Gänseessen zu Martini um jeden Preis?
Am 11.November wird Martini gefeiert und traditionell wird an diesem Tag Gans gegessen. Die meisten Leute gehen in ein Restaurant, um dies zu tun. Für Deutschland habe ich Preise um die 27 Euro pro Gans gehört, in Österreich gar 36 Euro. Angeblich gibt es heuer auch weniger Gänse und selbst bei den gestiegenen Preisen soll nicht viel für die Gastronomen herausschauen.
Geht Ihr heuer auch wieder ins Restaurant, um Gänse zu verspeisen? Schreckt Euch der gestiegen Preis ab oder muss man sich das einfach nach der Pandemie gönnen, egal wie viel es dann kostet?
Wir gehen nicht ins Restaurant, sondern bereiten unsere Gänse selbst zu. Und die Vögel für dieses Jahr habe ich schon letztes Jahr beim Bauern bestellt, damit der die entsprechende Anzahl Gössel in der Brüterei bestellen kann. Unsere Braten sind den ganzen Sommer von einem alten Gänsepaar geführt frei aufgewachsen und werden jetzt etappenweise geschlachtet. Der Preis dafür war schon letztes Jahr vereinbart. Und die Bestellung für 2023 habe ich bei Abholung des ersten Tieres schon aufgegeben.
Ich kenne die "Martinsgans" nur in der Theorie. In meiner Ursprungsfamilie war kaum jemand wirklich scharf auf Geflügel, und wenn, gab es meistens Entenbrust. Gans war schon quantitativ zu viel, und außer meinem Vater hatte niemand Appetit, das Fleisch von den Knochen zu pulen. Wir Kinder wollten immer nur "das Weiße", sodass selbst von einem banalen Gockel die Hälfte übriggeblieben ist.
Ich finde es auch ehrlich gesagt albern, diverse Feiertage derart eisenhart an bestimmtes Fresschen zu knüpfen. Dieses "Ohne X auf dem Teller ist es kein richtiges Fest"-Getue stammt meistens von den Familienmitgliedern, die im Leben noch mit keiner Gans gerungen haben oder Rindsrouladen für acht Erwachsene von Hand gefaltet, sondern die Gastgeberei und Bewirtung sauber anderen überlassen haben. Dabei habe ich eher die Erfahrung gemacht, dass auch andere, preiswertere und/oder an weniger Tierleid geknüpfte Festtagsgerichte gut ankommen, nachdem der erste Schock überwunden war, selbst bei der älteren Generation.
Mir entsteht also kein Schaden aufgrund der hohen Geflügelpreise und ehrlich gesagt finde ich es auch albern - alles wird teurer, aber aufwendig produziertes Luxusfleisch soll bitte immer so viel kosten wie anno 1972, als Uroma noch lebte und man zum ersten Mal im Gasthof zur "Goldenen Gans" war. Damals waren dreißig Pfennig auch noch "viel Geld"!
Ich kenne den Brauch des Gänseessens nur aus Geschichten. Selbst habe ich glaube ich noch nie eine Gans gegessen, und wenn, dann vermutlich nicht am Martinitag. Dementsprechend werde ich auch heute wieder ziemlich sicher keinen Gänsebraten verspeisen, sondern irgendwas anderes essen. Abgesehen davon ist mein Lieblingsgeflügel Ente, und das esse ich am liebsten so, wie es in chinesischen Restaurants zubereitet wird.
Ich habe das in der Vergangenheit ein, zwei Mal mitgemacht wenn es sich angeboten hat. Also wenn ein Restaurant ein attraktives Angebot hatte und wir eh mal wieder mit gewissen Leuten essen gehen wollten. Aber Gänsebraten ist jetzt nichts, was ich "um jeden Preis" haben muss. Ich kann auch bei einer Pizza einen schönen Abend haben.
Generell fällt mir eh kein Lebensmittel ein, mit dem ich mich so verbunden fühle, dass ich bereit wäre alles, was irgendwie problematisch ist, zu ignorieren weil "Tradition" oder was auch immer. Ich bin nicht in einer Familie aufgewachsen, in der es zu bestimmten Festtagen jedes Jahr immer wieder das gleiche gab. Sicher spielt das auch eine Rolle.
Bei uns ist das kaum verbreitet, auch wenn es den einen oder anderen aus meinem Bekanntenkreis gibt, der darauf schwört und wo es quasi Pflichtprogramm ist. Bei uns sind eher die kirchlichen Dinge verbreitet, wie der Martinsumzug für die Kinder.
Wenn man sich allerdings den Ursprung der sogenannten Martinsgans anschaut, so hat das Essen gar nichts mit dem heiligen Sankt Martin zu tun. Gänse wurden früher als Zahlungsmittel genutzt, wenn die Steuern fällig waren. Üblicherweise war das nach der Ernte, welche ja zu einem Teil verkauft wurde und somit Einnahmen vorhanden waren.
Da im Herbst nach der Ernte auch diverse Festlichkeiten anstanden, wie Kirchweihfeste, die man heute eher Kirmes nennt oder auch das Erntedankfest, viel das mit der Steuerzahlung zeitlich sehr nah zusammen und so entstand dann nach und nach eben die Martinsgans.
Ich kenne den Brauch, an St. Martin Gans essen zu gehen durchaus. Mein Mann war früher gerne mit seinen Eltern jedes Jahr an dem Tag im Restaurant, um Gans zu essen und auch mein Expartner hat es mit seinen Eltern so gehandhabt. Seitdem mein Mann aus seinem Elternhaus ausgezogen ist, handhabt er es jedoch anders. Prinzipiell hätte er nun nichts dagegen, an dem Tag Gans essen zu gehen, wobei es für ihn aber auch kein Muss ist.
Für mich ist das Gans essen nichts. Ich mag Gans einfach nicht, weil mir das Fleisch viel zu fettig ist. Ich kenne es unabhängig davon auch aus meinem Elternhaus nicht, dass man an dem Tag Gans essen geht. Die Gans kenne ich eher von Weihnachten, wobei ich aber auch da nie mitgegessen habe. Von daher wäre so ein Restaurantbesuch auch nichts für mich. Da mein Mann seine Gans aber nicht alleine essen will und kann und es für ihn auch weniger in Frage kommt, Freunde oder Familienmitglieder zu dieser Unternehmung zu mobilisieren, fällt das Gansessen für ihn also aus. Schlimm findet er das nicht.
Zum Genuss seiner Gans kommt mein Mann oft dennoch an Weihnachten, wenn seine oder meine Eltern das Tier zubereiten und er dann dementsprechend mitessen kann. Das reicht ihm auch und öfter im Jahr muss er es auch nicht essen. Ansonsten gäbe es ja noch die Möglichkeit, Gans zu Hause zuzubereiten, wobei das für ihn aber auch nicht sein muss.
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