Fernstudium als kein richtiges Studium betrachten?
Eine Freundin von mir würde gern ein Fernstudium beginnen und hat bisher auch nur ihrer Schwester davon erzählt. Die Schwester hat selbst mal einige Semester an einer Uni studiert und auch erfolgreich abgeschlossen. Daher hat meine Freundin wohl gedacht, dass es durchaus sinnvoll sein könnte, ihrer Schwester von ihrem Fernstudium zu erzählen.
Allerdings hat die Schwester wohl nicht so reagiert, wie meine Freundin erwartet hatte. Sie wurde quasi ausgelacht und ihre Schwester meinte, dass ein Fernstudium doch ein Witz sei und längst nicht als wirkliches Studium betrachtet werden könnte. Es wäre auch etwas ganz anderes, wenn man zu Vorlesungen zur Uni fahren müsste, als wenn man alles zu Hause erarbeiten würde. Sie muss das Fernstudium wohl wirklich ins Lächerliche gezogen haben.
Meine Freundin war daraufhin wirklich sehr geknickt und traurig. Sie hatte sich gerade von ihrer Schwester eher Unterstützung und auch Motivation erhofft. Nun ist sie so unsicher, dass sie doch überlegt, dass Fernstudium abzubrechen. Ich habe ihr gesagt, dass ein Fernstudium auch zählt und anerkannt wird. Sonst würden dies ja kaum so viele in Anspruch nehmen.
Könnt ihr verstehen, dass man ein Fernstudium als kein vollwertiges Studium betrachtet? Ist da wirklich etwas dran? Sollte man sich von solchen Meinungen überhaupt beeinflussen lassen?
Theoretisch kann ein Fernstudium sogar komplizierter sein. Eine Freundin von mir studiert auf diese Art und Weise auch. Sie muss aber einmal im Monat 600km zur Uni fahren und dort dann Seminare belegen und auch Prüfungen absolvieren. Also ist es nicht so, dass sie nur daheim sitzt und nichts macht. Im Gegenteil. Die bekommen dann immer Aufgaben, die bis zu einem gewissen Zeitpunkt hochgeladen werden müssen und dann werden diese natürlich auch bewertet.
Zusätzlich zu diesem Studium ist sie voll arbeiten gegangen und hatte damit eine Doppelbelastung. Studenten die "normal" studieren haben diese Doppelbelastung in der Regel nicht und wenn sie arbeiten gehen, dann sicherlich keine 40 Stunden in der Woche. Dieses Gependel einmal im Monat ist auch übel, denn da muss sie von Freitag früh bis Sonntagabend studieren und das kann man dann auch nicht als "nichts" bezeichnen.
Insofern kann ich darüber nur den Kopf schütteln. Ein normales Studium ist so gesehen viel leichter zu absolvieren. Man muss sich nur darauf konzentrieren und nicht auch noch auf eine Vollzeitstelle, bei der man ja auch Leistungen bringen muss.
Viele stellen es sich wirklich viel einfacher vor. Ein bisschen vor dem Rechner sitzen und Aufgaben erledigen und den Rest bekommt man dann geschenkt. Aber so ist das wirklich nicht.
Ich habe sowohl an einer normalen Universität als auch an einer Fernuniversität studiert. Zunächst hatte ich Vermessungstechnik in Essen studiert an der Fachhochschule. Der Abschluss war Diplom Ingenieur (FH). Einige Jahre später begann ich zu programmieren und wollte auch zum einen, dass ich vom Beruf her dafür qualifiziert bin und zum anderen wollte ich auch ein vollwertiges Diplom.
Ich weiß, dass heute die Titel von der Fachuniversität und einer Hochschule gleichgestellt sind vom Namen her. Damals gab es aber den Zusatz (FH). Heute gibt es das so nicht mehr, aber ein Arbeitgeber fragt trotzdem, wo man studiert hat. Zu Recht, wie ich meine. Der Unterschied zwischen Fachhochschule und Universität ist ja enorm. Nun war ich aber bereit voll im Beruf, und konnte es mir nicht leisten wieder an die Uni zu gehen.
So kam ich darauf an der Fernuniversität Hagen zu studieren. Vorher hatte ich mir unter Fernstudium etwas vorgestellt, das man auf der Rückseite von Frauenzeitschriften bestellen kann. Nun ja, ich wurde eines Besseren belehrt. Ich schrieb mich ein für das Fach Informatik. Und ich lernte sehr schnell, dass die Fernuni keine Uni ist, die man auf die leichte Schulter nimmt. Im Grunde ist es eine Universität wie jede andere auch. Man nimmt so ziemlich den gleichen Stoff durch.
Man macht seine Scheine und muss irgendwann seine Diplomarbeit schreiben. Man hat auch freiwillige Übungsstunden, die man in einem Studienzentrum besucht. In jeder größeren Stadt gib es so ein Studienzentrum, wo man sich zu Übungen trifft. Der einzige Unterschied ist der, dass man eben keine Vorlesungen hat, sondern diese als Script zugeschickt bekommt. Und was soll ich sagen: ich studierte eigentlich genau so wie ein Student an einer herkömmlichen Uni. Als dieser hatte ich nämlich auch nie die Vorlesungen besucht, weil ich sowieso nie verstanden hatte, was der Professor da redete, sondern arbeitet zu Hause die Skripten durch.
Es dauerte einige Jahre, bis ich dann meine Diplomarbeit schrieb, was eine sehr große Belastung für mich bedeutete über die ganzen Jahre in denen ich parallel zum Job studierte. Aber ich bekam mein Diplom, fühlte mich endlich als richtiger Akademiker und muss sagen, dass es sich auch beruflich absolut gelohnt hatte.
Man muss auch so sehen, dass nicht jeder Anbieter auch wirklich das anbietet was hinterher etwas bringt. Nicht jeder Abschluss der an einer Fernuniversität abgelegt wird, hat hinterher auch nur im Ansatz den gleichen Wert wie ein Schein der von einer Universität oder einer Fachhochschule ausgestellt worden ist. Damit kann man sich schon in die Nesseln setzen wenn man einen falschen Anbieter ausgewählt hat, der einem alles vom Himmel versprochen hat und hinterher der Zettel nur als Toilettenpapier zu gebrauchen ist, da er nicht anerkannt wird.
So muss man sich darüber im Vorfeld informieren. Im anderen Thread hatte ich es schon angesprochen, dass Absolventen der VWA im südhessischen Raum einen guten Ruf genießen. Aber an anderen Stellen z.B. in Baden Württemberg nicht vor voll genommen werden und da nicht die gleiche Wertschätzung erfahren. Bewirbt sich jemand mit einem ähnlichen Abschluss eines anderen Anbieters auf die gleiche Stelle, dann wird dieser dem VWA Absolventen vorgezogen, da hier einfach nicht die sonderlich gute Erfahrung damit gemacht wurde, einfach weil es auch innerhalb der Anbieter erhebliche Qualitätsunterschiede gibt.
Manche versprechen Abschlüsse in Berufen, Schulbildungen und anderen Dingen die hinterher voll anerkannt werden sollen. Dann setzt man sich Jahrelang hin, zahlt das Geld und steckt viel Zeit hinein und merkt hinterher, dass es nichts Wert ist. Daher kann ich wirklich nur raten, dass man sich vorher informiert wie anerkannt der Abschluss wirklich ist und welche realen Chancen man damit im Anschluss auch hat. Zeitaufwendig ist das ganze und auch der innere Schweinehund siegt bei vielen, da einfach die Motivation von außen durch Mitstudenten und Termindruck zu Vorlesungen nicht regelmäßig existiert und sehr vieles auf Selbstständigem arbeiten basiert. Das liegt nicht jedem.
Aber wenn man ein wenig nachdenkt, dann kommt man auch selbst darauf, dass ein Studium welches nur 15-20 Monate dauert sicherlich kein vollwertiges Studium ersetzt was man an einer Universität über 8 Jahre belegen muss damit man den Abschluss mit Staatsexamen in der Tasche hat. Bestenfalls ist das dann die abgespeckte Variante davon, aber wenn ein Arbeitgeber die Wahl hat, dann nimmt er lieber den vollständig ausgebildeten anstatt einen der nur einen Bruchteil davon aufweisen kann und ansonsten erhebliche Lücken aufweist. Nicht jeder Studiengang ist somit vollwertig und dem Abschuss einer Universität gleichgesetzt.
Geht es hier um dieses Tierheilpraktiker "Studium", von dem du mal geschrieben hast? Ich habe mal auf Google geschaut, was das genau ist und habe auch mehrere Anbieter gefunden. Mit einem richtigen Studium hat das nun wirklich gar nichts zu tun und ich finde den Begriff "Fernstudium" fast eine Frechheit, auf jeden Fall aber eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Aber der Begriff "Studium" ist wahrscheinlich nicht rechtlich geschützt.
Generell würde ich meine Einschätzung aber davon abhängig machen, was man für einen Abschluss bekommt, ob der Abschluss allgemein anerkannt ist und ob man damit dann auch einen Job in dem Bereich bekommen kann. Wenn das alles zutrifft kann man schon davon ausgehen, dass die Studieninhalte dem entsprechen, was man auch bei einem normalen Studium vermittelt bekommen würde.
Das Problem bei diesen Abschlüssen ist, dass nicht jeder wirklich auch etwas wert ist. Die Studienprogramme solcher Fernuniversitäten haben nicht immer die selben Inhalte und letztendlich kann man mit so einem Abschluss vielleicht nur einen Teil der Arbeit machen. Beispielsweise gab es mal oder gibt es noch, das weiß ich nicht, den Fernstudiengang Psychologie. Das allein finde ich schon, sagen wir mal, schwierig. Man kann aber mit so einem Studienabschluss dann nicht therapeutisch arbeiten, also nicht alles machen.
Ein Fernstudium ist nicht unbedingt leichter und sollte deswegen gut überlegt sein. Außerdem gibt es auch "Studiengänge" die keine sind. So kann man einige Berufe scheinbar erlernen hat dann aber einen Abschluss mit dem man nichts machen kann, weswegen ich mich vorher genau informieren würde. Die Anbieter sind da wirklich sehr unterschiedlich.
Gerade was den Fernstudiengang Psychologie angeht, habe ich auch schon häufiger gehört, dass das wohl eher ein "Witz" sein soll im Vergleich zu einem "richtigen" Präsenzstudium. Klingt aber auch logisch meiner Meinung nach, denn der Zeitaufwand ist einfach ein anderer. Dass ein Student, der da 5 Jahre Vollzeit studiert natürlich anders den Stoff lernt wie einer, der parallel zum Beruf in 20 Monaten das Studium fertig macht, sollte ja wohl klar auf der Hand liegen. Daher wäre ich da auch vorsichtiger und würde mich sehr genau vorher erkundigen. Bei manchen Arbeitgebern kommt so ein Fernstudium je nach Fach nicht besonders gut an.
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