Für das eigene Versagen die Eltern verantwortlich machen
Ich habe heute die Schlagzeilen gelesen, die Ben Tewaag betrifft. Der Sohn von Uschi Glas hat seine Mutter aufs Übelste beschimpft, wie man hier nachlesen kann. Dass der Sohn von Uschi Glas immer mal wieder negativ in den Schlagzeilen steht und mit Drogen zu tun hatte, ist nichts Neues. Aber nun beschimpft er seine Mutter sehr.
Kann man denn immer die Eltern für das eigene Versagen verantwortlich machen? Denkt ihr, dass man, wenn man älter wird einen anderen Blick auf die Eltern hat und dann auch vieles so sieht, wie es gar nicht gewesen ist und wie man es sich vielleicht selber einbildet?
Ich sehe an einer Cousine von mir, dass sie auch ein wenig so ist. Sie ist mittlerweile fast 30 Jahre alt und wenn sie von ihrer Mutter erzählt, dann ist sie immer die schlechte, die alles falsch gemacht hat und sie angeblich geschlagen hat und was weiß ich noch alles gemacht hat.
Ihr Vater kommt immer besser weg, obwohl dieser schon früh abgehauen ist und dem Alkohol verfallen war. Für ihr Versagen aber macht sie ihre Mutter verantwortlich, die sich für ihre Kinder krumm gemacht hat. Sie selber hat keinen Job, wohnt in einer Bruchbude und hat ein Kind, welches in einer Pflegefamilie lebt.
Von meiner Freundin die Schwester ist ähnlich. Sie gibt den Eltern auch die Schuld an ihrem eigenen Versagen. Meine Freundin aber meint, dass das alles nicht stimmt, was sie erzählt. Kann man denn wirklich immer für das eigene Versagen die Eltern verantwortlich machen? Warum macht man das, obwohl die Sichtweise eigentlich doch nicht so ist, wie es wirklich war? Denkt ihr, dass es eben die einfachste Weise ist, den Eltern die Schuld zu geben?
Ich persönlich finde nicht, dass man seine eigenen Eltern für sein persönliches Versagen verantwortlich machen soll. Auch finde ich nicht, dass man irgendeine andere Personen dafür verantwortlich machen sollte. Schlussendlich liegt es immer bei der Person selber, ob man versagt oder nicht.
Es ist immer einfacher jemand anderen die Schuld zu geben als das ganze bei sich selbst zu suchen. Deswegen werden gerne andere Leute vorgeschoben in diesem Fall halt die Eltern. Das soll aber auch heißen, dass die Eltern ebenfalls mit in der Verantwortung stehen, denn sie haben wohl in der Erziehung etwas grundlegendes falsch gemacht, wenn man nicht einmal die Fähigkeit hat sich selbst seine Fehler einzugestehen.
Bei Promikindern ist das noch etwas schwieriger. Diese werden nicht selten im Kindesalter bereits in die Öffentlichkeit gezerrt ob sie das wollen oder nicht. Hinterher haben sie es schwer eine vernünftige Realität aufzubauen und nicht weiterhin in dieser Fantasiewelt zu leben. Weitere gute Beispiele bei denen das zu nichts geführt hat ist ebenfalls Jake Lloyd alias Anakin Skywalker aus Star Wars. Auch dieser kam bereits im Kindesalter zum Film und hat dadurch einfach verpasst, einen großen Teil der Erziehung zu genießen durch seine Eltern, welches ihn selbstständig gemacht hätte. Heute sitzt er entweder im Knast oder in der Psychiatrie, etwas wirklich eigenes hat er hinterher nicht mehr geschafft auf die Beine zu stellen.
Ich hatte auch kein tolles Leben bei meinen Eltern. Geschlagen wurde dort, Alkohol war im Spiel und Vernachlässigung der Kinder. Aber aus allen Kindern ist etwas geworden, nicht nur dadurch das ich irgendwann die Aufgaben meiner Mutter Zuhause übernommen habe sondern auch weil jeder von uns den persönlichen Ehrgeiz hat es unseren Eltern eben zu zeigen, dass wir in jeder Hinsicht selbstständig genug sind. Und wenn etwas beim ersten mal nicht geklappt hat, dann wirft man auch nicht alles hin sondern sucht sich einen anderen Weg sein Ziel zu erreichen.
Meine Eltern waren richtig enttäuscht von mir, dass ich kein Abitur gemacht habe. Danach war ich das schwarze Schaf der Familie und der Kontakt ist abgebrochen. Inzwischen habe ich auf dem zweiten Bildungsweg neben meinem Beruf studiert und habe nun den Wechsel mit 30 Jahren in den Traumberuf geschafft.
Es war harte Arbeit und ein langer Weg von 13 Jahren das Ziel zu erreichen nachdem es mir meine Eltern damals verwehrt hatten. Aber ich wusste einfach was ich will und habe entsprechend darauf hin gearbeitet, egal was mein Umfeld davon gehalten hat. Ich wurde ausgelacht als ich gesagt habe das ich "nebenbei" neben einer Vollzeitstelle mit 60 Stunden Umfang studieren gehe. Ich habe alle Prüfungen im ersten Anlauf geschafft und andere gammeln immer noch auf der Universität herum mit ihrem Abitur und werden auch nach 10 Semestern immer noch nicht fertig mit ihrem Studium und arbeiten nicht einmal nebenbei Vollzeit.
Ich fühle mich aber nicht als Versager, dass es nicht beim ersten Anlauf geklappt hat sondern bin Stolz darauf das ich es hinterher noch geschafft habe. Wichtig war das vor allem für mich selbst, was meine Eltern davon halten ist mir eigentlich egal geworden. Sicherlich haben sie in ihrer Erziehung Fehler gemacht, aber auch ich habe Fehler gemacht. Deswegen mache ich sie trotzdem nicht für einige Dinge bei denen ich "Versagt" habe verantwortlich.
Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied und die Fähigkeit sich selbst Fehler einzugestehen und auch mal Fehler bei sich zu Suchen anstatt immer alles nur auf andere zu schieben, das ist die wahre Größe und Kunst dabei. Wenn man es dann noch schafft sich selbst zu motivieren etwas an seinem Leben zu verändern anstatt nur zu jammern, dann hat man bereits gewonnen. Jemand der das kann, der hat eigentlich die besten Voraussetzungen im Leben selbstständig und zielstrebig zum Erfolg zu kommen egal ob beruflich oder familiär.
Die schwere Kindheit wird ja schon ganz gerne für das eigene Versagen vorgeschoben, aber irgendwann ist die Kindheit auch vorbei und man muss selbst dafür sorgen, dass es einem gut geht. Ja, meine Kindheit war auch hart und nicht schön. Aber ich bin großgeworden, ich habe zwar einen Knacks, aber ich wurde erwachsen.
Ich wurde verprügelt, mein Vater hat meine Mutter gewalttätig angegriffen, wir Kinder bekamen es auch ab. Wir wurden als Versager dargestellt, das "neue" Kind mit der "neuen" Frau ist absolut perfekt und wird so ein toller und gebildeter Mensch werden. Das Kind tut mir so furchtbar leid, wenn ich es erlebe, ist es total verstört und schweigsam. Aber laut ihm ist es das perfekte Kind.
Ich war zu doof für das Abitur und musste halt auf eine andere Schule gehen, um einen ehrbaren Frauenberuf zu erlernen. Das wurde mir oft genug gesagt. Irgendwann hatte ich die Schnauze voll und bin meine eigenen Wege gegangen und ich hole das Abitur halt erst jetzt nach und ich scheine doch nicht so doof zu sein, wie man mich dargestellt hat.
Ich gebe meinem Vater durchaus eine Teilschuld, aber ich versuche dieses Versagen wieder aufzuholen und den Schaden zu begrenzen. Es bringt mir persönlich auch nichts, allen immer die Schuld zu geben, es steht mir persönlich und meiner Entwicklung nur unnötig im Wege.
Im Laufe der Jahre entwickelt man schon einen anderen Blick, man blickt oft eher als Externer auf die Vergangenheit zurück. Natürlich verletzt sie, aber irgendwann muss man in meinen Augen darüber hinweg kommen. Mit 30 Jahren ist das Leben noch nicht vorbei und man macht es sich ziemlich einfach, den Eltern die Schuld für das verpatzte Leben zu geben.
Es ist ärgerlich, wenn die Eltern gewalttätig sind und das Kind nahezu alleine lassen, das ist kein Zustand. Und ich verstehe es, wenn das Kind wirklich einen Knacks bekommt und sich ungeliebt fühlt. Aber irgendwann ist man erwachsen und dann sollte man sich Hilfe suchen, sonst gerät man in einen Teufelskreis, den man nicht überwinden kann.
Irgendwann sollte man das, was die Eltern verbockt haben, einfach besser machen und sich selbst etwas aufbauen. Die Erinnerung wird immer da sein, sie wird einem immer Angst machen und sie wird einen durchaus auch mal bremsen. Aber auch diesen Stein kann man aus dem weg räumen und sein verpatztes Leben richten oder zumindest einen Schritt in die richtige Richtung tun.
Die Eltern schwingen immer noch mit, aber das Verhältnis ist ein Anderes. Man beschuldigt sich nicht mehr gegenseitig. Irgendwann sollte man aus der Opferrolle ausbrechen und weitergehen und ich weiß, wie schwer das ist, ich habe es auch erst vor Kurzem geschafft. Irgendwann muss man wissen, was man möchte und man muss die Grenzen einreißen. Jeder ist perfekt, auf seine eigene Art und Weise und man sollte den Eltern nicht immer die Schuld geben müssen, man ist ein denkendes selbstständiges Individuum.
In meinen Augen ist es ziemlich armselig, wenn man als erwachsener Mensch immer noch anderen die Schuld gibt, statt für eigene Fehler selbst grade zu stehen. Dann sind die Eltern für das berufliche Versagen Schuld, der Nachbar ist Schuld, dass die eigene Ehe versagt und die Lehrer sind Schuld, dass die Kinder so unerzogen und frech sind. Nur man selbst macht immer alles richtig. Meine Güte ist das lächerlich.
Mir ist bewusst, dass bis zu einem gewissen Alter tatsächlich die Eltern Schuld sind. Beispielsweise sind diese dafür verantwortlich, dass die Hausaufgaben immer pünktlich erledigt sind und dass das Kind auch alle Schulmaterialien dabei hat, wenn es am Unterricht teilnehmen möchte. Wenn die Eltern da nicht hinterher sind, dann kann das Kind auch nicht vernünftig mitarbeiten, sodass ich die Eltern schon in der Pflicht sehe. Aber wenn man schon erwachsen ist und selbst entscheiden kann, ist es doch bescheuert, die Eltern ständig vorzuschieben.
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