Etwas, was einem nicht zugetraut wird, erst recht wollen?

vom 08.10.2015, 21:19 Uhr

Eine Freundin von mir hat immer offen zugegeben, dass sie nur deshalb studiert hatte, weil niemand aus ihrer Familie es ihr zugetraut hatte. Sie war nach der Grundschule auf die Hauptschule gekommen und hatte da nicht besonders gute Noten gehabt, wobei sie es geschafft hatte, sich hochzuarbeiten, nachdem in der Familie nicht gut über sie gesprochen wurde, da ihre Geschwister alle eine eher steile Karriere hingelegt hatten.

Ich kenne es von mir eigentlich auch so, dass ich dadurch angespornt werde, wenn jemand offen zugibt, dass er mir etwas nicht zutraut. Dann möchte ich es der Person und auch mir selbst beweisen, dass ich es eben doch schaffe, auch wenn es bei mir nun nicht so einen extremen Fall gibt, wie bei meiner Freundin. Wollt ihr auch oft etwas erst recht erreichen, wenn man es euch nicht zutraut?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



So war ich vor einigen Jahren noch eingestellt und zwar in meiner Zeit als minderjähriger Teenager. Das hat mich eine nicht sehr schöne Zukunft gekostet. Ich wollte meinen Eltern nämlich unbedingt beweisen, dass mein Freund der richtige Mann für mein Leben ist, bin wenig später schwanger geworden und bereits ausgezogen, als ich noch nicht mit der Schule fertig war und kein eigenes Einkommen hatte.

Auf gut Deutsch gesagt hat mich der Antrieb, jemandem anderen etwas beweisen zu wollen, ein Teil meines Lebens gekostet. Beziehungsweise, mein Leben wäre einfacher, stressfreier und besser verlaufen, wenn ich damals zu Hause geblieben wäre, meine Schule fertig gemacht hätte, und dann studieren gegangen wäre.

Natürlich habe ich auch jetzt einen guten Job, da ich meine Berufsausbildung und das Abitur trotzdem abgeschlossen habe, aber ich wollte eigentlich noch weiter hinaus und ein Studium machen, damit ich meine Zusatzausbildung machen und in einen anderen Beruf einsteigen kann.

Mit Kind ist das natürlich sehr schwer und jetzt muss ich erst einmal wieder warten, bis mein Kind so alt ist, dass ich es auch einmal eine Stunde oder zwei alleine lassen kann und dass es so vernünftig ist, dass es sich um seine Schulsachen oder diverse andere Dinge selber kümmern kann. Das wird natürlich noch einige Zeit dauern.

Bis dann bin ich auch wieder in einem Alter, wo es wieder schwierig ist, sich weiter zu bilden, da es sehr teuer ist, und auch schwierig, wieder mit einem gewissen Alter in den Beruf einzusteigen.

Man sieht also, jemandem etwas zu beweisen ist meistens mit Nachteilen verbunden, denn indirekt tut man es dann nicht für sich selber sondern indirekt für jemanden anderen. Und sei es nur, um den anderen damit zu beeindrucken.

Seit ich selber schon Mutter bin und mit beiden Beinen im Leben stehe, ist mir klar, niemandem außer mir selber möchte ich etwas beweisen. Wenn es mir selber aber auch eine Bestätigung gibt und ich selber indirekt etwas möchte, es mir aber nicht zutraue, dann lasse ich mir gerne dazu verhelfen, indem ich mich von anderen bestärken lasse. Aber nicht, um jemanden etwas beweisen zu wollen.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich denke, eine Zeit lang ist dieses Verhalten ganz normal. Vor allem bei Teenagern finde ich es normal, wenn sie ihren Eltern beweisen wollen, dass sie etwas doch können. Es ist ein wenig die Trotzphase, um sich von den Eltern abzugrenzen.

Allerdings denke ich, dass man irgendwann anfangen sollte, sein eigenes Leben zu leben und sich nicht mehr auf diese Art und Weise von den Eltern und ihren Ansichten abhängig zu machen. Was habe ich etwa davon zu studieren, nur um den Eltern zu beweisen, dass ich es doch kann, wenn ich etwa einen Beruf ergreifen möchte, der gar kein Studium voraussetzt? Natürlich habe ich dann in der Regel bessere Chancen, weil ich sehr viel lebenserfahrener bin etc., doch ich habe auch einige Jahre meines Lebens nur dafür verwendet, es meinen Eltern zu zeigen.

Im Erwachsenenalter meine ich, dass es dann zwar immer noch eine Herausforderung ist, es jemand anderem zu zeigen, dass man doch zu etwas in der Lage ist, aber meiner Ansicht nach sollte es sich nicht so stark auf das gesamte Leben auswirken wie etwa ein Studium.

» rasenderrolli » Beiträge: 1058 » Talkpoints: 16,66 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde es nicht schlecht, wenn man sich selber und anderen zeigen kann, dass man etwas kann, was einem niemand zugetraut hat. Allerdings kommt es auch immer darauf an, worum es geht. Gerade bei größeren Sachen sollte man sich immer auch fragen, was man denn selber möchte. Ich finde es auch fatal, wenn man sich vor lauter Ehrgeiz, es den anderen zu zeigen, in eine andere Richtung entwickelt, als es eigentlich den Interessen entspricht.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ich bin skeptisch, was extrinsische Motivation im Allgemeinen angeht. Auf gut Deutsch, wenn man etwas nur oder vor allem aus Gründen macht, die von Außen an einen herangetragen werden, kommt das dicke Ende oft genug irgendwann nach. Dabei ist es in meinen Augen zweitrangig, ob man eine Sache angeht, weil jemand anders der Meinung ist, sie sei genau das Richtige oder umgekehrt gerade aus Trotz, weil irgendwelche Leute einem etwas nicht zutrauen oder aus anderen Gründen für eine blöde Idee halten.

Letzten Endes kommt es in meinen Augen schließlich vor allem darauf an, dass man selber mit seinem Leben und seinen Leistungen zufrieden ist, um langfristig gesund und zufrieden arbeiten zu können Wenn man beispielsweise einen Beruf ergreift oder auch nur ein Hobby ausübt, das einem objektiv gesehen nicht wirklich liegt oder Spaß macht, nur um jemandem zu beweisen, dass man es drauf hat, hat im Endeffekt niemand was davon. Es gibt natürlich Schlimmeres als einen guten Studienabschluss und eine steile Karriere, aber wenn man sich nicht deswegen ins Zeug legt, weil man es selber will, Spaß daran hat und einen Sinn darin sieht, lauern Burnout und Co. oft schon gleich um die nächste Ecke.

» Gerbera » Beiträge: 11317 » Talkpoints: 49,13 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Fehlendes Zutrauen und deutliche Ablehnung können schon dafür sorgen, dass man etwas dringend möchte. Wenn es sich dabei um etwas handelt, das man sowieso machen wollte, dann ist diese zusätzliche Motivation nicht schlimm.

Mir ging es einmal so und geschadet hat es absolut nicht. Ich war verloren, als ich vor vielen Jahren zum ersten Mal einen KNPV-Hund bei der Arbeit gesehen habe. Das wollte ich auch. Also suchte ich mir Vereinigungen heraus und fuhr dorthin, um das Training zu sehen und hoffentlich eine Trainingsgruppe zu finden.

Damals war das allerdings noch fast reine Männersache. Vor gut 25 Jahren sagte man, dass Frauen Kraft und Ausdauer fehlen würden und vor allem würden sie die nötige Härte gegen den Hund nicht aufbringen. Wäre das nicht gewesen, hätte ich wahrscheinlich mit meiner erlaubten, aber nicht geeigneten Hunderasse hereingeschnuppert und es dann wieder gelassen.

Jetzt wollte ich es aber erst recht. Kraft und Ausdauer waren lächerliche Argumente, mit Härte ausbilden wollte ich noch nie. Das geht auch anders. Deshalb zog der erste Hund aus KNPV-Linien ein und drei Jahre später bestanden wir die Prüfung. Ich liebe den Sport noch heute und mittlerweile gibt es auch viele andere Frauen. :D

» cooper75 » Beiträge: 13379 » Talkpoints: 509,93 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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