Familienerinnerungen verkaufen - Hinweis auf Psychopathie?

vom 01.12.2014, 10:20 Uhr

Bei einer Bekannten von mir hat sich vor kurzem etwas ereignet, was sie schwer getroffen hat. Sie ist schon vor wenigen Jahren von zu Hause ausgezogen, da sie studiert, ihr Bruder wohnt jedoch noch bei seinen Eltern und macht eine Ausbildung. Leider ist es da auch so, dass er immer wieder Probleme macht und sich häufiger verschuldet. Immer wieder kauft er Dinge, obwohl er kein Geld auf dem Konto hat und nimmt Kredite auf, die er nicht mehr abbezahlen kann. Auch für den Kauf seines Autos hat er sich hoch verschuldet und hat es nur wenige Monate später bei einem Unfall kaputt gefahren.

Nun keine zwei Monate nach diesem Vorfall hat er auf einmal wieder ein neues Auto und verkündete seiner Mutter, er hätte alle Schulden abbezahlt. Die Mutter war zwar überrascht, gab jedoch nicht viel auf seine Aussage, da sie seine Schulden nicht mehr im Blick hat und nicht mehr überprüfen kann. Früher kamen die Briefe wenigstens noch an ihre Adresse, inzwischen aber hat er sich ein Postfach anschaffen lassen, damit die Familie nichts über seine Machenschaften erfährt.

Nur wenige Tage darauf bemerkte die Mutter, dass ihr Goldschmuck fehlte. Sie schätzt den Wert auf insgesamt 2000 Euro und der Schmuck hatte nicht nur materiellen Wert. Es war Goldschmuck dabei, den meine Bekannte zu ihrer Geburt bekommen und als Baby und Kleinkind getragen hat. Der Schmuck war in einer kleinen separaten Kiste in einer größeren Aufbewahrungsbox aufbewahrt worden und die kleine Schmuckkiste fehlte komplett. Dort befand sich auch das kleine Plastikbändchen, was meine Bekannte bei ihrer Geburt im Krankenhaus bekommen hat.

Das Bändchen des Bruders war jedoch noch in der Kiste. Er selbst gab zu, dass er den Schmuck gestohlen und verkauft habe und das Bändchen habe er weggeworfen. Meine Bekannte war schon sehr geschockt von diesem Ereignis und wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Sie versteht nicht, warum ihr Bruder ihr Bändchen nicht wenigstens herausgenommen und es neben seines gelegt hat. Dieses hatte für sie und ihre Mutter die größte emotionale Bedeutung und sie versteht nicht, wie ihr Bruder es einfach entsorgen konnte.

Auch der Schmuck hatte natürlich emotionale Bedeutung für die beiden, es handelt sich ja nicht um etwas wertloses. Sie hätte die Kettchen sicherlich auch ihrer eigenen Tochter gegeben, wenn diese geboren worden wäre und so hat sie nun nichts. Bereits vorher gab es Ereignisse in ihrem Leben, in denen sie bemerkt hatte, dass ihr Bruder keine emotionalen Regungen zeigte, wenn andere betroffen, traurig oder fröhlich waren. Ihr Bruder machte meist einen neutralen Eindruck und vieles war ihm egal.

Nach dieser Tat nun ist sie überzeugt davon, dass ihr Bruder die Züge eines Psychopathen aufweist. Sie schätzt ihn nicht als krankhaft oder gefährlich ein, glaubt aber, dass ihr Bruder die Emotionen anderer Menschen nicht nachempfinden kann und damit eben ein Stück weit anders ist, als gesunde Menschen. Wie schätzt ihr die Situation ein, denkt ihr auch, dass es sich bei ihrem Bruder um jemanden handeln könnte, der psychopathische Züge aufweist. Insgesamt sollen ca 15% der Bevölkerung Psychopathen sein, allerdings bleibt es bei vielen unentdeckt und damit auch komplett ungefährlich. Bei einigen fällt es aber schon auf und erschwert dann auch das Zusammenleben.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich verstehe die emotionale Bindung an Gegenstände auch nicht wirklich und bewahre aus sentimentalen Gründen keine Gegenstände auf, die objektiv betrachtet Müll sind. Und wenn es einen sehr wichtigen Grund geben würde, würde ich mir auch überlegen den geerbten Schmuck zu verkaufen, der jetzt eh nur in einem Bankschließfach liegt. Muss ich mir jetzt auch Sorgen machen, dass ein Hobbypsychologe daher kommt und mich als krank bezeichnet?

Der Unterschied zwischen mir und deinem Bekannten ist nur, dass ich diese Entscheidung nur für mich selber treffe und nicht für andere und, dass ich nicht kriminell bin. Ich verstehe eh nicht, warum der Typ nicht angezeigt wurde, statt hobbypsychologisch rum zu analysieren wäre ich zur Polizei gegangen und hätte den Diebstahl angezeigt, vielleicht begreift er ja, dass er sein Leben in den Griff bekommen muss, wenn ihn die Polizei mitnimmt.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Wenn man sich die Definition des "Psychopathen" anschaut dann könnte deine Vermutung schon zutreffen. Ich glaube aber dieser Zeitgenosse ist schlicht kriminell, wer seine Angehörigen bestiehlt hat meine Achtung und den Respekt verloren. Das ist einfach das Niederträchtigste was es gibt.

Ich vermute einmal dass einfach die massiven Geldprobleme der Grund für diesen Diebstahl gewesen sind. Es soll ja auch unangenehmere Zeitgenossen als Banken geben die ihre Schulden mit sehr viel Nachdruck eintreiben können. Dass das Bändchen mitgenommen wurde war vermutlich nicht beabsichtigt. Da wurde die Kiste mit ein paar schnellen Griffen leer geräumt und es befand sich zufällig später mit dabei. Ich glaube auch ein Dieb des Familienschmuckes kann ein schlechtes Gewissen haben und möchte nicht mehr daran erinnert werden. Für mich wäre es dann die logische Folge dass das Geburts-Bändchen schnell entsorgt wurde ohne weiter darüber nachzudenken.

Leider gibt es wirklich Zeitgenossen die keinerlei emotionale Bindungen an die Familie und geerbte Gegenstände haben beziehungsweise so etwas nicht für wichtig halten. Das ist in den meisten Fällen durchaus in Ordnung. Gerade junge Menschen machen sich darüber nicht viel Gedanken, die Erkenntnis dass das vielleicht doch anders sein könnte kommt meistens erst in reiferen Jahren. Mir ging es da auch nicht anders. Als wir die Wohnung meiner Großeltern ausräumten wollte ich davon nichts haben, jetzt hätte ich gerne zumindest ein paar Fotoalben. Auch mein Spielzeug was ich irgendwann weggegeben habe würde ich zumindest in überschaubarer Menge gerne wieder haben. Auch meine Tagebücher von damals die in einem sentimentalen Anflug verbrannt wurden hätte ich gerne wieder. Ich könnte da noch einiges aufzählen, aber vorbei ist vorbei.

Um noch einmal auf den Psychopathen zurück zu kommen, es gibt auch ein Krankheitsbild wo wirklich im Gehirn die Verknüpfungen für diese emotionalen Dinge fehlen beziehungsweise diese nicht besonders stark ausgeprägt sind. Ich weiß jetzt aber nicht wie das heißt und es ist auch nicht gefährlich, aber es macht im zwischenmenschlichen Umgang schon ein paar Probleme. Meine Ex-Kollegin hat so einen Mann geheiratet und manchmal ist sie schon ganz verzweifelt. Zum Beispiel ist er gegenüber den Kindern völlig kalt und er muss gezwungen werden sie in die Arme zu nehmen oder er analysiert einmal im Jahr ob sich das Zusammenleben noch lohnt. Ziemlich hart, oder?

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich hatte ja in deinem anderen Thread schon den Verdacht geäußert, dass der junge Mann einfach nur Geldprobleme hat. Hier sehe ich sie bestätigt und das hat wohl kaum etwas damit zu tun, dass man ihn als Psychopathen bezeichnen kann. Die Ursachen in seinem Verhalten liegen wohl eher darin, dass er nicht mit Geld umgehen kann. Entweder hat er es nie gelernt oder kommt nicht damit klar, dass er nun in der Ausbildung mehr Geld zur Verfügung hat als er gewohnt war.

Immerhin wäre er nicht der erste Mensch, der dann den Überblick über die Einnahmen und Ausgaben verliert. Dass aber hier die Eltern auch einfach nur die Augen schließen, lässt schon tief blicken. Gerade, wenn es schon so weit ist, dass er sich einen Weg gesucht hat, dass die Schulden verheimlicht werden können, gibt mir zu denken.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich war nun eben gerade verwirrt, ob du wirklich Psychopath oder eher Soziopath meinst, wenn du in bestimmten Symptomen von der betreffenden Person sprichst. Denn ein Psychopath muss nicht zwangsläufig anderen Menschen etwas schlechtes tun, ein Soziopath aber schon. Ein Psychopath ist einfach ein psychisch kranker Mensch. Der Begriff setzt sich aus dem Begriff "Psycho" was so viel heißt wie Seele und "Path" was krank bedeutet, zusammen.

Ein Psychopath ist damit ein seelisch kranker Mensch. Ein Soziopath ist jemand, der kein Einfühlungsvermögen hat und sich nicht über die Folgen des Handelns bewusst ist. Nachzulesen ist es hier und besonders passend finde ich hier die dissoziale Persönlichkeitsstörung, die ebenfalls genau in dem Artikel beschrieben wird.

Man kann nichts anderes tun, als den Menschen in die Therapie zu schicken, wobei ich denke, dass Psychosen schwer therapiert werden können. Bei der Psychose verliert ein Mensch nämlich komplett den Bezug zur Realität. Er ist sich also nicht darüber bewusst, dass mit ihm etwas nicht stimmt, so wie es bei der Neurose der Fall ist.

Es kann aber wirklich sein, dass er einfach nur Geldprobleme hat, wie Punktedieb schon geschildert hat und sich vielleicht keinen anderen Ausweg mehr sieht, als gewisse Dinge zu verscherbeln, die Geld einbringen. Was das dann für Dinge sind, scheint da keine große Rolle mehr zu spielen, wenn man aus dem Schuldenberg heraus kommen möchte.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

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