Fleisch zum Tierwohl in Supermärkten verbieten?

vom 04.04.2021, 19:09 Uhr

In der letzten Zeit häufen sich die Berichte rundum den Fleischkonsum, die Umweltfolgen und den Wasserverbrauch für die Herstellung von Fleisch. Dies hat sicherlich auch mit der Corona Krise etwas zu tun, da man hier natürlich deutlich machen möchte, wie sehr wir in die Natur eingreifen, Tieren Lebensraum nehmen und so auch Pandemien weiter selbst verantworten müssen. So war jedenfalls auch häufig der O-Ton der Reportagen.

Nun waren dort aber keine militanten Veganer am Werke, sondern durchaus Menschen, die dem Fleischkonsum nicht generell negativ gegenüberstehen, aber der Massentierhaltung. Dort hieß es vermehrt, dass man das Massentierhalten sowie Turbokühle etc. unterbinden muss, was zur Folge hätte, dass Fleisch in Supermärkten und Discountern nichts mehr zu suchen hätte.

Natürlich sterben auch die Tiere bei einem Metzger, aber es geht um die Wertigkeit hinter diesem Vorschlag sowie den Umweltschutz. Nach dem Motto, wenn das Fleisch teurer wäre, würde man es weniger kaufen, mehr schätzen und trotzdem der Umwelt etwas Gutes tun.

Ein durchaus guter Vergleich, wenn man das „Billigfleisch“ im Supermarkt sowie den hohen Fleischkonsum im Gegensatz zu vor 30 Jahren betrachtet oder was meint Ihr? Hat es Eurer Meinung nach durchaus Sinn, in Supermärkten/Discountern das Fleisch zu verbieten, um zum Wohle des Tierwohls zu agieren und Massentierhaltung weiter einzudämmen oder ist der Zug abgefahren?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Unser Lidl hat auch Biofleisch und Biowurst. Es gibt dort das Tierwohllabel von Kategorie eins bis vier. Label vier ist Biofleisch und wird von den Kunden offensichtlich gut angenommen. Vegetarisch zu essen habe ich jetzt zum zigsten Mal wieder aufgegeben, aber ich esse weniger Fleisch und nur noch das Biofleisch vom Lidl.

Ich glaube nicht, dass man den Fleischverkauf in Supermärkten verbieten kann. Warum auch nur in Supermärkten? Dann müsste man ihn auch bei Metzgern verbieten. Da weiß man oft mangels Beschriftung erst recht nicht, woher das Fleisch kommt. Die können einem alles erzählen.

Und einen Biometzger hat nicht jeder in der Nähe. Vor allen Dingen für alte Leute ist es wichtig, dass sie ab und zu ein Stückchen Fleisch essen, habe ich zumindest mal auf einem Vortrag von einem Arzt gehört. Wo sollen die denn ihr Fleisch herbekommen, wenn nicht vom Discounter in der Nähe?

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Grundsätzlich möchte ich natürlich auch, dass es de Tieren besser geht. Jeder, der schon einmal gesehen hat, wie die Tiere in Massentierhaltung leiden, kann nicht mehr guten Gewissens in ein Stück Fleisch beißen. Allerdings ist das Problem vielschichtiger und man kann es nicht einfach mit einem Verbot für Supermärkte umsetzen. Der Aufschrei in der Bevölkerung wäre viel zu groß. Wenn ein Politiker das in seinem Wahlkampfprogramm hätte, könnte er gleich seinen Hut nehmen, denn kaum einer würde ihn noch wählen. Ein Gesetz mit dem Inhalt würde nicht beschlossen werden.

Viel sinnvoller als ein Verkaufsverbot wäre natürlich in erster Linie, dass die Massentierhaltung in der aktuellen Art und Weise abgeschafft wird. Und da sehe ich auch kaum noch einen Grund, warum das nicht schon längst passiert ist! Aber wenn wir natürlich eine "Umwelt-"Ministerin haben, die kein Problem damit hat, dass Ferkel noch viele weitere Jahre ohne jegliche Betäubung kastriert werden, :twisted: dann ist es kein Wunder, dass wir beim Thema Tierwohl derzeit eher auf der Stelle treten, vielleicht auch eher Rückschritte machen.

Und bevor es zu einem Verbot kommen könnte, wäre auch endlich mal ein Umdenken in der Bevölkerung wichtig. Wenn ich an meine Eltern denke, dann herrschte da immer noch die Vorstellung vor, dass es jeden Tag Fleisch auf dem Tisch zu geben hat und zwar nicht zu knapp! Mein Vater bekam tatsächlich einen Tobsuchtsanfall, wenn meine Mutter ihm kein oder zu wenig Fleisch auftischte!

Und mein Bruder hat diese Denkweise leider übernommen. Meine Familie sah mich fast als "Missgeschick" an bei ihrer Erziehung, als ich schon als Jugendliche einfach weniger Fleisch wollte. Damals hatte es noch gar keine ideellen Gründe, sondern es war mir einfach nur zu viel. Und diese Denkweise sehe ich immer noch bei vielen Menschen. Insbesondere bei Männern scheint der Fleischkonsum bei vielen ein Zeichen von Männlichkeit zu sein.

Wenn man also einfach nur Fleisch verbietet, dann wird es dagegen einen Massenprotest geben, der seinesgleichen sucht. Und ich denke, dass da auch nicht nur alles friedlich ablaufen würde. Insofern halte ich ein Verkaufsverbot weder für sinnvoll, noch für machbar. Man sollte woanders ansetzen.

Und den Fleischverkauf nur den Metzgern vorzubehalten, ist auch sinnlos. Unser örtlicher Metzger bezieht sein Fleisch aus einem Schlachthof, der immer wieder wegen Verstößen gegen den Tierschutz zeitweise geschlossen wurde. Es gibt auch kaum noch Metzger, die selber schlachten, sondern auch da gibt es einen schlechten Tiermassentourismus zu den Schlachthöfen.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Zuerst einmal sollte man die Annahmen, die deiner Idee zugrunde liegen, betrachten. Der Fleischkonsum vor 30 Jahren war höher als heute. Seit Mitte der neunziger Jahre sinkt die Verzehrmenge von Fleisch und Fleischprodukten im Inland.

Das nützt aber nicht viel, denn die Produktionsmengen sind seitdem massiv gestiegen. Das liegt einerseits daran, dass hierzulande immer mehr die Edelstücke verzehrt werden, und die machen nun einmal nur einen kleinen Teil des Schlachtkörpers aus. Auf der anderen Seite ist der Fleischexport - nicht nur der weniger edlen Reste - ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Insbesondere die Schweinefleischproduktion kann man mit der Autoindustrie vergleichen. Wir sind nur ein Fleck auf der Erdkugel, aber Deutschland ist der drittgrößte Exporteur von Schweinefleisch weltweit. Dein italienischer oder spanischer Schinken stammt von deutschen Schweinehintern, die zur Verarbeitung dorthin gekarrt wurden.

Der nächste Punkt ist das Schlachten. Welcher Metzger kann denn selbst schlachten? In den großen Städten ist das für Rinder, Schweine und Schafe seit über 100 Jahren verboten. Du kommst doch aus dem Ruhrgebiet. Da gab es beispielsweise die städtischen Schlachthöfe, wie bei euch im Frischezentrum. Dort musste das Vieh zwangsläufig hin. Das war schon kein kuscheliges Schlachten, sondern Akkord. Und das rechnet sich trotzdem nicht mehr.

Dort, wo der Metzger prinzipiell schlachten dürfte, fehlen das Geld und der Platz, um die Hygieneauflagen zu erfüllen. Mein Metzger nutzt beispielsweise die Lohnschlachterei für Rinder in Dinslaken, die Schweine haben schon weitere Wege und das Geflügel kommt aus einem typischen Großschlachthof. Es geht bei ihm nicht anders, obwohl die Haltung vorher besser war.

Bio aus dem Discounter ist nun auch keine Lösung. In ärmeren Stadtteilen wird das beispielsweise gar nicht angeboten. Bei uns gibt es Bio-Rinderhack und Bio-Rindergulasch und ansonsten die niedrigste Stufe. Und selbst wenn man die höchste Lösung nimmt, sind die Haltungsbedingungen ein Witz und die Tötung ist kein Stück besser. Wo Fleisch verkauft wird, ist unerheblich für das Tierwohl, solange der Weltmarkt Ziel der Übung ist.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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