Flugbegleiter als Traumberuf ansehen?
Meine Schwester ist solo und möchte beruflich mal etwas Neues ausprobieren und sich als Flugbegleiter/in bewerben. Auf eine Art stellt man sich das ja sehr traumhaft vor, ferne Länder und Städte bereisen und einen attraktiven Job ausüben, wo man auch noch viele interessante Leute kennenlernt. Aber ist denn Flugbegleiter/in heutzutage wirklich so ein toller Traumberuf? Was würde euch denn an so einer Tätigkeit reizen und was vielleicht auch abschrecken?
Ich habe sogar mal eine Beamtin kennen gelernt, die sich für einige Jahre vom Dienst freistellen ließ, um dann als Flugbegleiterin zu arbeiten. Warum sollte das denn kein Traumberuf sein. Das kann ich mir gut vorstellen, dass es Menschen gibt, die gern in der Welt herumreisen und andere Menschen bedienen wollen. Für mich selbst wäre das nichts.
Mich nerven nörgelnde unzufriedene Menschen schnell und ich möchte nicht mit einem Dauergrinsen im Gesicht deren Wünsche erfüllen. Aber es gibt eben Typen, die können so gar nichts mit einem Bürojob anfangen und darin aufgehen. Ich mag meinen Bürojob. Für andere ist er das Grauen pur. Das man ferne Länder und Städte bereist, ist nur peripher.
Denn am nächsten Tag geht es schon wieder los und für einen Bummel ist wohl eher keine Zeit. Dann stelle ich mir das schon auf einem Schiff wieder besser vor. Da hat man sicher mal Zeit, an Land zu gehen und was zu sehen von der Welt und anderen Kulturen. Na ja und interessante Menschen lernt man ja eher nicht kennen, indem man ihnen einen Tomatensaft auf das Tischchen stellt.
Das wäre schon sehr oberflächlich gedacht. Und wer von den Fluggästen interessiert sich schon für die Flugbegleiterin? Das Leben ist schließlich keine amerikanische Schmonzette. Aber ein Traumberuf kann Flugbegleiterin trotz allem schon sein, daran hege ich keinen Zweifel. Wer Fremdsprachen gut beherrscht und gute Umgangsformen hat und gerne Menschen bedient, ist sicher gut in dem Beruf aufgehoben.
Alles kann ein Traumberuf sein, aber auch der absolute Horror. Mir fallen bei "Traumberufen" immer die ganzen Bühnenkünste ein, für die viele Leute absolute Opfer bringen, was ich mir nur damit erklären kann, dass es ein absoluter "Traum" sein muss, beispielsweise als Ballerina morgens um zwei mit blutenden Füßen heimzuwackeln oder als Berufsmusiker nebenbei noch Unterricht zu geben, weil die halbe Stelle als drittes Tenorhorn nicht genügend abwirft.
Und Flugbegleitung fällt für mich auch unter diese Kategorie. Für den, der's mag, ist's das Höchste, wie mein Kollege immer sagt. Aber ich finde den Aufenthalt in einem Passagierflugzeug an sich schon schrecklich, von der Atemluft bis hin zur klaustrophobischen Enge. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ich viel von der Welt sehen würde, weil mir allein der Jetlag schon zu schaffen macht. Und selbst wenn ich mal zwei Tage in Nairobi oder sonstwo Aufenthalt hätte, wäre mir das zu kurz und zu anstrengend. Und dafür oft lange Zeit am Stück von Familie und Freunden getrennt sein - nein, das ist für mich kein "Traumberuf". Aber umgekehrt kann ich ja froh sein, dass andere Leute das anders sehen.
Eine Bekannte meinte mal, dass sie in ihrer Zeit bei Air France von vielen "fernen Ländern" nur die Hotels in Flughafennähe kennengelernt hat. Teilweise hatte sie keine Zeit sich mehr anzuschauen und teilweise wollte sie auch einfach nur ihre Ruhe und sich ausschlafen. Man muss ja oft schon am nächsten Tag wieder fit sein und irgendwie auch mit der Zeitverschiebung klar kommen.
Sie kommt jetzt aus dem Hotelfach und wusste deshalb wahrscheinlich, was man alles so von Gästen bzw. Passagieren zu erwarten hat, aber ich glaube wenn man vorher noch nie im Service gearbeitet hat und in erster Linie an "ferne Länder und Städte" denkt bei dem Job wird man ganz schnell aus dem Traum erwachen.
Das Image vom Traumjob kommt glaube ich aus der Zeit vor den Billigfliegern, als ein Flug noch nicht für jeden erschwinglich war und als man sich als Flugbegleiter noch nicht mit betrunkenen Mallorca Pauschaltouristen herumschlagen musste. Wahrscheinlich waren die Flugpläne damals auch noch nicht ganz so eng, dass wirklich mal mehrere freie Tage im Ausland drin waren.
Als junger Mensch wäre ich damals sehr gern Flugbegleiter geworden. Damals waren aber auch die Arbeitsbedingungen in der Luftverkehrsbranche noch nicht so prekär wie heute, wo inzwischen sogar der Pilotenberuf schon von Ausbeutung bedroht ist. Ein damaliger Freund war Flugbegleiter, und er hatte bei Langstreckenflügen regelmäßig mehrere Tage Aufenthalt am Zielflughafen gehabt. Das hat ihm immer gereicht, um vor Ort ausgiebig die Stadt und zum Teil sogar noch weitere Sehenswürdigkeiten in der Umgebung zu erkunden. Inzwischen wurden wohl die Aufenthaltszeiten immer stärker zusammengestrichen und der Job wurde immer anstrengender. Außerdem ist das Gehalt von Neueinsteigern wohl ziemlich gering.
Flugbegleiterin war vor 60 oder 70 Jahren super. Ideal für höhere Töchter, die die notwendigen Kenntnisse in Umgangsformen und Sprachen mitbrachten, andere hatten ja keine Chance. Und dazu viel Kontakt zu begüterten Gästen, die ideale Heiratskandidaten sind. Mit der Limousine ins Hotel und mehrere Tage Aufenthalt. Das war sicher super, um was von der Welt zu sehen, bevor man mit der Heirat zwangsweise ausscheiden muss. Das war damals eine seltene Chance. Aber heute?
Eine Freundin war sich unsicher, was sie studieren sollte und zögerte diese Entscheidung zwei Jahre hinaus, indem sie erstmal Flugbegleiterin wurde. Da der Job geistig nicht sehr fordernd ist, kann man ihn wohl nicht ewig machen. Aber übergangsweise kann man ihn schon als Traumberuf bezeichnen. Meine Freundin bekam jedenfalls für verhältnismäßig wenig Arbeit viel Geld - vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich nicht einmal um einen richtigen Ausbildungsberuf handelt. Außerdem hatte sie starke Vergünstigungen bei Flügen. Waren diese nicht ausgelastet, konnte sie last minute mal eben für ein Zehntel des Preises Fernreisen antreten. Exotische Ziele wie Los Angeles für 70€ waren nichts Ungewöhnliches. Da würde ich jedenfalls auch nicht nein sagen.
Da ich Flugangst habe, wäre das für mich überhaupt kein Traumberuf. Aber wenn man als junger Mensch gerne die Welt kennenlernen und in den Genuss von zusätzlichen billigen Flugreisen kommen möchte, dann ist das sicher erstrebenswert. Ich stelle es mir allerdings sehr stressig vor, in engsten Verhältnissen Speisen und Getränke zu servieren und immer freundlich zu lächeln, auch wenn man selber unfreundlich oder respektlos behandelt wird.
Ich kenne selber keine Stewardessen oder Stewards und weiß nicht, welche Anforderungen an diesen Beruf gestellt werden. Ich kann mir aber vorstellen, dass sie hoch sind. Man muss ja wahrscheinlich perfekt Englisch sprechen und wahrscheinlich noch eine Fremdsprache. Außerdem muss man immer gepflegt aussehen und psychisch stabil sein. Auch Erste Hilfe sollte man beherrschen und natürlich keine Flugangst haben und bei Turbulenzen nicht so leicht seekrank werden.
Ich denke schon, dass das wie jeder andere Beruf auch, ein Traumberuf sein kann. Mein Schwiegervater arbeitet seit über 40 Jahren auf dem Bau, das könnte ich mir auch nicht vorstellen. So hat eben jeder so seine Wunschvorstellungen und Träume, er liebt seinen Job nämlich sehr, auch wenn er unter der Woche nicht zu Hause sein kann.
Flugbegleiter ist sicherlich ein schöner Beruf, wenn man jung ist, keine Familie hat und die Welt sehen will. Für mich mit 2 Kindern und einem Mann ist das eher nichts, weil ich nicht mal eben für ein paar Tage nicht da sein kann. An sich kann ich die Lust zu Reisen aber schon verstehen, immerhin sieht man ja doch einiges und vor allem bekommt man auch Vergünstigungen.
Meine Nichte hat das auch nachdem sie ihr Abi gemacht hat für 2 Jahre gemacht. Sie ist im Nachhinein froh, dass sie hat es gemacht. Gerade weil sie da ohne Ausbildung in kurzer Zeit ziemlich viel Geld auf die Seite legen konnte, welches sie jetzt fürs Studium gebrauchen kann.
Allerdings war sie von den Arbeitsbedingungen nicht begeistert. Sie hat sich am Ende schon ziemlich ausgebrannt gefühlt. Die Aufenthalte im Ausland waren meist sehr kurz und reichten manchmal kaum, um die Jetlags auszukurieren. Arbeitstage gingen manchmal über 12 Stunden. Und manchmal änderte sich kurzfristig der Einsatzplan für den ganzen Monat, das Privatleben musste sie ständig neu organisieren. Ich glaube der Beruf war früher toller.
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