Friedhofsbesuche meiden, da sie traurig machen?

vom 08.11.2018, 08:30 Uhr

Ein Bekannter meidet es auf einen Friedhof zu gehen. Seine Eltern sind auf einem Friedhof in seiner Nähe beerdigt und er meint, dass er dort nicht hingehen würde, weil ihn das nur jedes Mal so traurig machen würde. Auch wenn jemand aus der Verwandtschaft stirbt, geht er nicht zu der Beerdigung. Er meint, dass das einfach viel zu traurig wäre und er das nicht aushalten würde.

Nun ist es aber so, dass das Grab seiner Eltern wirklich ungepflegt aussieht. Sein Schwager kümmert sich immer mal um das Grab, obwohl dieser eigentlich keine Zeit dafür hat. Mein Bekannter kann es sich auch finanziell nicht leisten, dass er jemanden mit der Grabpflege beauftragt.

Könnt ihr nachvollziehen, dass jemand Friedhofsbesuche meidet, weil diese zu traurig sind? Muss man da nicht manchmal über seinen Schatten springen, wenn man Angehörige dort liegen hat und sich um die Grabpflege kümmern muss? Ist es da trotzdem in Ordnung zu sagen, dass man es einfach zu traurig findet und deswegen nicht dorthin gehen möchte?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Nelchen hat geschrieben:Nun ist es aber so, dass das Grab seiner Eltern wirklich ungepflegt aussieht. Sein Schwager kümmert sich immer mal um das Grab, obwohl dieser eigentlich keine Zeit dafür hat. Mein Bekannter kann es sich auch finanziell nicht leisten, dass er jemanden mit der Grabpflege beauftragt.

Das ist meiner Ansicht nach total unlogisch. Wenn so gar keine Zeit vorhanden wäre, dann hätte man auch gar keine Zeit das Grab ab und an zu pflegen. Daher finde ich, dass der Schwager ja gar nicht zeitlich so eingespannt sein kann, sonst würde er sich überhaupt nicht kümmern können.

Abgesehen davon kann man das Grab doch auch von Anfang an so gestalten, dass man selbst am wenigsten Arbeit hat. Beispielsweise Pflanzen wählen, die im Sommer wenig Wasser benötigen und im Winter auch noch gut aussehen und das Klima vertragen. Dann kann man das Grab mit Kies auslegen, um sich viel Arbeit zu sparen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Das ist natürlich eine total dumme Strategie im mit Trauer umzugehen. Immer schön verdrängen und Situationen vermeiden, in denen man traurig werden könnte. Wie will man denn so jemals seine Trauer verarbeiten?

Das klingt für mich aber eh nach einer erfundenen Geschichte oder einer total dummen Ausrede um sich vor der Grabpflege zu drücken. Millionen Menschen bekommen es hin sich um Gräber zu kümmern. Mag traurig sein, aber davon stirbt man nicht.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich denke auch, dass man mit der Verdrängungstaktik nicht weiter kommt, aber das muss er natürlich selber wissen. Aber wenn das Grab ungepflegt aussieht, dann kann es das natürlich auch nicht sein und dann muss man eine Lösung dafür finden. Ich würde dann auch Pflanzen wählen, die nicht viel Pflege brauchen, aber dafür muss man wohl auf den Friedhof gehen und sich um das Grab kümmern.

Ich verstehe es ja, dass am Grab dann Erinnerungen hochkommen und das entsprechend auch traurig stimmt. Aber trotzdem kann man nicht alles so verkommen lassen, wenn man nun einmal für die Grabpflege verantwortlich ist. Darum wirft das ja auch ein schlechtes Licht auf deinen Bekannten, wenn Freunde oder Bekannte seiner Eltern auf dem Friedhof sind und das ungepflegte Grab sehen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Offensichtlich geht es hier um Verdrängung, aber ich wäre auch vorsichtig damit, anderen Leuten vorzuschreiben, wie und wo sie trauern sollen. Wer täglich auf dem Friedhof mit seiner verstorbenen Familie spricht und die Graberde harkt, trauert nicht besser oder gesünder, nur weil die anderen Leute sehen können, dass die Person leidet. Und nicht jedem bringt es etwas, auf den Friedhof zu gehen, aber gottbewahre, dass jemand etwas anders macht als die anderen, nicht wahr?

Ich selber kann mit Friedhöfen auch nichts anfangen, weder im Positiven noch im Negativen und verstehe auch vollkommen, dass es heutzutage schwierig ist, ein klassisches Familiengrab zu pflegen. Viele Leute wohnen weiter weg und haben genug anderes zu tun. Ich selber reiße mir da auch kein Bein aus, zumal da ich gärtnerisch auch unbegabt bin. Mein Vater stichelt zwar manchmal, dass ich offensichtlich nicht um meine Mutter trauere, weil ich anders als er nicht täglich den Grabstein anstarre, aber da kann ich auch nicht helfen.

Wäre ich alleine für das Familiengrab verantwortlich, würde ich ein paar pflegeleichte Pflanzen kaufen, und wenn die Stiefmütterchen im August die Köpfe hängen lassen, könnte ich auch nicht zweimal täglich zum Gießen aufkreuzen, nur damit nichts "verwahrlost" aussieht. Die Zeiten sind vorbei, als der Friedhof quasi ein inoffizieller Dorftreff war, wo sich ganze Generationen zum Harken, Gießen und Ratschen getroffen haben.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Jeder Mensch trauert anders, und wer will da schon Vorschriften machen oder sagen, wie es richtig ist? Wer nicht auf den Friedhof gehen möchte, der soll es auch nicht müssen, finde ich. Die Frage der Grabpflege muss man aber wohl trennen von der Frage, ob und wie jemand "richtig" trauert.

Die Gräber, sie sind Erinnerungsorte für die Hinterbliebenen, nicht für die Toten. Und insofern würde ich sagen - über die Grabpflege sollten sich die Hinterbliebenen einigen, indem sie sich darüber verständigen, für wen das Grab eigentlich ein wichtiger Ort zum Trauern und zum Erinnern ist. Und wenn es für niemanden wichtig ist, sich dort zu erinnern, dann kann man das Grab in der Tat sehr pflegeleicht mit Steinen oder Bodendeckern oder ähnlichem so anlegen, dass nur sehr selten jemand danach gucken muss.

Denn vielleicht erinnert man sich ja auch ganz anders - beim Hören schöner Musik, beim Wandern auf einem viel begangenen gemeinsamen Pfad, beim Schwimmen in einem See, in dem man viel zusammen gebadet hat. Nicht auf den Friedhof zu gehen muss ja überhaupt nicht heißen, dass man nicht trauert oder den Toten nicht erinnert.

» Kirchenbotschafter » Beiträge: 91 » Talkpoints: 21,81 »


An der Geschichte ist ein bisschen krude, wie unklug der Bekannte die Entscheidung zur Grabgestaltung bei den eigenen Eltern getroffen hat. Wenn jemand eine so starke Aversion wie er hat, wird er ja schon lange wissen, dass er möglichst keinen Gang zum Friedhof machen möchte, wenn es sich nicht absolut vermeiden lässt. Dementsprechend hätte man das Grab bei der Auswahl im Vorfeld schon gestalten können, mit einer entsprechenden Steinplatte zum Beispiel. Wenn das laut den Statuten des Friedhofs verboten ist, kann man immer noch ein Urnengrab relativ einfach mit Kies oder den schon hier genannten Bodendeckern versehen, die keiner Pflege bedürfen.

Ich bin auch der Meinung, dass die klassischen Gräber, wo man im Sommer fünfmal die Woche zum Gießen antreten darf nicht mehr zeitgemäß sind. Viele leben nicht mal in der Nähe der Gräber ihrer Angehörigen und dann bleibt einem im schlimmsten Fall nur die Beauftragung einer Gärtnerei, was wieder weitere Kosten verursacht. Implizit wird hier im ersten Beitrag die moralische Keule über den Bekannten geschwungen, der den anderen die Last aufbürdet. Aber es gibt nun mal Menschen, die mit Friedhöfen überhaupt nichts anfangen können oder dort von negativen Gefühlen überflutet werden, genauso wie es Leute gibt, die in einem Krankenhaus selbst als Besucher schon eine Krise bekommen.

Wenn es nach mir ginge, würde ich den Friedhof freiwillig auch so selten wie möglich aufsuchen, aber an die entsprechenden Menschen denke ich auch ohne solche Besuche sehr oft.

» Verbena » Beiträge: 4938 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



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