Findet ihr eine gendergerechte Sprache eine Notwendigkeit?

vom 02.07.2017, 13:01 Uhr

Die deutsche Sprache unterscheidet zwischen männlich, weiblich und sächlich. Es gibt dadurch die Leserin und der Leser. Aber in den meisten Fällen wird bis heute noch das maskuline verwendet und die weibliche Form einfach ausgeschlossen.

Gender heißt, dass man, wenn man eine Frau ist, das geschlechtsbezogene Hauptwort verwendet. Leider ist die Umsetzung nur schleppend, da die allgemeine Meinung ist, dass durch den männlichen Ausdruck ja auch die Frauen mitgemeint sind.

So fragt man beispielsweise in der Schule, was ein Mädchen werden möchte und sie sagt zum Beispiel "Automechaniker" und nicht "Automechanikerin". Automechaniker ist ja vielfach noch als männliches Berufsbild verankert und es ist deshalb ungewöhnlich, dass man dort die weibliche Form verwendet.

Wie ist das bei euch? Legt ihr Wert auf eine gendergerechte Sprache oder ist es euch vollkommen schnurz wie ihr angesprochen werdet oder wie ihr euch ausdruckt? Ist es euch überhaupt schon aufgefallen, dass wir in unserer Sprache größtenteils männliche Ausdrucksformen verwenden oder ist das einfach jetzt ein Hype? Wie wird das ganze sich entwickeln?

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich selbst muss sagen, dass ich es eher nervig finde, wenn ich in einem Text andauernd dieses "/in" lesen muss. Ich selbst fühle mich auch angesprochen, wenn da nur "Liebe Leser" oder "Liebe Studenten" steht, ohne ein /innen dahinter. Gerade bei längeren Texten ist das so, weil ich beim Lesen dann immer eine kurze Pause beim Schrägstrich mache, es nimmt einen da also ziemlich raus.

Andererseits steckt dahinter ja durchaus auch ein Sinn. Denn wer hat immerhin beschlossen, dass das Männliche der Standard sein muss? Und während sich wir Frauen auch beim männlichen Ausdruck angesprochen fühlen sollen, wäre ich ja schon neugierig, wie viele Männer sich angesprochen fühlen würden, wenn überall nur noch von Studentinnen, Arbeiterinnen und so weiter gesprochen würde. Es wurde ja meine ich versucht, auch die weiblichen Menschen mehr anzusprechen und ihnen somit mehr Sichtbarkeit zu verleihen. Das Ziel finde ich durchaus in Ordnung, nur an der Umsetzung hapert's doch etwas.

Nett fände ich es, wenn wie gesagt beides einfach ginge. Dass man also entweder Leser oder Leserinnen schreiben kann und beides als neutral gilt. Das machen beispielsweise so gut wie alle World of Darkness-Regelwerke, da wird immer von "sie" gesprochen, obwohl natürlich Jungs das Spiel genauso spielen dürfen, und das stört auch niemanden. Einen anderen Ansatz haben die Das Schwarze Auge-Regelwerke, bei denen einfach gewechselt wird, so dass vor dem Söldner dann auch die Ritterin erklärt wird. Letzterer Ansatz ist allerdings sicher nicht für alle Texte geeignet, aber immerhin ist es eine Möglichkeit, beide Geschlechter anzusprechen, ohne immer das "/in" zu verwenden.

» Kalu-chan » Beiträge: 718 » Talkpoints: 11,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Als "Notwendigkeit" im Sinne von Essen, Unterkunft und medizinischer Versorgung würde ich eine gendergerechte Sprache nicht ansehen, aber ich finde, dass wir in unserer Gesellschaft eigentlich genügend Energie und geistige Leistungsfähigkeit übrig haben (sollten), um uns auch um mangelnde Gleichberechtigung der Geschlechter in der Sprache Gedanken zu machen.

Rein vom Lesefluss her finde ich die ewigen Schrägstriche zwar auch nicht hübsch, aber vielleicht fällt einem schlauen Menschen ja auch noch eine elegantere Lösung ein, die sowohl die deutsche Grammatik als auch das Bedürfnis nach Fairness gegenüber von 50 Prozent der Bevölkerung bzw. Menschheit berücksichtigt. Wenn ich jedoch vor der Wahl stehe, die hässlichen Schrägstriche zu tolerieren oder mich mal wieder damit abzufinden, "mit gemeint" zu sein, wenn es in einer Abteilung mit 80 Prozent weiblicher Besetzung im Rundschreiben "Liebe Mitarbeiter" heißt, dann bitte Schrägstriche für mich, vielen Dank!

Ich würde es für mich auch nicht wollen, als "Sachbearbeiter", "Kunsthandwerker" oder "Leser" bezeichnet zu werden und nur die rein biologischen Gattungsbegriffe wie "Mutter" oder "Schwester" für mich beanspruchen zu können, weil es hier wirklich direkt um die Genitalien geht. Für mich ist die männliche Form nicht der Standard, weil ich kein Mann bin. Und ich gehöre auch nicht gerade einer Minderheit von vielleicht 10 Prozent der Bevölkerung an, die hier auf eine Sonderstellung pocht. Jeder zweite Mensch ist eine Frau (so ungefähr jedenfalls), und das kann sich auch gerne in der Sprache niederschlagen.

Sonst könne man mich ja gleich als Herrn Soundso bezeichnen, dann müsste man gar nicht mehr auf mein Geschlecht schauen, weil das ja so viel Mühe zu machen scheint. Umgekehrt wäre es ja auch albern, meinen männlichen Chef als "Chefin" zu bezeichnen, weil beispielsweise jemand beschließt, im eigenen Betrieb die weibliche Form als Standard anzusehen. Beides ist gleich sinnlos, und deswegen wird bei mir eben gegendert, wenn es irgendwie geht.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich muss auch gestehen, dass ich es total überzogen finde, wenn es darum geht eine männliche Sprachgewandtheit und eine weibliche Sprache zu produzieren. Alles unterliegt im Augenblick diesem Genderwahn und ich finde das für die Hoffnung auf Gleichberechtigung und der Rolle der Frau einfach nur noch lachhaft. Kommt demnächst für die Gleichberechtigung der Kids auch ein Jugend-Genderwahn?

Vom Lesefluss gesehen ist es auch nicht schön, wenn man immer Fachinformatiker/-in schreibt, aber das geht ja noch. Gibt ja viel schlimmere Genderwahnsinn Aussagen, die schriftlich getätigt werden können und ich denke einfach, dass man es auch wirklich komplett überspitzen kann. Zumal die wenigsten Frauen sich doch bewusst daran beschweren oder?

Ich jedenfalls brauche das nicht und mir ist es vollkommen egal. Ich schreibe und rede eh, wie mir der Mund gewachsen ist, da hilft auch kein Genderwahn. Ich brauche diesen generellen Mist einfach nicht und kann auch nicht verstehen, wieso man da immer so einen Affenzirkus drum macht?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich finde das überflüssig und finde auch nicht, dass es sich damit besser lesen lässt. Bei der Bundeswehr hat der Kram ebenfalls Einzug gefunden und seither wird von "der Soldat, die Soldatin" gesprochen und wenn man mal weiter ließt, dann ist das einfach nur noch Mist und vor lauter doppelter Formen in jedem Geschlecht, geht der eigentliche Inhalt schon manchmal unter. Auslöser da war keine Frau die sich beschwert hatte, sondern ein Mann und seither wurde alles umgeschrieben und hat so geschrieben zu werden. Selbst wenn man einen Befehl schriftlich diktiert oder selbst schreibt, tut das in den Augen und Fingern weh nur damit es jetzt Konform ist.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich finde das absolut nervig und kann nicht verstehen, warum man da mittlerweile so viel Wert darauf legt. Immerhin wird man nicht automatisch benachteiligt, weil man die männliche Version nimmt. Ich finde, dass da zu viel Trubel gemacht wird für nichts. Ob es nun Automechaniker heißt oder Automechanikerin, da wird sich doch niemand wirklich diskriminiert fühlen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Im Prinzip halte ich es für sehr notwendig, auch wenn es mir zugegebenermaßen durchaus auf den Geist geht. Aber Sprache hat eben große Auswirkungen auf die Wahrnehmung. Und wenn man sich dann solche lustigen Regeln der Grammatik ins Gedächtnis ruft wie, "Eine Gruppe ist immer männlich, wenn ein Mann in der Gruppe enthalten ist oder enthalten sein könnte", dann bemerkt man das Problem doch deutlich.

Denn unsere Wahrnehmung ist zusätzlich männlich geprägt. Wenn sich also auf einem Ärzte-Kongress ganz viele Ärztinnen und nur wenige Ärzte über die aktuellen Entwicklungen bei Herzoperationen austauschen, entsteht beim Leser der Berichterstattung vor dem geistigen Auge das Bild vieler Männer. Die Frauen fallen weg.

Wenn die Aufsichtsräte eine Entscheidung absegnen, sind das gefühlt Männer. Die Frauen werden nicht nur sprachlich nicht wahrgenommen. Aus den Studierenden einer Hochschule, die männlich und weiblich sind, werden nach der Regel die ausschließlich männlichen Studenten, selbst wenn die Studentinnen in der Überzahl sind.

Ich muss nicht ständig in der weiblichen Form explizit angesprochen werden. Aber die Sprache zementiert das gewohnte Bild: der Apotheker, die Apothekerkammer, aber die pharmazeutisch-technische Assistentin; der Tierarzt, die Tierärztekammer, der Bundesverband praktizierender Tierärzte, die tiermedizinische Fachangestellte; der Bäcker, die Bäckerinnung, die Bäckereifachverkäuferin.

Natürlich können Frauen und Männer alle diese Jobs machen. Aber sprachlich kommen die Frauen bei der höheren Qualifikation nicht automatisch vor. Dagegen sind die Hilfstätigkeiten im allgemeinen Sprachgebrauch weiblich. So richtig gut ist das nicht, weil es sich im Unterbewusstsein festsetzt.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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