Für Adoptivkind zwei Jahre zu Hause bleiben?
Eine Bekannte von mir möchte adoptieren und das Jugendamt vor Ort stellt in dieser Hinsicht bestimmte Bedingungen. Es gibt wenige Kinder zu adoptieren und daher sucht man sich natürlich die Familien aus, die am besten passen. Das Amt möchte, dass die Mutter oder der Vater zwei Jahre lang mit dem Kind zusammen bleiben. Dies soll die Bindung zu dem Kind stärken und aufbauen, da viele Kinder ein Trauma haben und erst lernen müssen mit der Familie zurecht zu kommen. Das gilt sowohl für Babys, als auch für Kleinkinder.
Meine Bekannte musste dafür einen Nachweis erbringen, dass sie eine ausreichende Summe Geld auf dem Konto hat, um diese zwei Jahre nicht arbeiten zu müssen, da sie nicht verheiratet ist. Der Adoptionsantrag wurde nur auf sie allein gestellt, ihr Freund ist aber ebenso daran beteiligt. Nun wurde es so geklärt, dass ihr Freund die zwei Jahre zu Hause bleiben wird, da meine Bekannte mehr verdient, als ihr Freund.
Mein Freund möchte mit mir zusammen eventuell auch ein Kind adoptieren, auch wenn das noch nicht feststeht. Zwei Jahre zu Hause bleiben möchte aber keiner von uns. Ich selbst möchte arbeiten gehen und mein Freund möchte eventuell Elternzeit nehmen oder Teilzeit arbeiten. Das wird grundsätzlich auch kein Problem sein, da nicht jedes Amt diese Bedingung aufstellt und man kann auch ein Kind adoptieren ohne die zwei Jahre zu Hause zu sein.
Mein Freund hat sich darüber auch sehr aufgeregt und meinte, dass diese Bedingung albern ist. Ich selbst finde sie auch nicht gerade vorteilhaft, aber wenn die Kinder wirklich gestört sind, werden sie es wahrscheinlich auch brauchen. Kennt ihr selbst auch ähnliche Regelungen für eine Adoption? Findet ihr sie auch sinnvoll oder eher hinderlich?
Ja, ich finde das wichtig. In den ersten drei Jahren sollte eine Bezugsperson für das Kind da sein und das Kind nicht immer in den Kindergarten abgeschoben werden. In dieser Zeit bildet sich das Urvertrauen heraus, die ersten drei Jahre sind immens wichtig dafür, dass ein Kind sich angenommen fühlt und eine gesunde Mutter-Kind-Bindung entwickelt - oder eine Vater-Kind-Bindung. Es möchte jemanden um sich haben, sich gut aufgehoben fühlen, jemanden zum Kuscheln haben. Da geht es um mehr als nur die pflegende Versorgung.
Gerade für ein Kind, dass vielleicht in den ersten Tagen oder Wochen seines Lebens diese Bindung nicht hatte und daher im Kinderheim gelandet ist, könnte das noch bedeutsamer sein. Es geht halt nunmal nicht immer alles gleichzeitig. Es können nicht beide Eltern arbeiten und dann das Kind selbst am Anfang andauernd abgeben. Damit erhält man dann ein bindungsgestörtes Kind, das sich abgeschoben fühlt. Ich finde schon, wenn man unbedingt adoptieren will, da kann man sich auch mal für zwei Jahre vom Beruf trennen und wenn man das nicht will, dann sollte man lieber auf eine Adoption verzichten.
Wie will man denn sonst eine Bindung zu dem Kind bekommen? Immerhin ist man sich ja fremd und das Kind wird auch nicht automatisch nur weil man es aufnimmt Liebe für die neuen Eltern empfinden. Man braucht diese Zeit einfach um mal ganz nah beieinander zu sein, was man später ja nicht mehr ist. Man kann doch nicht arbeiten gehen, das Kind fremdbetreuen lassen und dann erwarten das alles super wird.
Meiner Meinung nach sollte man sich auch vorher damit auseinandersetzen, wenn man ein Kind haben will. Ein Kind ist kein Spielzeug und so sollte man auch dafür sorgen, dass das Kind ein gewisses Vertrauen entwickelt. Ein Kind interessiert kein Kontoauszug, Liebe wird nicht mit Geld bemessen und es ist auch kein Statussymbol. 2 Jahre zu Hause bleiben ist doch kein Problem, wenn der Andere gut arbeiten geht. Da muss man dann eben durch, immerhin könntet ihr ja auch eigene Kinder machen, aber das willst du ja nicht wegen deiner Figur und anderen in meinen Augen schwachsinnigen Gründen.
Gerade wenn das Kind ein Trauma mitbringt ist es wichtig, dass es die meiste Zeit mit seinen engsten Bezugspersonen verbringt. Ich erinnere mich an eine ehemalige Kollegin, die damals während ihrer eigenen Elternzeit noch ein Pflegekind aufgenommen hatte. Das kannte nichts anderes als Brot mit Margarine und es hat Wochen gedauert bis es überhaupt andere Lebensmittel probieren wollte. Dann hatte es zwar Gefallen daran gefunden, aber sich nie getraut auch etwas von allein zu wünschen. Es war also ein sehr langer Prozess bis das Kind wirklich selbständig gesagt hat, was es essen mag.
Und solche Probleme kann man nicht bewältigen, wenn die Eltern sich nur morgens und abends um das Kind kümmern und die Zeit dazwischen mit dem Kindergarten überbrückt wird. Dazu brauchen diese Kinder auch wesentlich mehr körperlichen Kontakt, weil sie das ja vorher nie erleben durften und eine Menge nachzuholen haben.
Das ist eine vernünftige Ansicht vom Jugendamt, solche Bedingungen zu stellen. Man kann doch nicht so blauäugig an eine Adoption herangehen. Ein Kind adoptieren zu wollen und dann der Arbeit nachgehen. Dann sollte man das Kind lieber im Heim lassen, denn dort hat es wenigstens Bezugspersonen, die immer ansprechbar sind und einige andere Kinder. Es ist also nicht alleine und wird nicht fremdbetreut, sondern kennt die Betreuer bereits.
Für ein Kind ist es erst einmal ein Schock, in eine fremde Familie zu kommen. Was das Kind schon alles erlebt hat, können die neuen Eltern nicht wissen. Sie erfahren nur das, was das Jugendamt kennt. Wie soll ein Kind Vertrauen zu fremden Personen haben, wenn sie es alleine lassen oder fremdbetreuen, weil sie selbst arbeiten wollen.
Überhaupt finde ich den Wunsch merkwürdig, ein Kind adoptieren wollen, aber doch arbeiten gehen. Wenn man allerdings zwangsweise zu Hause bleibt, weil es eine Bedingung des Jugendamtes ist, sollte man die Adoption lieber ganz lassen. Denn unter Umständen wird das Kind dann auch dafür verantwortlich gemacht, dass man ja zu Hause bleiben musste. Solchen Menschen würde ich raten: Finger weg von einer Adoption!
Dein Freund sollte mal in Ruhe darüber nachdenken, warum das Jugendamt die Bedingung stellt und er das albern findet. Vielleicht ist er behütet aufgewachsen, aber Adoptivkinder nicht immer.
Die Auflagen vom Jugendamt sind auch bei Babys genauso wie bei Kindern, die schon älter sind. Wenn man ein Kind adoptieren will, dann gibt es wirklich große Voraussetzungen, die ich manchmal nicht nachvollziehen kann. Bei einem adoptierten Kind muss man gewillt sein mindestens 3 Jahre zu hause zu sein. Ist man aber eine alleinerziehende Mutter von leiblichen Kindern, dann wird vorausgesetzt, dass man das Kind auch früh in die Krippe bringt um arbeiten zu gehen, damit man dem Kind was bieten kann.
Wenn man ein Kind adoptieren will, dann muss dieses Kind ein eigenes Zimmer bekommen. Selbst, wenn schon ein Kind in der Familie ist, wird es nicht akzeptiert, dass man diese beiden Kinder dann in ein Zimmer gibt. Man kann aber selber noch einige leibliche Kinder bekommen, da ist es egal, wie viel Kinder man in ein Zimmer gibt. Als ich damals eine Wohnung gesucht habe, wurde mir vom Amt gesagt, dass ich die Kinder in ein Zimmer geben kann, damit man nicht für jedes Kind ein Zimmer braucht.
Ich finde, dass man für leibliche Kinder genauso da sein sollte wie für ein Adoptivkind, damit man auch die Bindung zum leiblichen Kind nicht verliert oder aufbauen kann, wenn beispielsweise gerade eine traumatische Trennung da war. Ich finde es schon komisch, dass bei Adoptivkindern da so ein großer Unterschied gemacht wird. Bei traumatisierten Kindern sollte man immer für diese da sein und nicht nur 2 oder 3 Jahre und das auch bei leiblichen Kindern.
@Diamante: Du meinst mit immer da sein, dass man zu Hause bleibt, so lange man das Kind hat? Man kann doch auch für das Kind da sein, wenn man arbeitet, ich kenne viele Familien die das so machen und den Kindern geht es sehr gut. Das man bei einem adoptierten Kind erstmal zu Hause bleibt kann ich nachvollziehen, aber ich finde nicht, dass man das dann so lange machen muss, bis das Kind auszieht. Unter den Bedingungen würden wahrscheinlich nur sehr wenige Paare adoptieren.
Ich finde das eigentlich sehr gut, denn ein Kind braucht eine feste Bezugsperson. Ich war bei meinem größeren Sohn zwei Jahre zu Hause und bei dem Kleinen jetzt möchte ich auch zwei Jahre Zuhause bleiben. Ich genieße diese Zeit auch, da ich mich intensiv mit meinem Sohn beschäftigen kann und alle Entwicklungsschritte mitbekomme. Die ersten Jahre sind so eine spannende Zeit, die bekommt man nie wieder zurück.
Bei meiner großen habe ich noch studiert und auch sie habe ich nur sehr selten weggegeben und selbst da hat mein Mann meistens die Betreuung übernommen. Ich habe sie das komplette erste Jahr mit zur Uni geschleppt. Im zweiten Lebensjahr habe ich weniger studiert und die Zeiten an der Uni hauptsächlich auf abends gelegt, so dass mein Mann sie betreuen konnte. Trotzdem bereue ich es im Nachhinein, denn ich habe schon ein wenig das Gefühl, ich habe etwas verpasst, gerade im Vergleich mit den Jungen.
Adoptivkinder haben zusätzlich noch die Bindungsproblematik, da sie meistens nicht sofort nach der Geburt zu den Adoptiveltern kommen, sondern erst im Krankenhaus und dann in der Kurzzeitpflege betreut werden. Durch die vielen unterschiedlichen Betreuungspersonen fehlt es am ersten Bonding. Dadurch fällt es ihnen schwerer eine sichere Bindung aufzubauen. Da liegt es an den Adoptiveltern, diese Bindung nachzuholen und dafür braucht man Zeit.
Die meisten Adoptiveltern wird es bestimmt auch gar nicht stören, denn sie mussten in der Regel lange auf ihr Kind warten und sind für jede Minute mit ihm dankbar.
Warum adoptiert man ein Kind, wenn man es eh fast den ganzen Tag nicht sieht? Bei einer regulären Vollzeitbeschäftigung kann man von acht Stunden Arbeitszeit ausgehen. Zuzüglich einer Stunde Pause sind wir bei neun Stunden. Dann nehmen wir noch einen Arbeitsweg von einer Stunde hin und wieder zurück. So sind wir schon bei zehn Stunden. Dann gehen wir mal davon aus, dass man noch im Stau stehen könnte, einkaufen muss, zum Arzt muss und so weiter.
Rechnen wir das mal auf einen Tag um auf eine halbe Stunde. Sind wir bei fast zehn Stunden. Acht bis zehn Stunden schläft ein Kind in der Nacht. Das Kind muss gefüttert werden oder wenn es älter ist, muss Essen gemacht werden, das Kind muss gebadet werden. So sind wir schon bei 20 bis 22 Stunden in denen man das Kind entweder nicht direkt sieht oder eben nicht direkt mit dem Kind beschäftigt ist.
Man mag nun sagen, genau die Punkte treffen auch auf ein Kind zu, welches man selbst zur Welt bringt. Deshalb möchte ich aber noch mal fragen, warum man ein Kind adoptiert? Welche Beweggründe hat man, ein Kind zu adoptieren, welches man kaum sieht? Wenn es nur darum geht, Umgang mit Kindern zu haben, dann kann man sich auch einen Babysitterjob für täglich zwei Stunden suchen. Oder zwei Stunden Kinder im Kindergarten bespaßen. Möglichkeiten gibt es genug.
Du hast mal geschrieben, dass dein Partner die Erziehungszeit übernehmen würde, wenn du von ihm schwanger werden würdest. Weil er sich so sehr ein Kind wünscht und du eigentlich keine Kinder haben möchtest. Kann natürlich sein, dass du einen neuen Partner hast und sich das Thema eigene Kinder damit erledigt hat. Allerdings wenn es der selbe Partner ist, warum würde er für seine eigenen Kinder Elternzeit nehmen, aber für Kinder, die er adoptieren würde nicht?
Ein Kind adoptieren heißt für mich auch, dass man Zeit mit dem Kind verbringen mag und nicht nur ein Kind als schmückendes Beiwerk will. Die Entscheidung zu einer Adoption ist doch irgendwie auch dadurch geprägt, dass man einem Kind helfen möchte, welches von der leiblichen Mutter nicht gewollt wurde oder deren leibliche Mutter verstorben ist.
Aber irgendwie verstehe ich nicht, warum man ein Kind adoptiert, dem man ja scheinbar was besseres als ein Leben im Heim bieten will, wenn von vorneherein klar ist, dass es die meiste Zeit doch wieder fremd betreut wird. Warum adoptiert man ein Kind, wenn man es eh konsequent abschiebt und das im Vorfeld schon weiß?
Paare, die keine Kinder bekommen können, adoptieren Kinder. Paare, die bereits Kinder haben oder noch Kinder planen, adoptieren Kinder, eben um sie vorm Heim zu bewahren. Paare, die keine eigenen Kinder wollen, weil Frau sich damit die Figur ruinieren könnte oder weil Frau damit zu viel zurück stecken muss, werden höchstwahrscheinlich aus dem Adoptionskreislauf ausscheiden.
Crispin hat geschrieben:@Diamante: Du meinst mit immer da sein, dass man zu Hause bleibt, so lange man das Kind hat? Man kann doch auch für das Kind da sein, wenn man arbeitet, ich kenne viele Familien die das so machen und den Kindern geht es sehr gut. Das man bei einem adoptierten Kind erstmal zu Hause bleibt kann ich nachvollziehen, aber ich finde nicht, dass man das dann so lange machen muss, bis das Kind auszieht. Unter den Bedingungen würden wahrscheinlich nur sehr wenige Paare adoptieren.
Natürlich nicht, bis das Kind auszieht, aber die ersten Jahre sind doch schön, wenn man sie mit dem Kind erlebt. Aber das ist einer Mutter mit leiblichen Kindern vergönnt, weil da immer drauf geschaut wird, dass man auch das Kind früh in den Kindergarten gibt und dann arbeiten geht. Das ist auch richtig so. Aber warum besteht man bei einem Adoptivkind, auch wenn es als Baby in die Familie kommt auf die ersten Jahre ohne Arbeit?
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