Funktioniert eine Gesellschaft auch ohne Politik?

Die meisten Gesellschaften und Länder auf der Welt haben irgendeine Form von Politik, um das eigene Geschehen im Land nicht nur steuern, sondern auch lenken und beeinflussen zu können. Auch basieren viele Grundlagen im Leben auf Gesetze. Nun stellt sich die Frage, ob eine Gesellschaft auch komplett ohne Politik funktionieren würde, beispielsweise durch Selbstverwaltungen?

Jede aktuelle ausführende Stelle wie der Einzelhandel, die Justiz, das Bankenwesen oder das Bauwesen könnten für sich selbst doch ihre Regeln und Möglichkeiten der Durchsetzung dieser schaffen, entweder man akzeptiert die als Bürger oder nicht. Oder wäre das auch gefährlich in Hinsicht dessen, dass diese Autonomie missbraucht werden könnte?

Eine Gewaltenteilung lässt sich ja auch ohne Politik einrichten indem übergeordnete Stellen geschaffen werden, welche die untergeordneten Stellen anleiten und aufeinander abstimmen. Damit meine ich aber kein klassisches Politikwesen, sondern eine Art Hierarchie ohne staatliche Einflussnahme. Ich will nicht die Demokratie abschaffen, da ich selbst ein Freund von dieser bin, wenn sie richtig gelebt und ausgeführt wird. Mich interessieren jedoch alternative Gedankengänge und neue Inputs.

Eine Gesellschaft kann auch ohne Politik funktionieren. Eine Gemeinschaft muss nicht immer groß sein. Wenn alle Aufgaben verteilt sind oder jeder sich so einbringt wie er kann, mit seinen Fähigkeiten ohne etwas machen zu müssen, was ihm gar nicht liegt, dann kann das auch funktionieren. Viele Aspekte im Alltag können auch durch und von der Gemeinschaft zusammen gelöst werden, es muss nicht immer ein Gremium über alles und jeden entscheiden.

Das kommt darauf an, was man unter Gesellschaft und Politik versteht. Rein gefühlsmäßig würde ich sagen, bei 30 Hanseln ist Schluss, was das "politikfreie" Zusammenleben angeht. Ab da wird es nämlich unpraktisch, jede Entscheidung für das Zusammenleben immer basisdemokratisch zu entscheiden.

Und wenn man es ganz genau nimmt: Sobald jemand auch nur die Aufgaben verteilt oder sich Zuständigkeiten herauskristallisieren, hat man ja schon eine Form von "Politik", egal ob der Verantwortungsträger Bürgermeister, Schamanin oder Stammesälteste heißt. In meinen Augen hat es einfach schon immer die Überlebenschancen der mickrigen, haarlosen Primaten entscheidend verbessert, das Zusammenleben in einer wie auch immer gearteten "Gesellschaft" zu organisieren und zu strukturieren. Und zack. Politik.

Dazu kommt es natürlich auch darauf an, was du dir für Vorteile davon erhoffst, in einer Gesellschaft zu leben. Normalerweise wird man lange nach jemandem suchen müssen, dem es "liegt", die Sickergruben zu leeren oder Schotter für die Straßenbefestigung zu zerkleinern. Wer nur die Vorteile abgreifen will, ohne sich einzubringen, wurde wahrscheinlich schon in der Steinzeit basisdemokratisch zum Gefressenwerden in die Wildnis verjagt.

Ich glaube das Leben in einer großen Gruppe und damit meine ich auch das Leben der Menschen auf der Erde braucht Struktur. Man kann sicherlich das Gedankenspiel zulassen wie es wäre ohne Politik und Vorschriften zu leben, allerdings wird das rein logisch nichts werden. Es gibt ja nicht nur sozial denkende Menschen, die sich immer irgendwie einigen können, sondern auch vollkommene Idioten, straffällig werdende Menschen und so weiter. Wie will man denn einen Mörder ohne Politik behandeln? Das geht nicht ohne Struktur.

Ich würde in keiner Welt ohne Politik leben wollen. Selbst in jedem Haushalt gibt es regeln und Autoritätspersonen. Das ist normal und erleichtert das Leben ungemein. Ich will ja auch nicht jeden Tag alles ausdiskutieren. Die Regeln und Gesetze wären mit fehlender Politik ja nichtig und man könnte alles. Das heißt man kann ohne Bestrafung einfach mal jemanden umbringen, den man nicht leiden kann, denn man wird ja nicht bestraft.