Gesunde und moralisch korrekte Ernährung kaum umsetzbar?

vom 30.08.2016, 18:56 Uhr

Wie vielleicht einige von euch schon mitbekommen habe, bin ich beruflich Lehrerin. Laut Schulprogramm, würde mit einer Klasse älterer Schüler nun die Ernährung auf dem Programm stehen. Wie jedes Jahr versuche ich mich auf ein Neues in das Thema einzuarbeiten und neue Erkenntnisse mit in den Lehrplan einfließen zu lassen. Dieses Mal geht es aber nicht nur um gesunde bzw ungesunde Nahrung, sondern vor allem wo diese herkommt und ob die Haltung der Tiere oder die Verhaltensweise der Hersteller moralisch korrekt ist oder nicht.

Um das Ganze den Schülern zu veranschaulichen ist, sind direkt mehrere kleine Projekte und Ausflüge geplant. Dazu gehören ein Besuch beim Bio Bauern, bei einer Organisation die sich mit Transfair Produkten beschäftigt und Projekte rund um Unternehmen wie "Nestle" deren Herstellung oft mehr als fragwürdig ist.

Nun habe ich die Erfahrung in den letzten Jahren mehrfach gemacht, dass die Schüler sich sehr für diese Themen interessieren. Folgende Frage kommt dabei jedoch immer wieder auf den Tisch: gibt es überhaupt eine Möglichkeit nicht nur gesund, sondern auch moralisch korrekt zu essen? Häufig bleibt es bei solchen Diskussionen dann nicht nur bei Nahrungsmitteln, sondern die Bereiche werden auch zur Herstellung von diversen Kosmetikartikeln oder die Herstellung von Tierfutter ausgeweitet.

Viele haben den Eindruck, dass Hersteller wie "Nestle", "Pepsico", "Danone" (um nur ein paar zu nennen) irgendwie in fast allem was man in einem normalen Supermarkt einkaufen kann, die Finger mit ihm Spiel haben. Produkte von besagten Firmen zu vermeiden um sie zu schädigen scheint nahezu unmöglich. Wie macht ihr das? Achtet ihr im Alltag auf diese Dinge?

» Chrissi_87 » Beiträge: 104 » Talkpoints: 66,21 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Wenn man sich moralisch korrekt ernähren wollte müsste man seine Lebensmittel selber anbauen oder von Kleinstbauern kaufen und das scheitert in den meisten Fällen daran, dass man damit nicht die ganze Palette an Lebensmittel, die man benötigt oder auch nur gerne isst abdecken kann.

Natürlich gibt es Fair Trade und andere Siegel und Zertifizierungen, aber die ändern ja nichts daran, dass gewisse Lebensmittel und Getränke, die ich gerne mag, eine halbe Weltreise hinter sich haben bevor sie auf meinem Teller oder in meiner Tasse landen. Fair gehandelter Bio Kaffee ist eben nicht umweltfreundlich.

Ich habe vor einiger Zeit mal eine Grafik gesehen, in der gezeigt wurde wie wenige Konzerne wie viel Marken besitzen. Das macht sehr deutlich wie schwer es ist diese Konzerne tatsächlich zu meiden, selbst wenn man wie ich ziemlich wenig verarbeitete Lebensmittel kauft. Diese Grafik wäre für den Unterricht sicher interessant. Ich habe auf die Schnelle nur die englische Version gefunden.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Cloudy hat es bereits angesprochen, dass es schwer ist diese Firmen allgemein zu meiden da sie fast überall ihre Finger mit im Spiel haben. Selbst wenn nicht das fertige Produkt von Nestle kommt, so haben andere Firmen Nestle auch als Zulieferer und verarbeiten deren Sachen dann in den eigenen Produkten weiter. Hinterher steht auf der Packung was anderes drauf, und auch in der Übersicht gehört es zu jemand anderen, aber es steckt dennoch ein Stück Nestle drinnen.

Durch diese Strategie kann man dem Unternehmen nur schwer schädigen wenn man die Produkte meidet. Auf die eine oder andere Weise landet dennoch Geld beim Unternehmen. Wirklich vermeiden kann man es nur, wenn man seine Lebensmittel komplett selbst anbaut und herstellt. Das scheitert doch meistens am Platz, Zeit, Lust und Geld. Denn das selbst anbauen ist teuer und aufwendig. Damit du alles abdecken könntest, müsstest du nicht nur Felder haben sondern auch Vieh halten für z.B. Eier und Milch.

Kaffee wäre dann Tabu, denn das kannst du hier nicht anbauen und muss importiert werden. Selbst wenn es aus Fair Trade kommt, ist es moralisch doch immer noch moralisch verwerflich, dass die Sachen um die halbe Welt geschüsselt werden und somit auch wieder die Umwelt belasten. Wie auch andere Sachen die aus dem Import Export Geschäft stammen, ist ja nicht nur der Kaffee der auf diese Weise hier landet. Ebenfalls müsstest du deine Kleidung, Technik, Strom, Baumaterialien für das Haus usw. alles selbst machen. Denn nahezu nichts davon wird komplett regional gefertigt und schneidet sich mit keinem anderen Faktor wie z.B. Umweltschutz.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Um die Frage so global zu beantworten, wie sie gestellt wurde: Ich glaube nicht, dass man sich moralisch korrekt und gesund ernähren kann. Selbst Fruitarier, die nur essen, was freiwillig vom Baum fällt, futtern schließlich den Wildtieren das Fallobst weg. Wenn man es ganz genau nimmt mit der ethisch korrekten Ernährung, fallen alle tierischen Produkte sowieso weg, importieren darf man auch nichts, da klimaschädlich, und elektrischer Strom scheidet völlig aus.

Meiner Meinung nach müsste man wohl tatsächlich wie das einfache Landvolk im frühen Mittelalter leben, also nach besten Kräften ein bisschen Ackerbau betreiben (natürlich mit den eigenen Fäkalien als Dünger, Tierhaltung ist ja per se moralisch fragwürdig) und dazu noch ein paar Rüben und Kohlköpfe aus dem eigenen Garten servieren. Und nach einer schlechten Ernte bzw. wenn die Vorräte verderben, folgerichtig den Winter nicht überstehen.

Deswegen handelt es sich bei gesunder und moralisch vertretbarer Ernährung in meinen Augen um ein Ideal, an welches sich auch der veganste Veganer bestenfalls annähern kann, welches aber letzten Endes unerreichbar bleibt.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



In meinen Augen ist es utopisch zu denken, dass eine gesunde und moralisch korrekte Ernährung umsetzbar ist. Aber das haben "Religionen" so an sich und leider mutiert die Ernährung zunehmend zu einer Ersatzreligion. Es fällt den Menschen doch auch schwer, exakt nach religiösen Vorschriften zu leben, weil das utopisch und nicht umsetzbar ist. Warum sollte das bei der Ersatzreligion Ernährung anders sein? Jeder, der das anders sieht, denkt zu kurz.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich denke ebenfalls, dass es schwierig ist moralische und gesunde Ernährung zu vereinen, glaube jedoch dass wir schon mal einen großen Schritt in die richtige Richtung machen, wenn wir hinterfragen was wir so eigentlich auf unserem Teller liegen haben.

Man bemerkt in der Gesellschaft langsam ein Umdenken. Es wird uns immer wichtiger zu wissen wo unsere Lebensmittel herkommen. Vor zehn Jahren haben wir es noch als einen Teil unseres Wohlstandes gesehen, dass wir auch im Dezember Erdbeeren aus Spanien im Supermarkt kaufen konnten. Spätestens seit "We feed the World" sollten alle wissen unter welchen Bedingungen dort für unsere Rücksichtslosigkeit gearbeitet wird.

Inzwischen geht der Trend ein wenig in die Richtung, dass man mehr auf regionale und saisonale Produkte zurückgreift. Man muss als Konsument die Herkunft seiner Lebensmittel ein wenig hinterfragen. Muss ich mir den günstigen Knoblauch aus China in den Einkaufswagen legen oder greife zu einem Produkt aus der Nähe und zahle dafür ein wenig mehr? So braucht man mehr Geld für seine Lebensmittel und muss vielleicht an einer anderen Stelle etwas einsparen.

Mein Mann und ich verzichten lieber auf ein neues Smartphone oder die Xte-Jeans im Kleiderschrank und essen dafür lieber regionale Lebensmittel. Da profitieren nicht nur die Landwirte in der Umgebung sondern auch wir am Ende selbst, da diese Lebensmittel betreffend des Nährstoffgehaltes doch um einiges wertvoller für uns sind.

Ich finde es gut, dass man auch den Schüler versucht beizubringen welchen Weg die Lebensmittel zurücklegen bis sie ins Supermarktregal kommen und auch das man die Giganten dieser Industrie kritisch hinterfragt. So bringen auch die Kinder unter Umständen ihre Eltern dazu ein wenig umzudenken und bewusster einzukaufen.

» Birdy93 » Beiträge: 767 » Talkpoints: 10,23 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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