Gegen wem richtet sich die Corona-Wut wirklich?
In letzter Zeit häufen sich die Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen, gegen die Politik und vermeintliche Corona-Theorien. Immer mehr Menschen scheinen wütend zu sein und finden ganz unterschiedliche Punkte, worin sie eine Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit und Unversehrtheit sehen.
Auch am Wochenende waren wieder bis zu 20.000 Menschen auf den Straßen Berlins unterwegs, welche ganz unterschiedliche Motive in ihren wirren Theorien verbergen. Darunter waren offenbar klassische Verschwörungstheoretiker, vermeidliche Rechtsradikale, Impfgegner bis zum Esoteriker.
Die teilweise hoch gehaltenen Plakate haben derweil Feindbilder von Bill Gates über Jens Spahn bis zu Angela Merkel und 5G sowie Impfungen eine Vielzahl an mögliche Ursachen für die Wut der Menschen, auch wenn sie für mich wirr klingen.
Doch habt Ihr eine ganz eigene Meinung, wogegen sich die Wut der Menschen wirklich richtet oder wer sie noch begünstigend untermauert in ihren Gedanken? Oder denkt Ihr sogar, dass manch dortigen Plakate und Meinungen richtig sind?
Dieses Klientel ist doch immer am Start wenn es darum geht gegen "den Staat" zu hetzen und jenen, die sie als Vertreter dieses Staats definiert haben. Die gleichen Gestalten haben früher gegen Flüchtlinge gehetzt, haben sich dann als Klimaexperten aufgespielt und behauptet, dass der Klimawandel nicht existieren würde, und jetzt ist eben Corona dran. Der Grund ist austauschbar.
Was ich ein Stück weit schon verstehen kann ist die Unzufriedenheit der Menschen, die aktuell keine berufliche Perspektive haben, zum Beispiel viele aus der Veranstaltungsbranche. Aber die haben ja ihre eigenen Demos und rennen nicht auf eine Veranstaltung, die nach einem Nazi Propaganda Film benannt ist. Das alleine sollte übrigens Beweis genug sein, dass das keine "vermeidlich" Rechtsradikalen waren gestern in Berlin.
Am Anfang der Pandemie hatte ich ja sogar Sympathien für Demonstrationen, die sich gegen einige überzogene Corona-Maßnahmen richteten, habe aber dann auch schnell das Gefühl bekommen, dass es den meisten Teilnehmern gar nicht wirklich um unsere Freiheitsrechte geht, sondern es sich wohl doch eher wieder um eine Neuauflage von Pegida und Konsorten zu handeln scheint. Vor allem, seitdem wieder der übliche "Lügenpresse"-Quatsch gerufen wird, kann man diese Leute meiner Ansicht nach nicht ernst nehmen.
Am Wochenende scheint ja auch die Journalistin Dunja Hayali versucht zu haben, mit den Demonstranten ins Gespräch zu kommen, und soweit ich mitbekommen habe, wurde sie beleidigt und niedergeschrieen. Für mich ist damit ein entscheidendes Kriterium für Glaubwürdigkeit missachten worden: nämlich der respektvolle Umgang miteinander, und auch die Möglichkeit, sich auf sachliche Kommunikation einzulassen. Wer Gesprächsbereitschaft nur abwimmeln und niederschreien will, dem scheint es meiner Ansicht nach gar nicht um die Themen an sich zu gehen, sondern um Stimmungsmache.
Ich glaube bei diesen Leuten sammeln sich nun alle, die über die Jahre irgendwelche Verschwörungstheorien für sich entdeckt haben und die wenigsten Leute sind da wirklich noch normal und kommen einfach nicht mit den Maßnahmen klar, die ihnen auferlegt wurden. Wenn man da mal sieht, wer da mitgeht, dann weiß man auch dass viele Leute da einfach nur gehört werden wollen und seit Jahren wahrscheinlich auf die Gelegenheit gewartet haben, ihre vermeintliche Wahrheit unter die Leute zu bringen.
Für mich ist es dennoch kein Haufen von Spinnern, sondern Menschen, die gehört werden und wilde hetzende Theorien verbreiten und das macht mir schon Sorgen. Ich glaube die Wut der Leute richtet sich nicht nur gegen Auflagen, sondern gegen das ganze System, gegen alle, die ihnen nicht glauben wollen.
lascar hat geschrieben:Am Wochenende scheint ja auch die Journalistin Dunja Hayali versucht zu haben, mit den Demonstranten ins Gespräch zu kommen, und soweit ich mitbekommen habe, wurde sie beleidigt und niedergeschrieen. Für mich ist damit ein entscheidendes Kriterium für Glaubwürdigkeit missachten worden: nämlich der respektvolle Umgang miteinander, und auch die Möglichkeit, sich auf sachliche Kommunikation einzulassen. Wer Gesprächsbereitschaft nur abwimmeln und niederschreien will, dem scheint es meiner Ansicht nach gar nicht um die Themen an sich zu gehen, sondern um Stimmungsmache.
Wobei man vielleicht auch sagen muss, dass die Medien den Coronakritikern gegenüber auch nicht sehr offen sind, sondern die werden ja als mehr oder weniger minderbemittelte Verschwörungstheoretiker dargestellt. Wenn man den Eindruck hat, dass man in den Nachrichten eh als doof dargestellt wird, dann ist die Bereitschaft, sich einem Interview zu stellen, ja auch nicht so groß.
Die derzeitige Meinung ist sehr einseitig. Es wird nicht mehr akzeptiert, dass es verschiedene Meinungen geben kann oder dass manche Menschen einige der Maßnahmen auch übertrieben finden, sondern es wird erwartet, dass jeder die Maßnahmen gut findet und mitträgt und alle Abweichler werden als die bösen Uneinsichtigen hingestellt. Da geht meiner Meinung nach einer Gesellschaft das bunte verloren. Es muss auch legitim sein, eine andere Meinung zu haben und dann nicht als uneinsichtiger Depp hingestellt zu werden.
So im Nachhinein würde ich auch sagen, dass bei den Demonstrationen auch nicht nur Spinner unterwegs sind, nicht nur Verschwörungstheoretiker oder Rechtsextreme, sondern auch Menschen, die einfach mit dem System unzufrieden sind oder den Umgang mit Corona nicht befürworteten. Dass solche Demonstrationen gerne mal von rechtsextremen Gefilden benutzt werden, ist mittlerweile ja auch deutlich geworden, aber ich fand es auch nicht gut, dass während Corona alle über einen Kamm geschert wurden.
Mein Mann ist hauptberuflich im Katastrophenschutz unterwegs, ich selbst bin in meiner Freizeit seit über 20 Jahren im Katastrophenschutz tätig und an sich auch im medizinischen Bereich und bin da vielleicht etwas offener unterwegs. Aber ich habe während Corona auch bemerkt, dass ich viele Dinge, die von Staatsseite kamen, sehr kritisch betrachtet habe. Und ich fand den Umgang der Medien mit anderen Meinungen auch nicht gut und habe auch irgendwann bemerkt, dass die Angst mich auch befallen hat und ich tatsächlich auch nicht mehr rational reagiert habe und mich bewusst isoliert habe.
Ich war sehr unzufrieden mit der Reaktion der Medien, der Politik und auch der Gesellschaft. Und ich denke, dass bei vielen mit der Corona-Wut genau diese Unzufriedenheit mitgeschwungen hat. Ich konnte gewisse Maßnahmen auch nicht mehr nachvollziehen, was aber daran liegt, dass ich mich wirklich mit den Themen beschäftigt habe und dass ich halt auch bei der Vogelgrippe oder anderen tierischen und menschlichen "Pandemien" im Einsatz war. Aber ich denke auch, dass die Corona-Wut für viele einfach auch als passendes Ventil galt, um mal die komplette Unzufriedenheit und die komplette Wut gegenüber Politik und Gesellschaft rauszulassen.
Ich hatte während Corona auch mit einigen Schwurblern zu tun, manche hatten echt krude Ansichten. Ich habe jedoch auch mit einer hochintelligenten Person zu tun gehabt, die ihre Doktorarbeit zu den Nachteilen von mRNA-Impfungen geschrieben hat und ich fand ihre Ansichten auch sehr überzeugend und auch recht gut. Das war vor der Corona-Zeit und kann auch sie verstehen, dass sie komplett gegen diese Impfung gewesen ist, besonders wenn sie so tief in dem Thema drin war.
Aber ich denke, dass während Corona auch viele Fehler unterlaufen sind, die vermieden hätten können. Dabei meine ich nicht nur den Umgang der Politik mit Corona, sondern auch den Umgang der Menschen untereinander, seien es Schwurbler, Verschwörungstheoretiker oder normale Menschen wie du und ich.
Ich denke auch, dass die Medien eine sehr einseitige Berichtserstattung hatten, die die Menschen noch mehr frustrierten. Dazu kam Home Office, die ständige Konfrontation mit dem Thema und die ständigen Aussagen der Politik. Ich muss gestehen, dass es mich an diesem einen Tag im Dezember schwer getroffen hat, als die Politik erneut die Corona-Maßnahmen verschärft hat, obwohl zwei Tage vorher das Versprechen herumging, dass man Weihnachten wieder mit der Familie feiern dürfte.
Da habe ich auch ein wenig gehadert und es traf mich auch echt bitter. Daher hoffe ich, dass sich die "Corona-Wut" bei einigen noch etwas reguliert und dass die Reaktion bei zukünftigen Pandemien und anderen Ereignissen vielleicht wieder etwas geplanter und auch akzeptierter wird, denn es war alles etwas kopflos. Die Wut richtet sich ja schon gezielt gegen die Politik, die sich durch ihr Handeln ins Aus geschossen hatte.
Wibbeldribbel hat geschrieben:Die Wut richtet sich ja schon gezielt gegen die Politik, die sich durch ihr Handeln ins Aus geschossen hatte.
Wobei die Politiker, die damals einen Großteil der Corona Maßnahmen beschlossen hatten, inzwischen ja weitgehend abgelöst worden sind. Insofern muss man meines Erachtens aus Corona Gründen keinen Groll mehr gegen die aktuelle Regierung hegen.
Ob bei einer neuen Pandemie wieder gleiche oder ähnliche Maßnahmen ergriffen werden würden, weiß ich nicht. Ich denke, es dürfte davon abhängen, um welche Art von Krankheit und welche Übertragungswege es sich dann handeln würde. Ob man aber dann erneut die Leute quasi isolieren und fast einsperren würde? Schwer zu sagen, nach den Erfahrungen der Coronapandemie vielleicht nicht. Aber andererseits, wenn die Ansteckungsgefahr sehr hoch sein würde, wer weiß....
Nun ja. Mir stellt sich die Frage, warum man jetzt auf die Straße geht und gegen etwas demonstriert, was aktuell gar kein Thema mehr ist. Hätte man das nicht viel früher in der Art machen müssen, wenn man damit nicht einverstanden ist?
Aktuell scheint Corona wirklich kein Thema zu sein. Anfang des Jahres war die Inzidenz so hoch wie nie und passiert ist genau gar nichts. Was zwei Jahre zuvor noch Maßnahmen erforderlich gemacht hat, wird nun gehandhabt wie jede andere Erkrankung auch.
Vielleicht ist es das, was die Menschen stört? Unter dem Strich ist es doch so, dass man immer etwas findet, was einen stört. Die Regierung, die Corona-Maßnahmen, sämtliche politische Entscheidungen.
winny2311 hat geschrieben:Was zwei Jahre zuvor noch Maßnahmen erforderlich gemacht hat, wird nun gehandhabt wie jede andere Erkrankung auch.
Naja, der wesentliche Unterschied scheint zu sein, dass das Coronavirus inzwischen nur noch wenige bzw. kaum noch sehr schwere Krankheitsverläufe auslöst. Dass man andere Vorsichtsmaßnahmen für erforderlich hält, wenn die Erkrankung mit höherer Wahrscheinlichkeit die Intensivstationen füllt, scheint mir naheliegend zu sein. Und dass man keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen benötigt, wenn dies nicht mehr der Fall ist, ist aus meiner Sicht auch einleuchtend.
Warum das Thema manche Menschen immer noch stört, kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Mir scheint inzwischen, dass viele Leute einfach generell die Tendenz zu haben scheinen, sich aufzuregen und "dagegen" zu sein.
Wie bei jeder Erkrankung gibt es leichte oder schwere oder gar tödliche Verläufe. Daran hat sich nichts geändert, auch bei Corona nicht. Der Unterschied besteht nur darin, dass darüber nicht mehr berichtet wird, beziehungsweise das vor zwei Jahren der Fokus deutlich auf schwere und tödliche Verläufe gelegt wurde.
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