Fahrrad fahren abhängig von Bildungsstand?

vom 23.10.2016, 19:03 Uhr

Ich habe vor kurzem einen interessanten Vortrag gehört. Jemand stellte seine Dissertation vor, in der es um die Häufigkeit von Fahrrad fahren ging in abhängig von Bildungsstand und Migrationshintergrund. Der Redner will dann herausgefunden haben, dass es sehr stark von der Schulform und damit von der Bildung abhängig war, ob die Schüler mit dem Rad zur Schule gekommen sind oder auf anderem Wege. So stellte er die These auf, dass (zumindest für sein Untersuchungsgebiet) überdurchschnittlich viele Gymnasiasten mit dem Fahrrad zur Schule gekommen sind, während die Grundschüler und Hauptschüler am wenigsten hierbei vertreten waren.

Was mir so ein bisschen dabei gefehlt hat, war die Distanz bzw. das Einzugsgebiet. So weiß ich gar nicht, wie weit die Schüler des Gymnasiums zur Schule radeln mussten. Auch das Alter der Schüler fehlte mir so ein bisschen. Vielleicht hat er es auch erwähnt, nur ich habe es wieder vergessen, das kann auch sein. Wenn die Schule nur 1-2km entfernt ist, ergibt es ja durchaus Sinn, das Kind mit dem Rad zur Schule fahren zu lassen, aber bei 15km oder was, gerade bei ländlichen Regionen, würde das doch kein Schüler machen, egal ob Gymnasium oder nicht.

Auch spielt das Alter dabei eine Rolle. In der Oberstufe im Gymnasium kamen viele Schüler dann mit dem Auto zur Schule als diese dann offiziell mit 18 alleine fahren durften. Wie seht ihr das? Ist die Häufigkeit der Fahrradnutzung abhängig vom Bildungsstand? Oder ist das Nonsens?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich finde diese Studie auf jeden Fall schwachsinnig. Wie du schon erkannt hast spielen hier mehrere Faktoren eine Rolle, die scheinbar einfach nicht bedacht wurden. Ein Grundschulkind würde ich beispielsweise in gar keinem Fall mit einem Rad fahren lassen, weil das zu unsicher ist und ich es lieber selber fahre oder begleite.

Ansonsten denke ich auch, dass die Entfernung eine Rolle spielt. In die Regelschule konnte ich beispielsweise bequem laufen also wozu mit dem Rad fahren? Später war ich dann aber so weit weg vom Gymnasium, das ich einen Bus nehmen musste, weil ich das mit dem Rad nicht gepackt hätte.

Die Kilometer spielen also eine Rolle, ebenso wie der Gesundheitszustand und auch die Vorbildfunktion der Eltern. Letztendlich spielt aber auch eine Rolle, was man sich leisten kann oder die Eltern leisten können. Am Bildungsstand kann man das also nicht fest machen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich finde das wenig Aussagekräftig. Denn es wurde dabei nicht berücksichtigt, ob man das ganze mit dem Rad auch erreichen kann oder auf andere Verkehrsmittel angewiesen ist. Es wird kaum ein Schüler morgens und abends 30 Kilometer mit dem Rad zur Schule fahren, dagegen jemand der nur einen Weg von 2 Kilometer hat schon eher.

Warum man ein Grundschulkind lieber selbst fährt und nicht fahren lassen würde erschließt sich mir nicht. Es ist albern wenn Helikoptermütter ihre Kinder dauerhaft zur Schule fahren und auch wieder abholen. Das ist sogar weit aus gefährlicher, als wenn die Kinder alleine zur Schule gehen oder mit dem Rad fahren. Einfach nur durch das Parken in zweiter Reihe welches durch dieses Gedränge entsteht, da es nicht nur eine Mutter ist sondern zu viele. Mit Mutti an der Hand in die Schule laufen?

Wunderbar, macht man sich direkt zum Opfer und Baby, könnte ich ebenfalls darauf verzichten. Man muss seinem Kind auch etwas zutrauen und mit 6-10 Jahren ist ein Kind durchaus soweit, dass es Selbstständig etwas machen kann wie den Schulweg begleiten und braucht nicht Mutti an der Hand. Mutti muss dann aber auch viel Zeit haben und kann wohl kaum arbeiten, wenn man morgens das Kind hinführen muss und um 11 oder 13 Uhr schon wieder abholen muss. Trauerspiel solch eine Einstellung und längst überholt.

Ich konnte zu keiner Schule bequem mit dem Rad fahren. Grundschule lag 15 Kilometer entfernt über zwei große Berge hinweg mit 30% Steigung. Mit dem Rad brauchte man dafür 3-4 Stunden für einen einfachen Weg. Realschule ebenfalls gleiches spiel in die andere Richtung. Öffentliche Verkehrsmittel gab es nicht und ohnehin musste man erst einmal 6 Kilometer laufen oder mit dem Rad fahren zur nächsten Haltestelle, welches ich auch meine komplette Schulzeit durch gemacht habe. Je nach Wetterlage mit dem Rad oder zu Fuß.

Aber sicherlich bin ich dadurch nicht dümmer oder schlauer geworden. Und meine Eltern waren sicherlich kein Vorbild dafür, sie sind wunderbar mit dem Auto gefahren und nie mit dem Rad zur nächsten Haltestelle damit auch das kompletter Quatsch. Not macht erfinderisch und nachdem wir nicht alles in den Hintern gesteckt bekommen hatten, keine Helikopter Mutti uns jeden Tag zur Schule fährt und wieder abholt musste man selbstständig zusehen wie man zur Schule kommt. Alleine das hat vielleicht zur Intelligenz etwas beigetragen, da man sich selbst einen Lösungsansatz erarbeiten musste wie man zur Schule kommt und man nicht alles vorgekaut bekommen hat.

Mit 18 und Auto war zwar eine nette Idee aber von der Schule untersagt. Es gab keine Parkplätze am Schulgelände für Schüler und somit wurde das generell untersagt. Der nächste öffentliche Parkplatz war 4 Kilometer entfernt während die Haltestelle direkt vor der Tür war. Eine Anbindung zwischen Parkplatz und Schule gab es nicht, folge war Laufen. Daher sind alle weiterhin mit dem Bus und Zug angekommen und nicht mit dem Auto. Wer meinte sich auf die Lehrerparkplätze stellen zu müssen, hatte nach Unterrichtsschluss kein Fahrzeug dort mehr stehen da diese direkt abgeschleppt wurden, was die Schulleitung veranlasst hat.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Ist ja immer sehr amüsant zu lesen, wenn Menschen, die vermutlich keine Ahnung von Wissenschaft haben, Studien als Schwachsinn abtun. Mit welcher Selbstverständlichkeit so etwas geäußert wird, als könnte man das als Nicht-Wissenschaftler beurteilen. Es hat sich in den meisten korrelationsanalytischen Studien längst durchgesetzt, dass Kontrollvariablen erhoben und gegebenenfalls auspartialisiert werden. Das wäre hier vielleicht das Alter, die Entfernung zu Schule usw. Man kann davon ausgehen, wenn da eine wirkliche Hochschulstudie war, dass das beachtet wurde.

Ich bin jedenfalls entweder zur Schule gelaufen oder zur weiterführenden Schule mit dem Bus gefahren. Es ist aber auch mehrfach passiert, dass ich den Bus verpasst habe, weil ich verschlafen hatte. Da habe ich mich dann von meiner Großtante fahren lassen. Und wenn meine Mutter Zeit hatte, hat sie mich gefahren. Das ist natürlich bequemer als mit dem Bus zu fahren und dann noch ein Stück laufen zu müssen.

Man muss sich das Leben ja auch nicht unbedingt schwer machen. Wenn es die Möglichkeit gegeben hätte, mich immer zu fahren, dann hätte ich das auch genutzt. Warum denn auch nicht?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Es ist doch schon mal unsinnig, wenn man Gymnasiasten mit Grundschülern vergleicht. Da sind enorme Unterschiede beim Alter und auch beim Einzugsgebiet. Man zwar unsere Grundschule hier nicht unbedingt mit anderen Grundschulen vergleichen, da wir eben auch LRS-Klassen mit einem sehr großen Einzugsgebiet haben. Aber wenn ich von den eigentlichen Grundschulklassen ausgehe, dann haben wir ein Einzugsgebiet von durchschnittlich 2 Kilometern.

Diesen Schulweg hatte ich früher auch und ehe ich da das Fahrrad aus dem Keller geholt hätte, war ich eh schon die Hälfte gelaufen. Ähnlich sieht das auch heute aus und somit ist es einfacher zu Fuß in die Schule zu kommen.

Beim Gymnasium sieht das wieder anders aus. Da kommen Schüler aus dem ganzen Stadtgebiet in eine Schule und teilweise auch aus den Dörfern, die nicht zur Stadt gehören. Je nach Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, kann es da durchaus sinnvoll sein, wenn man lieber das Fahrrad nimmt. Wir selbst haben es während der Ausbildung auch nicht anders gemacht. Denn wir hatten von der Straßenbahn aus, egal welche Linie wir genommen haben, noch mindestens 3 Kilometer zu laufen. Da waren wir mit dem Fahrrad wesentlich schneller da wo wir hin wollten.

Und selbst Gymnasien kann man in dem Fall nicht mit Oberschulen vergleichen. Denn auch unsere Oberschule hat den Großteil der Schüler hier aus dem Stadtviertel. Die Wege haben sich kaum verändert, seit man von der Grundschule dahin gewechselt ist. Wobei man dabei auch beachten sollte, ob es überhaupt entsprechende Möglichkeiten an der Schule gibt, um sein Fahrrad überhaupt unterzubringen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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