Fehlende Motivation nach abgelehnter Vertragsverlängerung?
Viele Arbeitnehmer erhalten ja bei Neueinstellung in einen Betrieb meist nur noch einen befristeten Arbeitsvertrag und es kommt auch immer wieder mal vor, dass nach der Befristung das Arbeitsverhältnis dann auch tatsächlich wieder beendet ist. Bei befristeten Arbeitsverträgen ist ja man ja verpflichtet mindestens drei Monate vorher schon beim Arbeitsamt Meldung zu machen,weswegen viele Arbeitgeber einem die Personalentscheidung schon frühzeitig mitteilen.
Kürzlich haben wir im Bekanntenkreis darüber diskutiert ob Sebastian Vettel nun die Motivation verloren hat eine vernünftige Formel 1-Saison zu fahren, weil es schon feststeht, dass er im nächsten Jahr nicht mehr für Ferrari starten wird, oder ob es an der Leistungsfähigkeit seines Autos liegt. Er konnte im letzten Rennen nicht wirklich abliefern.
Abgesehen von der Spekulation über Sebastian Vettel haben wir dann auch alle festgestellt, dass es auch viele "normale" Arbeitnehmer gibt, deren Arbeitsmotivation tatsächlich stark abnimmt sobald klar ist, dass eine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrag bzw. die Übernahme in eine Festanstellung abgelehnt wurde. Einige der betroffenen Arbeiter lassen sich dann sogar ganz krankschreiben bzw. machen ihr Arbeit eben im Schneckentempo bzw. unordentlich / ungenau.
Ich selbst habe auch schon mehrmals die Erfahrung gemacht, keine Vertragsverlängerung zu bekommen und habe bisher trotzdem immer mit vollem Einsatz bis zum Schluss durchgezogen. In einem Unternehmen habe ich sogar mal einen ganzen Ordner mit "Arbeitsanleitungen /- weisungen" erstellt, da die restlichen zwei Mitarbeiterinnen zu wenig Einarbeitungszeit bekomme haben. In einem anderen Betrieb hab ich bis zum letzten Tag Aufgaben übernommen, die noch nicht mal meinem Arbeitsbereich zugeordnet waren, einfach um meine Kolleginnen zu unterstützen. In beiden Fällen wurde das auch sowohl von den Kollegen als auch vom Geschäftsführer registriert und auch anerkennend zur Kenntnis genommen und auch im Abschlussgespräch erwähnt. Für mich war das bisher aber immer eine Selbstverständlichkeit dass ich meine Arbeitsleistung weiterhin voll erbringe.
Wie seht ihr das, fehlt euch die Motivation weiter euer Bestes zu geben, wenn ihr bereits wisst, dass nach wenigen Wochen das Arbeitsverhältnis beendet sein wird? Könnt ihr verstehen wenn man in einer solchen Situation dann nicht mehr Vollgas gibt bzw sogar "blau" macht? Welches Verhalten erlebt ihr überwiegend diesbezüglich in eurem Umfeld?
Ich kann schon verstehen, dass man dann auch sehr frustriert ist und vielleicht keinen Bock mehr hat. Aus verschiedenen Gründen ist das aber dennoch nicht so clever dann keine Leistung mehr zu bringen. Ein Grund ist sicherlich, dass man doch ein vernünftiges Arbeitszeugnis haben will und da nun mal auch die letzte Zeit bewertet wird und da die näher dran liegt, kann man sich da eventuell einen ganz schönen Schaden einfahren.
Es kann aber auch sein, dass der Arbeitgeber einfach gerade in einem Engpass ist und Leute zu viel hat, die er dann später wieder einstellen könnte. Daher macht es Sinn mit einem positiven Eindruck die Firma zu verlassen, auch weil man damit vielleicht auch Kontakte zu anderen Firmen herstellen kann. Ich habe daher bis zum Schluss immer gut gearbeitet.
Ich hätte ehrlich gesagt wohl auch keine Lust darauf, bis zum letzten Arbeitstag vollen Einsatz zu zeigen. Wem nützt das denn noch? Ich kenne so viele befristet angestellte Leute und war selber auch schon in der Position, dass ich das zugrundeliegende System als zutiefst zynisch ansehe. Auch mir wurde schon vorgelogen, dass ich vielleicht dauerhaft übernommen werde, wenn ich mich ganz fest ins Zeug lege, obwohl praktisch von Anfang an klar war: Die Frau Gerbera setzen wir nach zwei Jahren wieder auf die Straße und holen uns die nächste Berufsanfängerin, die dringend Geld braucht.
Und dafür soll ich mich dann auch noch abrackern und mir am Ende noch toll vorkommen? Ich habe schwarz auf weiß, dass meine Person und Arbeitsleistung nicht länger erwünscht ist, und dennoch sorge ich noch für Gewinnmaximierung, ehe ich auf der Straße stehe? Ich halte mich zwar durchaus für eine halbwegs brauchbare und gewissenhafte Arbeitnehmerin, aber diesen sinnlosen Perfektionismus und von außen aufgezwungenen Leistungsdruck kann ich nicht gutheißen. Ich mache meinen Job ganz gut, damit das Geld nicht versiegt, und wenn ein Ende des Geldsegens in Sicht ist, versiegt auch meine Arbeitsmotivation allmählich.
Anders wäre es wohl nur in Branchen, wo Festanstellungen die absolute Ausnahme darstellen. Schauspieler beispielsweise, die am Ende der Tournee die Zügel schleifen lassen, würden sich nur ins eigene Fleisch schneiden. Aber als 08/15 Bürokraft werde ich so oder so im Zweifelsfall ersetzt.
Mich wundert das eigentlich eher, wenn jemand noch "sein Bestes" gibt, obwohl er weiß, dass er nicht verlängert wird. Warum sollte man das tun? Wenn man eh weiß, dass man nicht länger gewünscht ist, dann macht es aus meiner Sicht nicht viel Sinn, sich da noch übermäßig zu engagieren. Und wegen dem Arbeitszeugnis - na ja, das braucht man eigentlich nie. Ich musste noch nie bei einer Bewerbung ein Arbeitszeugnis vorlegen. Wenn ich eins bekommen habe bei einer Stelle, verschwand das in irgendeiner Schublade und ward nicht mehr gesehen.
Generell denke ich, dass niemand ständig "sein Bestes" geben sollte. Ich glaube, solche Menschen landen irgendwann in der Burnout-Klinik. Man sollte sich bemühen, ja, aber nicht ausbeuten lassen. Und wenn das, was man zu geben bereit ist, nicht reicht und man nicht verlängert wird, dann würde ich mich da auch nicht mehr groß bemühen. Sich mehrere Wochen krankschreiben zu lassen wäre auch eine Idee, aber da sehe ich das Problem, dass viele Ärzte knausrig mit Krankschreibungen sind. Da muss man entweder einen sehr netten Arzt haben oder eine Grunderkrankung, die eine solche lange Krankschreibung rechtfertigt.
Ich war auch schon einmal in einer solchen Situation, wobei ich zum Schluss sogar nur noch mehr Power gegeben habe. Mir hat die Arbeit an sich großen Spaß gemacht und ich wusste, dass die fehlende Vertragsverlängerung nichts damit zu tun hatte, dass ich nicht mehr gewollt wurde. Stattdessen war es so, dass die Firma in eine andere Stadt gezogen ist, viele hunderte Kilometer weit weg vom alten Standort. Zudem sollte es dann zeitgleich einen neuen Geschäftsführer geben. Nach vorherigen Gesprächen bekamen die Mitarbeiter, die sich nicht vorstellen konnten mit umzuziehen, einen befristeten Vertrag oder eben keine Verlängerung.
Letztendlich hatte ich meine Arbeit bis zum Schluss sehr gerne gemacht und bekam zum Abschluss ein überwältigendes Feedback von Kollegen und Chefs, die diese Motivation sehr wertschätzten. Außerdem war mein Arbeitszeugnis dementsprechend auch sehr gut und hat mir dann später auch sehr weitergeholfen.
Unter anderen Umständen kann ich es aber schon verstehen, dass die Motivation dann nachlässt. Vor allem dann, wenn man weiß, dass man nicht gut genug ist, nicht genug gemocht wird oder einfach nur ersetzt werden will, ist das natürlich blöd. Gut gelaunt würde ich dann wahrscheinlich auch nicht zur Arbeit gehen. Allerdings bringt es dann ja auch nichts, mit der Leistung nachzulassen. Das würde sich ja direkt aufs Arbeitszeugnis auswirken. Und erfahrungsgemäß werden ja gerade die letzten Leistungen im Arbeitszeugnis berücksichtigt. Da kann man sich schon ehr ins eigene Fleisch schneiden, wenn man nicht wie gewohnt arbeitet.
Ich habe einmal das Spielchen mitgespielt, dass ich mich auf eine nicht wirklich gut bezahlte "Praktikumsstelle" eingelassen habe mit der Aussicht auf einen richtigen Arbeitsvertrag. Ich habe die gleiche Arbeit gemacht wie die Kollegen, die wesentlich mehr verdient haben als ich und wie das bei diesem Spielchen halt immer läuft habe ich natürlich keinen Arbeitsvertrag bekommen sondern wurde durch die nächste Praktikantin ersetzt.
Das hatte "betriebliche Gründe" und lag nicht an mir, wie man mir versichert hat. Was genau diese "betrieblichen Gründe" sind? Ganz einfach, wenn du ein Team aus mehreren Mitarbeitern hast kannst du es dir leisten ständig ein Mitglied zu haben, das eingearbeitet werden muss. Spart auf die Dauer viel Geld. Und da man als gut qualifizierter Arbeitssuchender darauf natürlich keinen Bock hat wird man damit geködert, dass ein regulärer Vertrag in Aussicht gestellt wird.
Habe ich unter diesen Umständen mehr gearbeitet als absolut nötig war nachdem mir klar wurde was da für ein Spielchen gespielt wird? Natürlich nicht. Warum sollte ich meine Energie für einen Arbeitgeber verschwenden, der so mit seinen Mitarbeitern umgeht? Und hatte ich plötzlich sehr viele Vorstellungsgespräche, für die ich eine Freistellung in Anspruch genommen haben? Aber sicher doch.
Ich mache meinen Job wirklich sehr gerne und wenn ich von mir aus den Job gewechselt habe, habe ich immer geschaut, dass ich kein Chaos hinterlasse und, dass es der Nachfolger möglichst einfach hat und der ganze Wechsel eben möglichst reibungslos abläuft. Aber wer von mir fair behandelt werden will muss auch bereit sein mich fair zu behandeln.
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