Gehaltsverhandlungen als unangenehm empfinden?
Gehaltsverhandlungen stehen bei einem Vorstellungsgespräch und auch dann an, wenn man eine Gehaltserhöhung haben möchte. Aber vielen ist, auch wenn Aussicht auf mehr Geld besteht, so eine Lohn- oder Gehaltsverhandlung einfach unangenehm. Geht ihr regelmäßig zu eurem Chef und bittet um mehr Geld? Oder ist es euch sehr unangenehm?
Mit Gehaltsverhandlungen habe ich bisher verschiedene Erfahrungen gemacht. Einen frühern Arbeitgeber habe ich mal zwischen Tür und Angel gefragt und da habe ich dann dadurch tatsächlich einen Euro mehr pro Stunde erhalten. Bei meinen jetzigen Arbeitgebern war es so, dass ich schon mehrfach nach Lohnerhöhungen gefragt habe, aber nie eine bekommen habe, wenn ich das wollte. Der eine Arbeitgeber hat mir dann mal von sich aus den Lohn erhöht, ohne dass ich das aktuell angesprochen hatte und begründete das damit, dass ich inzwischen verantwortungsvollere Aufgaben übernehme.
Also diese klassische Gehaltsverhandlung, über die man immer liest, die gab es nie. Ich hatte mich mal auf eine Verhandlung vorbereitet und mir sogar Argumente aufgeschrieben, aber der Chef sagte da gleich, dass eine Lohnerhöhung nicht möglich sei. Und da kam ich gar nicht zu Zuge. Meine Kollegin allerdings hat eine Lohnerhöhung von 50 Euro im Monat bekommen. Das finde ich schon unfair, sie ist nämlich noch nicht so lange da wie ich. Ich habe sie gefragt, wie sie das gemacht hat und sie meinte, sie habe mit Kündigung gedroht, wenn sie keine Lohnerhöhung bekommt.
Ich verdienen zwar dennoch mehr als sie, weil ich ein Uni-Diplom habe und nicht nur einen Bachelor von der FH, aber richtig finde ich es nicht, dass sie mit solchen Drohungen ernst genommen wird und man ihr dann die Erhöhung gibt, mir aber nicht. Aber ich denke mir dann Folgendes: Die bekommt nun 50 Euro brutto mehr, netto sind das vermutlich gerade mal 25 Euro. Deswegen ändert sich der ihr Leben nicht. Ich hingegen habe immer noch mehr als sie und außerdem nutze ich Pausen in meiner Arbeitszeit dazu, um noch viele Dinge extra zu machen, die für meine selbstständige Tätigkeit ein Umsatzplus bedeuten und da habe ich wesentlich mehr davon als sie von ihren 25 Euro.
Sicher ist es so, dass man nach den Verhandlungen dann mehr Geld bekommt, wenn diese gut gelaufen sind, aber angenehm finde ich es trotzdem nicht. Ich hatte einen Arbeitgeber, der automatisch immer wieder das Gehalt erhöht hat. Das fand ich auf jeden Fall besser, als selber darum zu bitten. Ich freue mich zwar immer, wenn ich mit der Verhandlung Erfolg hatte, aber währenddessen komme ich mir ein wenig wie ein Bittsteller vor und das Gefühl ist mir einfach unangenehm.
Also mir fällt so etwas nicht wirklich schwer. Bei uns auf Arbeit sind wir alle an Fakten orientiert, daher laufen derartige Gespräche komplett ohne emotionale Involvierung ab. Bei uns wird man nach TV-L bezahlt und als ich damals eingestellt worden bin, war mir gleich klar, wie viel ich verdienen würde. Natürlich steigert sich das Gehalt je nach Berufserfahrung, allerdings kann man auch mehr Geld bekommen, wenn man sich entsprechend neben der Arbeit qualifiziert. So habe ich dann auch direkt gefragt, ob ich höher gestuft werden könnte, wenn ich eine bestimmte Qualifikation habe. Ich hatte mich nämlich nebenberuflich weitergebildet und war kurz davor, die Bildungsmaßnahme abzuschließen. Das wurde dann ganz nüchtern und sachlich gesagt und ich bekam dann auch mehr Geld. Ich verstehe nicht, was daran so schwer sein soll.
Täubchen hat geschrieben:Bei uns wird man nach TV-L bezahlt und als ich damals eingestellt worden bin, war mir gleich klar, wie viel ich verdienen würde. [...] Ich verstehe nicht, was daran so schwer sein soll.
Viele Arbeitnehmer werden aber nicht nach Tarif bezahlt. Folglich gibt es für den Arbeitgeber nur einen Grund mehr als den Mindestlohn zu bezahlen, nämlich dass er sonst keine ausreichend qualifizierten Mitarbeiter findet. Und dann ist das mit der Gehaltsverhandlung gleich nicht mehr so simpel, denn es gibt eben keine Werte, die das Gehalt verbindlich regeln. Das gilt auch, wenn es in einer Branche einen Tarifvertrag gibt, aber du ein übertarifliches Gehalt haben möchtest. Da bleibt nur hart zu verhandeln und hoffentlich eine überzeugende Position zu haben.
Nimm als Beispiel Tierärzte: Nach sechs Jahren an der Uni wird dir von vielen Arbeitgebern ein Vertrag vorgelegt, der dir etwa 1.600 Euro brutto im Monat bietet, Überstunden und so weiter sind damit abgegolten. Gerne gibt es nur den Mindestlohn und selbst die Empfehlung des Berufsverbandes liegt nur bei 2.200 Euro. Gehaltssteigerungen gibt es oft nicht, dafür wird dann nach einem oder zwei Jahren eine mickrige Umsatzbeteiligung angeboten. Da musst du verhandeln und du solltest überzeugen. Denn für ein halbwegs faires Gehalt musst du über 12.000 Euro netto im Monat einbringen. Da solltest du einerseits wissen, ob die Praxis, in der du arbeiten willst, das hergibt, und andererseits wissen, ob du das schaffst.
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