Gibt es zu viele Feiertage?
Je nach Bundesland und sogar je nach Stadt gibt es ja eine unterschiedliche Anzahl an Feiertagen. Augsburg hat soweit ich weiß die meisten Feiertage. Berlin hat im Jahr 2020 einen Extrafeiertag am 8. Mai zum Jubiläum 75 Jahre Kriegsende. Es wird diskutiert, ob dieser Tag auch zukünftig ein Feiertag der Befreier bleiben soll.
Ich finde, dass wir eh ziemlich viele Feiertage haben. Für Arbeitnehmer ist das ja ganz vorteilhaft, für Unternehmen oder manche Freiberufler ist das aber nicht so gut, weil sie an diesen Tagen nichts verdienen. Ich bin der Meinung, dass es nicht noch mehr freie Tage geben sollte. Wie seht ihr das? Gibt es zu viele oder zu wenige Feiertage? Was spricht eigentlich für mehr Feiertage, außer dass Arbeitnehmer frei haben?
Ehrlich gesagt hatte ich bisher noch nie das Gefühl, zu viele Feiertage zu haben. Und das, obwohl ich in einem Bundesland mit vielen Feiertagen lebe. Zwar werden viele kirchliche Feiertage nicht mehr vorwiegend zur Ausübung religiöser Praktiken genutzt, aber sie dienen ja durchaus normalerweise auch dazu, um Freunde oder Familienmitglieder zu treffen oder sich einen Tag Erholung zu gönnen, was auch dazu beiträgt, in Zukunft wieder erholt arbeiten zu können.
Im übrigen ist es bei uns sowieso so, dass datumsgebundene Feiertage immer mal wieder auf das Wochenende fallen und somit in diesen Jahren die Arbeitgeber entlasten (in einigen anderen Ländern werden Feiertage, die auf Samstag oder Sonntag fallen, an einem Wochentag (meistens am darauffolgenden Montag) nachgeholt).
Also für den Arbeitnehmer ist die Frage ja ganz einfach zu beantworten. Da wird sicherlich keiner der Meinung sein, dass es zu viele Feiertage gibt. Schließlich bekommt man ja trotzdem Geld und hat dafür einen freien Tag. Die Arbeitgeber werden sicherlich dagegen mehrheitlich sagen, dass es keine weiteren Feiertage geben sollte, da dann ja nicht gearbeitet wird.
Die Frage ist doch aber eigentlich, ob das denn wirklich einen Unterschied macht. Ich meine ja gerade auch für die Arbeitgeber fallen Feiertag ja nun nicht urplötzlich vom Himmel und sind von dem einen auf den anderen Tag da. Es gibt nur ganz selten mal einen unregelmäßigen Feiertag. Fast alle Feiertag stehen doch seit ewigen Zeiten fest und wenn dann wird nur mal sporadisch ein Feiertag ergänzt so wie im Reformationstag der 31.Oktober für alle frei war oder eben jetzt der 8.Mai in Berlin.
Das sollte doch im Umkehrschluss eigentlich heißen, dass der Arbeitgeber doch ganz genau weiß, wie viele Tage seine Beschäftigten arbeiten und was sie in der Zeit erwirtschaften können. Und das wird doch in die Lohngestaltung einfließen, so dass da mit Sicherheit die arbeitsfreien Tage doch eingepreist sein werden. Und wenn es dann jetzt einen neuen bundesweiten Feiertag geben sollte, dann wird das bei den nächsten Lohnrunden doch auch berücksichtigt und dann gibt es eben beispielsweise keine 2,5 Prozent mehr Lohn, sondern eben nur 2,4 oder 2,3 Prozent, damit sich die Arbeitgeber den freien Tag leisten können.
Auch stellt sich die Frage, ob weniger Feiertag denn auch wirklich automatisch zu mehr Produktivität führen. So habe ich auch einmal eine Dokumentation über Südkorea gesehen, wo es eben auch insbesondere um die Arbeitsbedingungen ging. Dort nehmen Arbeitnehmer wohl oft nicht einmal die Hälfte ihres Jahresurlaubs und viele verbringen bis zu 60 Stunden in ihrem Job. Nur sind sie deswegen in der Regel kaum erholt und werden dann unproduktiv und erwirtschaften zum Teil sogar weniger als Mitteleuropäer in ihren 35 oder 40 Wochenstunden.
Und es ist doch schon so, dass in vielen Berufen eine deutliche Arbeitsverdichtung eingetreten ist und wir in der gleichen Zeit irgendwie immer mehr machen müssen und schaffen sollen. Und das zieht sich dann ja auch durch die Freizeit weiter durch. Da finde ich es schon ganz angenehm, wenn man dann auch mal außer der Reihe zwischen drin einen Tag frei hat um wieder etwas herunter zu kommen und danach wieder im Job durchstarten zu können.
Mir würde spontan kein Grund einfallen, für die Reduzierung von Feiertagen zu votieren. Wieso auch? Die einfachen Arbeitnehmer werden sowieso schon ausgebeutet genug, und ein Arbeitstag mehr oder weniger bedeutet objektiv gesehen für die, die durch die Produktivität anderer immer reicher werden, vielleicht eine etwas dünnere Vergoldung auf dem Klodeckel ihrer dritten Villa in der Karibik. Um es bildhaft auszudrücken.
Ganz zu schweigen davon, dass viele, gerade weniger gut bezahlte, Branchen gar keine Feiertage mehr kennen, sondern je nach Schichtplan auch mal Heiligabend dran glauben muss. Bestenfalls für einen zu vernachlässigenden Zuschlag, der den Betroffenen die Zeit mit ihrer Familie auch nicht wiederbringt. Und auch Selbstständige und Freiberufler wissen erstens, worauf sie sich in einem Land einlassen, in dem glücklicherweise nicht 24/7 gearbeitet wird und Freizeit für Gammler und Weicheier gedacht ist, und sind zweitens auch nicht verpflichtet, an Fronleichnam den ganzen Tag auf ihren Händen zu sitzen, nur weil der bayerische Einzelhandel dann geschlossen hat.
Gerbera hat geschrieben:sondern je nach Schichtplan auch mal Heiligabend dran glauben muss. Bestenfalls für einen zu vernachlässigenden Zuschlag, der den Betroffenen die Zeit mit ihrer Familie auch nicht wiederbringt.
Was aber ja auch daran liegt, dass Heiligabend in Deutschland sowieso kein gesetzlicher Feiertag ist und auch der Zuschlag schon vom Gesetzgeber her gar nicht nötig wäre. Das ist genauso wie an Silvester, ist ja ebenso kein Feiertag.
Das ist jetzt also doch eher ein schlechtes Beispiel. Trotzdem verstehe ich schon was du meinst. Aber ich glaube einfach am Ende des Tages ist das doch alles irgendwo eingepreist. Gibt es mehr Feiertage gibt es eben weniger Lohn. Das gleicht sich doch irgendwo alles aus.
Nichts gegen Feiertage, aber bei der Diskussion um den 8.Mai habe ich mir schon gedacht, dass wir im Frühling doch wirklich genug Feiertage haben. Insgesamt sind das bei uns glaube ich sechs. Da könnte man ruhig was in den Sommer verschieben, aber so funktioniert das ja nicht.
Außer "mehr Freizeit" spricht für mich für diesen Tag das Argument, dass es kein religiöser Feiertag ist, also ein Feiertag, mit dem alle etwas anfangen können. Denn eigentlich ist der Sinn von Feiertagen ja, dass da etwas gefeiert wird, das für die Bevölkerung relevant ist.
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