Fahrlehrer telefoniert während Fahrschüler am Steuer sitzt
Ich habe gestern ein Fahrschulauto vor mir gehabt, welches ich relativ lange Zeit nicht überholen konnte. Mal von den stark verbesserungswürdigen Fahrkünsten des Fahrschülers abgesehen, ist mir aufgefallen, dass der Fahrlehrer praktisch durchgehend an seinem Telefon hing.
Ich wage es schwer zu bezweifeln, dass er um einen Unfall zu verhindern schnell genug eingreifen und das Steuer übernehmen hätte können. Auch schien der Fahrschüler mit seinem telefonierenden Fahrlehrer nicht wirklich glücklich zu sein.
Nun frage ich mich aber, ob das Telefonieren dem Fahrlehrer überhaupt gestattet ist, wenn ein Fahrschüler am Steuer sitzt. Natürlich steuert er das Fahrzeug nicht selbst und es gibt kein Gesetz, welches Beifahrern verbietet zu telefonieren.
Jedoch sollte er doch in der Lage sein, im Ernstfall ins Steuer zu greifen und immer konzentriert an der Arbeit sein und auf die Straße und das Fahrverhalten seines Schülers achten, oder nicht? Wisst ihr vielleicht, ob ihm das Telefonieren gestattet ist oder er sich damit ebenso strafbar macht, als würde er das Fahrzeug selbst lenken?
Ob es nun erlaubt ist oder nicht, weiß ich auch nicht, aber mein Fahrlehrer hat das auch gemacht und konnte dennoch Anweisungen geben. Ich denke schon, dass man das auch gut zusammen hinbekommen kann, wobei das Gespräch dann auch nicht lange dauern sollte. Mein Fahrlehrer hatte da immer die Übersicht und konnte ein kurzes Gespräch führen, aber ich denke auch eher nicht, dass das so gemacht werden darf.
Ich denke schon, dass sich der Fahrlehrer damit strafbar macht und zwar in dem Moment, in dem er von der Polizei aufgehalten wird. Denn der Schutzbefohlene wird ja vernachlässigt in dem Moment in dem der Fahrlehrer telefoniert. Somit denke ich, dass auch gar nichts großartiges passieren muss, um den Fahrlehrer abzumahnen.
Mein Fahrlehrer hat auch andauernd während der Fahrt telefoniert. Er hat sämtliche Dinge dann erledigt und ich musste überall zu seinen Freunden fahren. Es war richtig ungemütlich und ich habe mich dann dort auch nicht mehr sicher gefühlt und den Fahrlehrer gewechselt. Es wurde dann Gott sei Dank besser.
Wenn ich so etwas sehen würde, würde ich mir die Nummer des Fahrschulautos aufschreiben und dann die Polizei informieren. So etwas geht nun mal gar nicht. Außerdem ist so eine Fahrstunde ja auch nicht so billig, dass die Fahrlehrer da ständig ihre Privatsachen nebenher erledigen und nicht auf die Fahrschüler acht geben.
Interessante Thematik. Vor allem, weil man doch sehr viel von verantwortungslosen Fahrlehrern hört. Egal, wie die Gesetzeslage aussieht, meiner Meinung nach ist das eine ganz horrend dumme Idee, als Fahrlehrer auf dem Beifahrersitz zu telefonieren.
Die Gesetzeslage ist indes tatsächlich nicht eindeutig. Es gibt zwei Gerichtsurteile, die gegenteiliges besagen. Das Oberlandesgericht in Düsseldorf befand, dass der Fahrlehrer nur als Fahrzeugführer angesehen wird, damit der Fahrschüler keine Ordnungswidrigkeit wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis begeht und im Schadensfall versichert ist. Ansonsten sei der Fahrlehrer ein normaler Beifahrer.
Das Oberlandesgericht in Bamberg jedoch war der Meinung, dass der Fahrlehrer für die Verkehrsbeobachtung und Führung verantwortlich sei und somit praktisch den Verboten unterliegt, denen der tatsächliche Fahrer auch unterliegt. Er ist also auch auf dem Beifahrersitz der Fahrzeugführer. Eine Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht angenommen.
Im Straßenverkehrsgesetz steht unter Paragraf 2, Absatz 15 Folgendes:
Wer zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss dabei von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes begleitet werden. Bei den Fahrten nach Satz 1 sowie bei der Hin- und Rückfahrt zu oder von einer Prüfung oder einer Begutachtung gilt im Sinne dieses Gesetzes der Fahrlehrer als Führer des Kraftfahrzeugs, wenn der Kraftfahrzeugführer keine entsprechende Fahrerlaubnis besitzt.
Damit ist es meiner Meinung nach eindeutig. Der Fahrlehrer ist Fahrzeugführer. Da stehen keine Ausnahmen oder Erklärungen, wie das Oberlandesgericht in Düsseldorf sie anführt. Er ist der Fahrer. Fahrer dürfen nicht telefonieren. Also meiner Meinung nach gehört der Fahrlehrer angezeigt.
Die Selbstüberschätzung ist ja gang und gäbe, dass man meint, trotz eines Telefongesprächs noch voll fokussiert sein zu können. Aber das ist Quatsch. Und solange der Mensch am Steuer noch keine Berechtigung zum Fahren hat, ist es schlichtweg fahrlässig. Klar muss man dann mit Berechtigung auch solchen Ablenkungen widerstehen können, aber so weit war der Fahrschüler ja ganz offensichtlich noch nicht.
@ Bienenkönigin Ein Fahrlehrer ist nicht der Fahrzeugführer und darf telefonieren. Das hat der BGH entschieden. Die Richter sehen auch kein Problem darin, wenn der Fahrlehrer eingreifen muss. Fahrlehrer dürfen während der Übungsfahrten ohne Freisprecheinrichtung telefonieren. Ich sehe darin auch kein Problem, so lange er nicht nur telefoniert sondern auch ausreichend schult.
@cooper75: Wenn dieses Urteil wirklich so gefallen ist, dann finde ich es fatal. Es gibt ja dann allen Fahrlehrern einen Freifahrschein zum telefonieren. Das würde ja bedeuten, dass ich, wenn ich Fahrlehrer bin, dann eine ganze Stunde mit meiner Freundin telefonieren kann, so lange ich nebenbei der Fahrschülerin oder dem Fahrschüler Tipps zum fahren gebe und ihn unterstütze.
Also ich finde das einfach unglaublich und wenn meine Tochter den Führerschein macht, dann muss ich wirklich aufpassen, wen sie da als Fahrlehrer oder Fahrlehrerin hat, denn ich möchte das wirklich nicht, dass er oder sie dann die ganze Zeit daneben telefoniert. Es ist ja schließlich immer eine Art Ablenkung.
cooper75 hat geschrieben:@ Bienenkönigin Ein Fahrlehrer ist nicht der Fahrzeugführer und darf telefonieren. Das hat der BGH entschieden. Die Richter sehen auch kein Problem darin, wenn der Fahrlehrer eingreifen muss. Fahrlehrer dürfen während der Übungsfahrten ohne Freisprecheinrichtung telefonieren. Ich sehe darin auch kein Problem, so lange er nicht nur telefoniert sondern auch ausreichend schult.
Ah, okay, ein recht neues Urteil. Ich finde es aber auch fatal. Vor allem weil in der Urteilsbegründung erläutert wird, dass er zum Fahrzeugführer wird, wenn er im Notfall eingreift. Diesen Notfall könnte er aber verpennen, weil er am Handy hängt.
Also ich finde das Urteil sehr bedenklich. Es besteht doch gar keine Notwendigkeit, dass der Fahrlehrer telefoniert. Sein Job ist es, den Fahrschüler zu unterrichten. Seit wann müssen Privatgespräche während der Arbeit geführt werden? Und das Auto ist auch nicht sein Büro.
Von mir aus ist er nicht der Fahrzeugführer, wenn es mit dem Begriff irgendwie noch andere Probleme gibt. Dann muss eben eine dritte Kategorie eingeführt werden: Fahrzeugführer, Beifahrer und mitverantwortlicher Beifahrer oder so etwas in der Art. Er ist einfach kein stinknormaler Beifahrer. Und für die Begleitpersonen für Führerscheininhaber ab 17 sollte das Gleiche gelten.
Irgendwas scheint der Beruf an sich zu haben, dass er sehr viele Idioten anzieht. Man hört wirklich sehr viel Schlechtes über Fahrlehrer und ich habe auch einige schlechte Erfahrungen gemacht. Das sollte man nicht noch mit so einem Gesetz unterstützen. Es ist ja schon krass, dass es wegen der Problematik so viele Anfragen, Anzeigen und Klagen gab, dass eine verbindliche Rechtsprechung so dringend war.
Ich verstehe einfach nicht, warum es nötig ist zu telefonieren, während ein Anfänger am Steuer sitzt. Es gibt einfach keinen vernünftigen Grund.
Das Urteil hat das Aktenzeichen 4 StR 92/14. Es ist am 23.09.2014 ergangen. Im Prinzip soll der Fahrzeugführer beide Hände am Lenkrad haben, das ist Sinn des Gesetzes. Das ist aber bei einem Fahrlehrer nicht nötig, der greift im Notfall nur mit einer Hand ein.
Wobei ich zum Beispiel keine schlechten Erfahrungen mit meinem telefonierenden Fahrlehrer gemacht habe. Der hat während der Fahrt durchaus Termine vergeben oder Absagen angenommen. Allerdings durfte man damals sowieso noch beim Fahren telefonieren. Beeinträchtigt hat das den Unterricht nicht, wobei der auch nicht ständig am Telefon hing. Etwas dosierte Ablenkung ist gar nicht schlecht. Nach ein paar Stunden gab es auch Radio und später Gespräche. Schließlich gehört das auch dazu.
cooper75 hat geschrieben:Etwas dosierte Ablenkung ist gar nicht schlecht. Nach ein paar Stunden gab es auch Radio und später Gespräche. Schließlich gehört das auch dazu.
Ja, Ablenkung für den Fahrschüler. Der muss das tatsächlich üben. Aber wenn der Fahrlehrer telefoniert, sind beide abgelenkt. Ich finde das Handyverbot am Steuer absolut richtig. Und ich empfinde es nur als logische Konsequenz, wenn der einzige Mensch mit Fahrerlaubnis im Auto sich daran halten müsste.
Warum ist das logisch? Mit einer Freisprecheinrichtung darf telefoniert werden. Das würde den Fahrlehrer ebenso ablenken und den Schüler noch viel mehr. Die Hände des Fahrlehrers sind doch kein Problem, die sind nicht am Lenkrad.
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