Familienfeste meiden - Eigenschaft von Psychopathen?
Vor kurzem habe ich das Buch des berühmten Neurowissenschaftlers James Fallon gelesen. Dieser beschäftigt sich mit den Gehirnen von Psychopathen und hat dabei zufällig entdeckt, dass er selbst ebenfalls die Merkmale eines Psychopathen hat, ohne das diese jemals auffällig geworden wären. Seitdem hat er bestimmte Theorien aufgestellt die aufzeigen sollen, wann ein Psychopath gefährlich werden kann und wann nicht. Oft ist es so, dass Psychopathen erst nach einer Misshandlung zu dem werden, was wir aus vielen Filmen und Krimis kennen.
Fallon hat sich am Ende dann auch mit dem Thema beschäftigt, ob seine Familie etwas von seinem außergewöhnlichen Gehirn mitbekommen hat und die Antwort war ja. Viele Familienmitglieder meinten, dass er ihnen merkwürdig vorgekommen wäre, weil er beispielsweise gerne Familienfeste gemieden hatte. Das würde natürlich schon einen Mangel an Empathie erfordern und dieser wurde ihm nachgesagt.
Mich selbst hat dieser Aspekt überrascht, weil ich ehrlich gesagt auch nicht gerne auf Familienfeste gehe. Vielleicht hat das auch damit zu tun, wie die Verwandtschaft so zusammen gesetzt ist. Ich habe in meiner Familie auch Leute, die ich nicht so gerne mag und wo ich manchmal das Gefühl habe, dass sie nur zu Familienfesten kommen, damit sie andere kritisieren können und mit ihren Urlaubsfotos und dergleichen angeben können.
Hinzu kommt aber auch, dass ich viele Familienmitglieder länger nicht mehr gesehen habe, da die meisten im Ausland wohnen und das hat auch dazu geführt, dass ich nicht so ein großes Bedürfnis habe sie wiederzusehen, wenn es um Hochzeiten, Taufen und Kommunionen oder so geht. Aber bin ich deswegen weniger empathisch und kann das möglicherweise direkt schon dazu führen, dass auch mein Gehirn bei einem fMRT (funktionelle Magnetresonanztomographie) Auffälligkeiten zeigen würde, die dem eines Psychopathen ähnlich sind?
Geht ihr gerne auf Familienfeste und wenn nicht, was verbindet ihr damit? Denkt ihr, dass Menschen die Familienfeste eher meiden weniger Empathie besitzen und somit möglicherweise ''gutartige'' Psychopathen sind oder würdet ihr das nicht so interpretieren? Mögt ihr Menschen aus eurer Familie weniger, die seltener auf Familienfesten sind?
Das Buch scheint wirklich interessant zu sein. Du hast ja jetzt schon mehrere Themen dazu eröffnet und es klingt wirklich spannend. Aber meiner Meinung nach machst du hier gerade einen Denkfehler. Die Theorie funktioniert allerhöchstens in die eine Richtung.
Psychopathen gehen nicht gerne auf Familienfeiern. Das mag sein, dass das auf die meisten Psychopathen zutrifft, wobei ich mir auch vorstellen könnte, dass der eine oder andere dennoch aus irgendeinem Grund gerne hingeht. Und sei es nur, um sich im Stillen zu überlegen, wie er seine Verwandten umbringen könnte. Davon bekommen die Verwandten aber nichts mit und halten ihn für einen geselligen Menschen.
Aber in die andere Richtung funktioniert es nicht. Nicht jeder, der ungern auf Familienfeste geht, ist ein Psychopath. Denn es gibt eine Millionen Gründe, warum man solche Feiern lieber meiden möchte. Allen voran die seltsame Verwandtschaft. Oder man hat das Gefühl, die sind alle erfolgreich, man selber nicht. Oder die sind alle arrogant und sehen auf einen herab. Oder man verträgt die Lautstärke nicht. Oder man ist verliebt in die Cousine und jedes Mal traurig, nachdem man sie wiedergesehen hat.
Dass der Autor nicht gerne auf Familienfeiern geht, ist doch auch ein ganz kleiner Teil seiner Persönlichkeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass seine Familie nicht mehr Beispiele aufgezählt hat. Um jemanden als empathielos zu bezeichnen, finde ich das ein sehr schwaches Indiz. Für so ein Urteil braucht man schon mehr.
Ich finde solche Theorien wirklich nicht gerade schlau. Immerhin wird unsere Gehirnentwicklung durch Erlebnisse beeinflusst. Das heißt man muss nicht misshandelt werden um ein Täter zu werden und man muss auch nicht unbedingt schlimme Dinge erlebt haben um immer sofort auf die selbe Art und Weise zu reagieren.
Ich finde man kann das ein bisschen mit Musik hören vergleichen. Bei dem einen ist das vielleicht so, dass er gleich mitsingt und der andere Mensch tanzt vielleicht mit, ein wiederum anderer hört einfach zu. Gehirn mäßig kann da aber alles gleich sein oder eben anders. Natürlich gibt es diese Gleichheiten im Gehirn, aber das entwickelt sich eben und man ist nicht automatisch unempathisch, wenn man seine Verwandten nicht gerne besucht.
Ich bin ein Familienfeierhasser und ich stehe dazu. Mein Kumpel beispielsweise hat seine Verwandten bis auf seine Eltern und seine Schwester schon seit vielen Jahren nicht mehr gesehen und er ist ein sehr emphatischer und netter Mensch. Das hat damit absolut nichts zu tun, wie ich finde. Irgendwann hat man auch mal gedacht, dass es ein Serienmördergen geben würde oder ein Serienmördergehirn, so einfach ist das aber nicht.
Ich würde mich selbst als sehr empathisch bezeichnen, dennoch gehe ich nicht immer gerne auf Familienfeste. Das liegt aber nicht daran, dass ich ein Psychopath bin, so würde ich mich nicht bezeichnen. Das liegt eher daran, weil auf manchen Familienfeiern eben auch viel getrunken wird und ich meide grundsätzlich Gelegenheiten, wo zu viel Alkohol getrunken wird.
So hat meine Cousine letztes Jahr geheiratet, aber es wurde viel Alkohol getrunken, sodass ich nicht hin gegangen bin. Ich hasse solche Gelegenheiten einfach, weil ich schlechte Erfahrungen mit Betrunkenen gemacht habe, die ihre Grenzen nicht kennen und hinterher andere belästigen und sich total daneben benehmen. Mir machen Betrunkene Menschen ab einem gewissen Grad große Angst, daher meide ich solche Gelegenheiten, auch weil man auf Hochzeiten nicht jeden kennen kann.
Wenn ich allerdings weiß, dass definitiv nicht getrunken wird, gehe ich gerne auf Familienfeste. Da weiß man wenigstens, dass sich die Anwesenden auch benehmen werden können.
Ich finde die logische Überlegung von Bienenkönigin hier interessant. Ich wollte nämlich auch gerade sagen, dass ich sehr empathisch bin, und nicht so auf Familienfeiern stehe. Vielleicht kommt das noch mal, sollte ich eine eigene Familie bilden, dann könnte ich es mir angenehmer vorstellen.
Ein Freund zum Beispiel ist manchmal so wenig empathisch, dass es mich total verwundert. Ich denke allerdings auch häufig, dass es im Innern irgendwie doch noch anders aussehen muss bei ihm. Vielleicht ist das aber auch nur eine Hoffnung von mir. Er geht jedenfalls öfters mal zu Familienfeiern.
An so einem einzelnen Symptom ein Krankheitsbild fest zu machen, ist sicher falsch. Es kann so viel Gründe geben, warum man nicht auf Familienfeiern gehen mag. Geht man da generell nicht gerne hin? Oder zum Beispiel auf Feste der Schwiegerfamilie gerne und auf Feste der Stammfamilie nicht gerne? Das kann alles schon unterschiedliche Ursachen haben.
Und wann ist jemand ein Psychopath? Welche psychische Schädigung fällt da eigentlich darunter? Es gibt ja auch Leute, die ich als Laie für Psychopathen halten würde, die ihre Tat gerade auf einem Familienfest verübt haben. Über zig Ecken der Bekanntschaft habe ich mal von einem Fall gehört, da hat einer der Verwandten die Spiritusflasche auf den heißen Grill geworfen, als gerade viele Kinder und Verwandte um den Grill versammelt waren und so einen großen Teil seiner Verwandtschaft ausgelöscht. Wenn Psychopathen nicht auf Familienfeiern gehen würden, könnte so etwas ja eigentlich nicht passieren, oder?
Und wenn man jeden Menschen bei einem Psychologen oder Psychiater gründlich durchleuchten würde, dann hätten vermutlich sehr viele irgend welche krankhaften Anlagen in mehr oder weniger starker Ausprägung. Aber letztlich kommen dann immer noch eine ganze Menge Faktoren dazu und eventuelle Auslöser, ohne die ein Mensch nicht das wird, was er dann letztlich wird. Psychologie ist eben reichlich kompliziert.
Übrigens gibt es doch auch Abstufungen. Es gibt ja nicht nur total empathische Menschen und Psychopathen. Zwischen "gefühlsdusselig" und "eiskalt" gibt es noch ganz viel. Wenn man also nicht gerne zu Familienfeiern geht, weil einem das zu viel sentimentales Rumheulen beinhaltet, ist das vielleicht etwas gefühllos, aber dadurch wird man nicht gleich zum Psychopathen und hat gar keine Gefühle und Empathiefähigkeit.
Manche sagen jetzt beispielsweise auch bei den Flugzeugabsturz mit 150 Toten, dass es ihnen egal ist und sie nicht ständig die immer gleichen Berichte dazu im Fernsehen sehen wollen. Klingt auch erst mal gefühllos. Aber wenn man bedenkt, wie viele Menschen tagtäglich weltweit sterben, sind 150 wirklich nicht viel. Und gleichzeitig kümmern sich diese Menschen vielleicht aufopferungsvoll um ihre kranke Mutter oder um ölverschmierte Pinguine.
Es gibt unendliche viele Bereiche, in denen man Empathie zeigen kann. Ich glaube, keiner kann es sich erlauben, in jedem Bereich 100 % zu geben. Dann wäre man ziemlich schnell leer und ausgepumpt. Dann ist einem halt die durch Blutsverwandtschaft gegebene Verwandtschaft egal, aber das heißt noch nicht viel. Denn es gibt unendlich viel mehr im Leben.
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Unangenehm, wenn Chips Knoblauch-Aroma haben? 658mal aufgerufen · 5 Antworten · Autor: Prinzessin_90 · Letzter Beitrag von Wibbeldribbel
Forum: Essen & Trinken
- Unangenehm, wenn Chips Knoblauch-Aroma haben?
- Oberflächliche Bekannte, die einem etwas verkaufen wollen 1246mal aufgerufen · 11 Antworten · Autor: celles · Letzter Beitrag von Gorgen_
Forum: Freizeit & Lifestyle
- Oberflächliche Bekannte, die einem etwas verkaufen wollen
- Kind bekommt von Mutter nur Toastbrot - noch normal? 554mal aufgerufen · 9 Antworten · Autor: Ramones · Letzter Beitrag von Wibbeldribbel
Forum: Familie & Kinder
- Kind bekommt von Mutter nur Toastbrot - noch normal?
- Palmen Pflanzen - brauche Tipp / Empfehlung 1129mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Triops · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Palmen Pflanzen - brauche Tipp / Empfehlung
- Gartenbambus im Treppenhaus überwintern? 1180mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: ZappHamZ · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Gartenbambus im Treppenhaus überwintern?