Experten auf Krawall - ist das noch seriös?

vom 01.04.2015, 12:26 Uhr

Ich habe vor kurzem einige Bücher von Dr. med. Gunter Frank gelesen. Eines der Bücher ist mir am Anfang mehr oder weniger zufällig in die Hände gefallen, später aber habe ich gemerkt, dass mir viele der Sachen in diesen Büchern sehr bekannt vorkommen. In der Familie habe ich einen Mathematiker der sich an der Universität mit Statistiken befasst und der immer und immer wieder darüber schimpft, wie unseriös und schlecht gemacht die meisten Studien in der Wissenschaft sind. Mathematisch und Wissenschaftlich können die meisten nicht standhalten, werden aber trotzdem veröffentlicht, denn natürlich werden sie von Pharmaunternehmen gesponsert und kommen ihnen zu Gute.

Dann kenne ich auch zwei Pharmazeuten, eine Bekannte und eine aus der Familie meines Freundes. Beide beschweren sich häufiger über wirkungslose Medikamente die häufe zu oft verschrieben werden und über Medikamente die keinen Nutzen haben, dafür aber sehr viele Nebenwirkungen. Auch wurde häufig kritisiert wie schlecht die Fortbildungen sind, auf denen meist nur ahnungslose Pharmavertreter auftreten und neue Sachen verkaufen wollen.

Die gleiche Kritik kam von mehreren Medizinern aus meiner Familie, die ebenfalls oft nicht einsehen konnte, warum sie zu Fortbildungen gehen sollten, die von der Pharmaindustrie gesponsert worden sind und wo nur Halbwahrheiten und schlechte Medikamente empfohlen wurden. Die dort vermittelten Leitlinien sind oft schwachsinnig und stümperhaft und basieren nicht auf evidenzbasierter Medizin, haben also keine wissenschaftlich einwandfreien Studien vorzuweisen.

Um diese Themen und um mehr geht es in den Büchern von Gunter Frank. Dieser regt sich sehr darüber auf, dass Menschen heute an diese Halbwahrheiten glauben und sich von Rohkost oder Vollkornprodukten ernähren, weil sie glauben, dass das gesund ist. Leider achtet Deutschland sehr viel weniger auf wissenschaftlich korrekte Studien, als andere Länder, weswegen die Pharmaindustrie hier freie Hand hat. Das alles ist natürlich schon sehr schrecklich, zumal Deutschland ja jetzt auch das IQWiG hat, das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, das die Studien untersucht und entlarvt. Ärzte scheinen sich aber nicht an diese neuen Erkenntnisse halten zu wollen, sondern halten lieber an alten und falschen Leitlinien fest.

Letztens habe ich mir dann auch mehrere Talkshows mit diesem Autor angesehen. Dort betonte er auch immer wieder, dass es für viele Behauptungen einfach keine Belege gäbe und das er gerne öffentlich zugeben würde, dass etwas so ist, wenn man ihm nur die entsprechenden Belege dafür liefern könnte. Mehr als die Hochglanzbroschüren der Pharmakonzerne bekam er von den Ärzten aber nie nach Hause geschickt und wenn vermeintlich angesehen Ärzte in solchen Shows mit Hochglanzbroschüren argumentieren, dann tut es mir Leid.

Leider war es dann aber auch so, dass der Autor bei falschen Gegenargumenten immer sehr aufbrausend wurde. Er betonte dauernd ''Ich rede jetzt'', drohte sogar einmal wegzugehen, als sein Gegner ihn nicht zu Wort kommen lassen wollte. Oft hatte man auch den Eindruck, dass ihn die Halbwahrheiten so wütend gemacht haben, dass er den Gegner schon gar nicht mehr ernst nehmen konnte. In vielen Shows kam es dann schnell zu einem Streit den die Moderatoren nur mit Mühe schlichten konnten.

Das machte den Autor dann doch etwas unsympathisch, obwohl ich ihm grundsätzlich sehr zustimme. Aber wenn man Menschen davon überzeugen will, dass etwas falsch oder zumindest nicht erwiesen ist, woran sie ihr Leben lang glauben, muss man vielleicht ein bisschen anders herangehen und darf nicht direkt den Kampfhahn spielen. Wahrscheinlich aber ist das der Grund für seine wütende Reaktion, dass alle Welt alles glaubt, was man ihr präsentiert und niemand wirklich hinterfragt, obwohl die meisten Studien doch öffentlich zugänglich sind.

Wie wirken Experten in Talkshows und anderen Sendungen auf euch, wenn sie Streit und Zankereien anfangen? Findet ihr dass dann auch ein wenig unseriös? Könnt ihr deren Meinung dann immer noch ernst nehmen oder werden sie euch direkt so unsympathisch, dass ihr auch ihre Position nicht mehr vertreten mögt? Sollten Experten die wissen das sie eine Außenseiterposition vertreten nicht ein wenig beherrschter Auftreten, schon allein um seriöser zu wirken und um ihre Position der breiten Öffentlichkeit zugänglicher zu machen? Wie würdet ihr nach so einer Show handeln, wärt ihr Studien, Leitfäden und Normen gegenüber auch etwas skeptisch und würde ihr Sponsoren und Inhalte von relevanten Studien eher hinterfragen oder glaubt ihr lieber weiterhin den Schlagzeilen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Eine Talkshow ist eigentlich keine Plattform für die Verbreitung einer wissenschaftlichen Meinung, denn eine Talkshow dient in erster Linie der Unterhaltung. Der Effekt der Spannung ist bei einer solchen Show extrem wichtig, denn der Zuschauer soll ja am Gerät bleiben und die Sendung auch bis zum Ende sehen. Die Quote ist dabei der entscheidende Punkt.

Hier sollen ja auch vielmehr nur gewisse Gedankenimpulse gegeben werden. Wie man diese nun für sich verarbeitet ins eine ganz andere Sache. Das wissen natürlich auch die beteiligten Personen an einer Talkshow. Der Moderator gibt ja den sogenannten Leitfaden der Sendung. Das gesamte Thema der Sendung kann auch nicht umfassend von den Beteiligten bearbeitet werden.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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