Fällt es euch schwer, zu euren Ängsten zu stehen?

vom 19.06.2016, 15:03 Uhr

Dass man Ängste hat, ist völlig normal. Jeder Mensch hat wohl Ängste, wobei aber nicht jeder Mensch dazu stehen kann. Viele Leute befürchten, als schwach und zerbrechlich zu gelten, wenn sie offen zugeben, dass sie Ängste haben, weshalb sie nicht zu diesen stehen. Vielen ist es auch unangenehm, bestimmte Ängste zu haben, wenn diese im Prinzip unberechtigt oder vielleicht sogar "kindisch" sind, so dass sie versuchen, im Alltag nichts davon zu zeigen.

Könnt ihr offen zu euren Ängsten und Phobien stehen oder fällt es euch auch schwer, das so zu zeigen? Befürchtet ihr, nicht ernst von anderen genommen zu werden, wenn ihr offen zu euren Ängsten steht?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Solange ich mich zurück erinnern kann, habe ich stets Höhenangst gehabt und das schon bei einer relativ geringen Höhe, teilweise auch abhängig davon, wie sicher mein Stand zu dem Zeitpunkt war. Ich habe meine Ängste jedoch immer klar und ohne Hemmungen zum Ausdruck gebracht, es war mir sogar wichtig das klar zu stellen. Andernfalls käme es vielleicht zu bösen Überraschungen. Geschämt habe ich mich dafür in der Regel nicht, ein einziges Mal war es mir peinlich, aber nur auf Grund der absurden Umstände.

Es war ein Ausflug mit dem Football Team meines damaligen Freundes in einen nahe gelegenen Freizeitpark. Gleich nach dem Eingang verlief über die ganze Länge eine Art Kanal und man konnte den Park nur betreten, wenn man die "spaßigen" Hängebrücken überquerte. Es war maximal eine Höhe von 1,5 Meter aber die Hängebrücke schwankte extrem, schien wie aus Gummi und als ich in der Mitte angekommen war, beschloss der vorderste Mann zu blockieren. Alle Jungs begannen die Brücke zum schwingen zu bringen und vorallem das auf und ab setzte mir extrem zu. Ich konnte nicht zurück, nicht weiter und geriet in Panik. Nach der Standpauke war es mir dann doch etwas peinlich.

Meine zweite Angst betrifft das schnelle Autofahren. Ich habe grundsätzlich nichts gegen höhere Geschwindigkeiten, aber wenn mein Sohn im Auto ist, kriege ich nackte Angst. Wenn ich dann noch als hilfloser Beifahrer im Auto herumgewirbelt werde, weil jemand mit viel zu hoher Geschwindigkeit in die Kurve geht, drücke ich meine diesbezüglichen Ängste sehr deutlich aus. Hier habe ich absolut keine Bedenken und empfinde es auch nicht als Schwäche.

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» Pikalina » Beiträge: 790 » Talkpoints: 6,08 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich kenne das überhaupt nicht so, dass man nicht zu seinen Ängsten steht und diese verleugnet. Ich kenne es höchstens so, dass man nicht zu eigenen Fehlern steht oder eigenen Macken und versucht diese zu überspielen und zu verleugnen um eben einen "perfekten" Anschein zu haben. Ich finde es auch viel leichter, Fehler zu verleugnen und nicht dazu zu stehen als Ängste.

Denn nehmen wir mal an, jemand hat panische Angst vor Spinnen und er leugnet das aber, wenn die nächste Spinne um die Ecke kommt, kommt dann eine Panikattacke und man hat sich geoutet. Ängste lassen sich nicht verbergen meiner Meinung nach. Einzige Ausnahme wäre eher, wenn man Flugangst hat und nicht fliegt.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ehrlich gesagt wüsste ich spontan nicht, welche Vorteile es haben könnte, wenn ich meine Ängste offen auf dem Revers tragen würde. Beispielsweise habe ich Angst vor dem Zahnarzt. Auch am Steuer eines Autos bin ich immer hoch nervös und musste gut über 30 werden, um mich zumindest halbwegs sicher, auf kurzen, bekannten Strecken, hinter dem Steuer fortzubewegen. Da wäre mir beispielsweise eine Spinnenangst oft genug schon lieber, weil man damit weder seine Zahngesundheit riskiert noch von anderen Leuten als Chauffeur abhängig ist, aber die Viecher wiederum machen mir gar nichts.

Besagte Ängste habe ich jedoch relativ gut im Griff und habe im Lauf der Jahre Strategien für den Umgang mit ihnen gewonnen. Wieso sollte ich also meinen Mitmenschen beispielsweise auf die Nase binden, dass ich beim Autofahren hypervorsichtig bin und schweißnasse Hände bekomme? Es heißt zwar immer, man solle zu seinen Eigenheiten und auch Fehlern und Ängsten stehen, aber warum genau, verrät einem keiner.

Ich denke vielmehr, dass es darauf ankommt, eine Balance zu finden zwischen der eigenen authentischen Persönlichkeit (die in meinem Fall weder attraktiv noch sympathisch ist) und dem Bild, welches man von sich in der Öffentlichkeit zeigt. Mir würde es also eigentlich nicht "schwerfallen", meine Ängste publik zu machen, aber ich glaube, dass ich langfristig besser damit fahre, wenn ich meinen Mitmenschen nicht schon vierzehn Tage vorher auf die Nerven falle, wenn mal wieder ein Zahnarzttermin oder was auch immer ansteht.

» Gerbera » Beiträge: 11315 » Talkpoints: 48,61 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich sehe es wie Gerbera und wüsste auch nicht warum ich meine Ängste direkt jedem auf die Nase binden soll. Verleugnen ist das doch noch lange nicht nur wenn man davon nicht jedem Hin und Kunz direkt davon berichtet und das mehrmals betont. Man selbst weiß doch, worin seine Ängste liegen und muss dann einen eigenen Weg finden damit umzugehen. Manche terrorisieren mit ihrer Angstgeschichte dann ihre Umwelt, andere behalten es für sich und machen es mit sich aus. Beides ist für mich eine Art damit umzugehen, denn jeder hat dabei seine eigene Weise.

Jedenfalls hausiere ich damit auch nicht sondern mache es mit mir aus. Es gibt durchaus einige Dinge vor denen ich Angst habe aber nicht in Panik durch die Gegend renne, oder schreiend aus dem Zimmer renne. Spinnen und Insekten sind nicht so mein Ding, aber es gibt schlimmeres. Zwar läuft es mir bei manchen Tierchen schon kalt den Rücken herunter, aber dennoch bin ich in der Lage sie vor die Tür zu setzen oder sie im Zweifel auch in meinem Schlafsack zu ertragen.

Von der Angst beherrschen lasse tue ich nicht, ansonsten hätte ich im Biwak sicherlich kein Auge zugemacht, denn dort hieß es 14 Tage im Wald schlafen mit seinen Bewohnern. Da war es "normal" wenn morgens etwas mit aus dem Schlafsack gekrochen kam. Dennoch habe ich dort geschlafen und lag nicht wach mit der Waffe im Anschlag bereit jedes Insekt unter Beschuss zu räumen was sich meinem Schlafsack nur im Ansatz genährt hat.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Jedem würde ich meine Schwachstellen nun auch nicht zeigen, aber in meinem nahen Umfeld und bei Leuten, denen ich vertrauen kann, gebe ich meine Ängste schon offen zu und dabei sehe ich auch kein Problem. Immerhin gehen diese Menschen auch offen mit mir um und ich kenne deren Schwächen und Ängste auch.

Bei mir fremden Personen gebe ich solche Dinge nicht gerne zu, weil ich dann nicht gerne als schwach gelten möchte oder auch nicht angreifbar sein möchte. Es ist nach außen hin schöner stark zu sein und als stark gesehen zu werden.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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