles Gesetz über Lohngleichheit gemacht hast. Darum ging es mir.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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