Gefühl nicht in die eigene Familie zu passen?

vom 10.08.2015, 09:32 Uhr

Meine Familie ist schon sehr ungewöhnlich wie ich finde. Denn bei uns ist es so, dass man nicht offen und ehrlich über alles spricht, sondern eben das meiste für sich behält und für sich selbst ausmacht. Man ist zwar füreinander da, wenn man Hilfe braucht, aber Probleme werden meistens totgeschwiegen und ignoriert und Kritik wird auch eher selten ausgeübt.

Ich hatte deswegen immer das Gefühl, dass ich da irgendwie charakterlich nicht reinpasse. Denn ich sage schon was ich denke und habe auch kein Problem damit, anderen Menschen dadurch auf die Füße zu treten. Ich bin einfach der Ansicht, dass es eben Dinge gibt, die man direkt aussprechen und sagen muss, weil das Totschweigen eben ab einem bestimmten Punkt nicht mehr funktioniert.

Ich habe deswegen häufiger Kritik einstecken müssen und meine Eltern haben mein ganzes Leben versucht, mir diese "Unarten" auszutreiben durch diverse Erziehungsmethoden. Sie sind einfach der Ansicht dass es respektlos und unhöflich ist, den Menschen direkt zu sagen was man denkt und sind der Ansicht, dass man ein "besserer" Mensch ist, wenn man das nicht tut.

So schlimm wie mein Freund bin ich deswegen nicht, begrenzt haben die Erziehungsmethoden auch geholfen. Aber dennoch bin ich viel direkter als der Großteil meiner Familie und hatte deswegen gerade als Kind und Teenager oft Probleme, weil ich mich nicht akzeptiert und zugehörig fühlte. Wie ist das bei euch? Hattet ihr auch schon mal das Gefühl, nicht in die eigene Familie zu passen? Wie kam es dazu? Hat sich das Gefühl mittlerweile gelegt?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das kenne ich so gar nicht. Wenn es bei uns Probleme gibt, dann wird da offen drüber geredet und es werden gemeinsam Lösungen dafür gesucht. Mein Vater sagt immer: "Probleme sind da um beseitigt zu werden". Einfach totschweigen oder in sich hineinfressen gibt es nicht. Jeder kann auch seine eigene Meinung äußern auch wenn es den anderen mal nicht passt, das wird dann so akzeptiert. Andersherum ist es ja auch so, dass wir dann die Meinungen der anderen akzeptieren müssen auch wenn uns diese nicht passen.

Das Gefühl nicht in die eigene Familie zu passen hatte ich noch nie. Ich bin charakterlich allen aus meiner Familie ähnlich und wir haben da auch die gleiche Einstellung zu.

» elli.fant06 » Beiträge: 1009 » Talkpoints: 0,96 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich habe auf jeden Fall das Gefühl nicht in meine Familie zu passen. Meine Eltern haben mir gegenüber nie besonders viele Gefühle gezeigt. Wenn ich mal geweint habe, wurde ich für immer gerügt und habe noch mal extra Ärger bekommen. Wenn ich eine moderne Einstellung zu den Themen des Lebens hatte, wurde mir vorgeworfen das ich weltfremd bin und Probleme wurden eigentlich nicht so richtig diskutiert. Ich habe mich da eigentlich noch nie richtig zugehörig gefühlt, leider.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich hatte noch nie das Gefühl in meine Familie zu passen, das hat sich bislang nicht geändert und wird es wohl auch nie. Denn ich habe zum Leben eine Grundlegende andere Einstellung als meine Eltern oder auch meine Geschwister. Das fängt schon damit an, dass in den Augen meines Vaters ein Mensch nur etwas Wert ist, wenn er Leistung bringt. Keine Leistung, dann hat derjenige auch keine Daseinsberechtigung. Leistung bringen heißt aber auch, dass man immer auf Volldampf unterwegs ist und niemals versagt.

Probleme gab es nicht, entweder man hat sich dem angepasst was meine Eltern wollten oder es gab entsprechende Konsequenzen. Einfach mal so reden war auch nicht möglich, denn es wurde nicht zugehört oder das ganze einfach herunter gespielt, dass man auch keine Lust mehr hatte etwas zu erzählen und so hat man auch alle Probleme mit sich alleine ausgemacht und totgeschwiegen.

Passierte das mit dem Versagen, dann wurde daheim nicht nur geschrien es gab auch entsprechende Schläge und anschließend wurde man ignoriert, bis man eben die gewünschte Leistung gebracht hat. Was ich und meine Geschwister selbst wollten, das zählte einfach überhaupt nicht und jedem wurde sein Weg quasi schon geschaffen als wir noch Kleinkinder waren.

Nachdem ich mich dagegen gewehrt habe und meinen eigenen Weg genommen habe, da ich nicht die Ausbildung gemacht habe die meine Eltern mir besorgt hatten. Ich ausgezogen bin anstatt weiter Zuhause zu wohnen und auch auf deren finanzielle Mittel komplett verzichtet habe wie auch das Testament bereits im Vorfeld ausgeschlagen, bin ich das schwarze Schaf der Familie. Aber ich möchte mir mein Leben nicht vorschreiben lassen und schon gar nicht was ich zu tun und zu lassen habe.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Das geht mir ganz genauso. Ich hatte schon immer das Gefühl, nicht in meine Familie zu passen. Das haben mir meine Eltern dabei auch schon immer bestätigt. Irgendwie ähnle ich absolut niemandem charakterlich, sondern bin komplett anders. Ich habe wirklich völlig andere Interessen, als meine Eltern und die gesamte Verwandtschaft, einen völlig anderen Bildungsgrad, ein anderes Berufsziel, andere moralische Vorstellungen, andere Hobbys und was sonst noch alles.

Ich finde es schon krass, wie verschieden man einfach nur sein kann. So sind meine Eltern absolute Couchpotatoes, so dass sie so gut wie nie etwas unternehmen. In den Urlaub fahren sie nie richtig, wenn man von ihrer Heimat absieht und auch sonst haben sie keine Hobbys. Sie haben außerdem auch sehr altmodische Vorstellungen vom Leben und setzten sich mit vielen Themen gar nicht erst auseinander. Da könnte ich nicht unterschiedlicher sein, als sie.

Meine Eltern ähneln sich aber dem Rest der Familie, wobei ich da wirklich klar aus der Rolle falle. Ich reise um die Welt, habe einen höheren Bildungsgrad als die komplette Verwandtschaft und habe auch eine völlig andere Denkweise. Ich hatte tatsächlich in meiner Jugend schon vermutet, adoptiert zu sein. Immerhin war ich da schon so ganz anders als meine Familie. Aber ehrlich gesagt bin ich da auch ganz froh darüber. Ich bin absolut glücklich und zufrieden mit meinem Leben und kann der Lebensweise von so manchen Verwandten auch nichts abgewinnen.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Ist es nicht vollkommen normal und ein weit verbreiteter Entwicklungsschritt von der Pubertät bis zum "fertigen" Erwachsenen irgendwann zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr? Kaum jemand fühlt in dieser Zeit eine große Übereinstimmung mit der Denkweise oder dem Verhalten der Familie.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich habe leider auch nicht das Gefühl in meine Familie zu passen, was mich persönlich oft traurig stimmt. Mir ging es in meiner Familie jetzt nie wirklich schlecht. Gegenteil... wenn ich ehrlich bin bevorzugten mich meine Eltern häufig meiner großen Schwester, weshalb ich ihr gegenüber immer ein schlechtes Gewissen hatte und teilweise auch immer noch habe.

Zwischen meiner Schwester und mir liegen 11 Jahre. Jeder von uns ist daher fast wie ein Einzelkind aufgewachsen. Sie wurde eher locker erzogen. Als sie dann "versagte" bzw. nicht die Vorstellung meiner Eltern erfüllte (mit 17 schwanger, Drogen im Freundeskreis, kein Schulabschluss, usw), zogen meine Eltern die Schrauben bei mir deutlich an.

Ich war immer bemüht ihnen alles Recht zu machen und kann noch heute nicht genau sagen, ob ich die Dinge die ich tat, wirklich aus freien Stücken machte, oder ob ich es dank Gehirnwäsche meiner Eltern tat. Dazu kam immer die drohende Frage, dass ich ja sicherlich nicht wie meine Schwester enden möchte.

Jedenfalls beschloss ich dann auch irgendwann einen anderen Weg einzuschlagen. Es war zwar weder den Weg den meine Eltern für mich ausgesucht hatten, noch den meiner Schwester, aber dennoch offensichtlich ein vernünftiger, so dass ich durch eigene Erfolge nun doch wieder die Zustimmung meiner Eltern für das was ich mache, habe.

Zu meiner Schwester hatte ich nie einen wirklich guten Kontakt und das wird auch vermutlich nie anders werden und meinen Stiefbruder kenne ich zu wenig um zu sagen ob ich eher zu ihm passen würde.

Auch was die Weltanschauung in vielen Bereichen angeht, stehe ich häufig alleine da, genau so, wie wenn es mal Probleme gibt. Entweder sind alle zu beschäftigt, haben genügend eigene Probleme oder man wird einfach nur mitleidig belächelt. Gerne wird man auch mit den Worten, dass man sich nicht einmischen möchte, abgespeist, was ziemlich frustrierend sein kann, wenn man einen Rat möchte.

Ein gutes Beispiel wie in meiner Familie aneinander vorbei gelebt wird ist folgendes: Meine beiden Omas sind in 2 verschiedenen Heimen. Die Eine lebt da, wie ein Einsiedlerkrebs und wünscht nicht unbedingt Kontakt zur Familie zu haben, die Andere ist das glatte Gegenteil.

Meine Oma (mütterlicherseits) fragt häufig meine Mutter, die ihr täglich anruft, ob sie nicht Neues von mir, meiner Schwester und anderen Familienmitglieder wisse. Anschließend beschwert sie sich dann bei mir, dass sie nie eine konkrete Antwort kriegt. Meistens sieht es eher so aus, dass sie gesagt kriegt, sie solle uns doch selbst fragen, wenn sie was wissen möchte.

Das Ganze hat nur einen Vorteil. Da wir nur selten miteinander reden oder uns mal alle zusammen treffen, ist man eigentlich bei egal was man tut, immer auf sich alleine gestellt. Keiner mischt sich ein, aber man hat auch keinen der einen warnt.

Oft denke ich an die Zeit zurück wo mein Großvater (mütterlicherseits) noch gelebt hat. Damals war meine Welt noch in Ordnung. Zumindest war sie es mehr als heute. Es fand immerhin noch ein Familienleben statt zudem ich mich mal mehr mal weniger zugehörig fühlen konnte.

» Chrissi_87 » Beiträge: 104 » Talkpoints: 66,21 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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