Essen europäische Kinder zu wenig Obst?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat neulich beklagt, dass angeblich viel zu wenige europäische Kinder ausreichend Obst zu sich nehmen. Empfohlen werden pro Tag 400 g Obst und Gemüse würden an einem Tag empfohlen. Doch nicht einmal der Hälfte der Kinder, würde überhaupt täglich zu Obst und Gemüse greifen.
Das hat mich schon ein wenig gewundert, denn ich habe als Kind immer ausreichend Obst und Gemüse bekommen. Und wenn es Gemüse als Beilage zum Mittagessen gibt und zwischendurch mal einen Apfel oder eine Banane, dann ist man eigentlich auch schnell mal bei den 400 g.
Könnt ihr verstehen, dass angeblich so viele Kinder nicht täglich zu Obst und Gemüse greifen? Was bekommen sie dann überhaupt von ihren Eltern? Getestet wurden Elfjährige und diese essen in der Regel ja immer daheim. Habt ihr Kinder diesen Alters in eurer Familie und essen diese jeden Tag Obst und Gemüse?
Woher will die WHO das dann bitteschön wissen? Haben die nur Umfragen gemacht oder wie? Haben die auch die Kinder auf Nährstoffmangel und dergleichen untersucht?
Ich finde, dass es doch eigentlich egal ist wie viel Obst und Gemüse ein Kind isst, solange es eben keine Mangelerscheinungen hat. Ich habe als Kind an manchen Tagen mehr Obst und Gemüse gegessen als an anderen und hatte trotzdem keine Mangelerscheinungen.
Ich glaube, eine Mangelernährung in Deutschland ist doch eher unwahrscheinlich, weil gefühlt überall irgendwelche Zusätze drin sind, sodass es verdammt schwierig werden dürfte, überhaupt einen Mangel an Nährstoffen zu entwickeln. Deswegen würde ich mir da keine Gedanken machen. Jedes Kind hat doch mal Phasen, wo es kein Obst oder Gemüse essen möchte. Deswegen verhungert man aber nicht.
Ich habe als Kind zum Beispiel sehr selten Mal Obst gegessen. Wegen dem darin enthaltenen Fruchtzucker bekomme ich eher Heißhunger und werde dann aggressiv. Ich esse lieber Sachen, von denen ich auch satt werde. Ich habe dennoch nie einen Nährstoffmangel gehabt und habe mich gesund entwickelt. Das hat sich übrigens bis heute nicht geändert, dass ich lieber Gemüse als Obst esse. Obst kaufe ich auch eher selten. Gemüse dafür sehr häufig.
Was ist daran jetzt so schwer zu verstehen? Familien, in denen nicht ausgewogen gekocht wird und Kinder, die kein Gemüse mögen sind jetzt nicht wirklich selten. Ich hatte als Kind tatsächlich oft das Gefühl, dass ich mit meiner Vorliebe für bunte Gerichte eher die Ausnahme bin. Bei vielen anderen Kindern war der Ketchup das einzig bunte auf dem weiß-gelb-beigen Einerlei auf den Tellern.
Und es ist auch nicht schwer zu verstehen, wie ein Kind dazu kommt kein Obst zu essen. Zum Frühstück gibt es bei vielen nur Brot mit Aufstrich oder Cornflakes, in der Schule dann ein Brot mit Belag, zum Mittagessen auch kein Obst zum Nachtisch sondern irgendeinen fertigen Pudding, Nachmittags nach dem Sport lieber einen Schokoriegel statt dem Apfel und Abends wieder Brot mit Belag.
Und nein, es ist nicht egal wie viel Obst und Gemüse man isst solange man keinen Nährstoffmangel hat. Das Thema ist deutlich komplexer als eine kleine Blutuntersuchung, in der man auf Vitamine und Mineralstoffe testet. Es geht auch um solche Sachen wie Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe oder Antioxidanzien.
Ich bin in der DDR aufgewachsen. Meine Eltern hatten keinen Garten und somit keine Gelegenheit, über Obst und Gemüse außerhalb des Einzelhandels zu verfügen. In meinem Ort gab es kaum Einkaufsmöglichkeiten und somit auch kaum eine Chance, frisches Obst und Gemüse zu erstehen. Gab es doch einmal Bananen zu kaufen, dann für jeden ca. ein Kilogramm. Oft hätte man die sich aber auch nicht leisten können, da sie sehr teuer waren. Über vier Mark der DDR kostete ein Kilogramm. Ich verdiente damals ca. 520 Mark. Allerdings kann ich mich gar nicht erinnern, dass ich jemals Bananen kaufte als Erwachsene.
Meine Erinnerungen sind aus der Kindheit. Tomaten konnte mein Vater vielleicht viermal im Sommer erwerben. Er war Schichtarbeiter und konnte auch mal einkaufen, wenn andere noch arbeiteten. Meine Mutter hatte da eher gar keine Chance, etwas frisches für ihre Kinder zu erstehen. Sie kam erst 17.00 Uhr täglich heim. Da waren die Läden quasi leer gefegt. Was es oft zu kaufen gab, waren Äpfel. Allerdings auch nicht in bester Qualität und die besseren Sorten wurden in den Westen exportiert. Ich mochte aber keine Äpfel. Tomaten mochte ich ebenfalls nicht.
Anders ist es heute, nun mag ich sie gerne essen. Rohe Äpfel esse ich aber so gut wie gar nicht. Als meine Tochter klein war, habe ich sie auch gegessen, um sie zum Verzehr zu animieren. Ich bin also aufgewachsen, ohne regelmäßig Obst und Gemüse zu essen. Daher musste ich mich vor einigen Jahren eher zwingen und überwinden, rohes Obst und Gemüse zu verzehren. Meist aber esse ich Gemüse wie Gurken, Tomaten, Rettich, etliche Salatsorten etc.
Als meine Kleine die Kinderkrippe besuchte, gab es einen Disput mit dem Personal, das mich aufforderte, Obststücke mitzugeben. Ich rechtfertigte mich, ohne es zu müssen, indem ich erklärte, dass meine Tochter, das Obst frisch geschnitten daheim bekommt. Was ja auch der Fall war. Mir war das einfach auch zu teuer, Obst mitzuschicken, was später eher unansehnlich und daher unappetitlich wirkte und wahrscheinlich daher gar nicht verzehrt würde. Ich habe mich diesbezüglich nicht beirren lassen, war ja auch nicht in der Beweispflicht o.ä. Später als sie zur Schule ging, habe ich das weiter beibehalten und ihr morgens zum Frühstück eine Banane mundgerecht zubereitet und zum Abendessen gab es halt andere Früchte, je nach Saison und Angebot.
Die Kinder selber können bis zu einem gewissen Alter meiner Meinung nach nur wenig über ihre eigene Ernährung bestimmen und werden dahingehend noch sehr stark von den Gewohnheiten und Überzeugungen der Eltern gelenkt. Wenn also ein unzureichendes Angebot an Obst und Gemüse bereitgestellt wird, dann liegt der "Fehler" im System doch eher im Kaufverhalten oder der Erziehung der Erwachsenen als darin, was die Kinder selbstständig konsumieren. Wenn die Mutter dem Nachwuchs eben lieber Kinderriegel und Kekse in die Pausenbox packt als Äpfel und Mandarinen, und wenn daheim nach dem Mittagessen eine Sahnetorte als Nachtisch auf den Tisch kommt anstatt ein Obstteller mit Trauben und Aprikosen, dann ist es nicht verwunderlich, dass zu wenig Frischware gegessen wird.
In meiner Familie wurde jeden Tag Obst gegessen, denn meine Eltern mochten das als süße Zwischenmahlzeit selber viel lieber als irgendwelche stark gezuckerten Puddings, Kuchen oder Schokoladen. Für meinen Vater war ein Obstteller abends beim gemütlichen Fernsehen schon Tradition, und ich bekam jeden Tag ein Obst mit in die Schule - ob nun einen Apfel, eine Banane, eine Mandarine oder einen Zweig Trauben. Auch haben wir in einer sehr obstreichen Gegend gewohnt und in der Hochsaison der Trauben, Erdbeeren und Co sehr guten Zugang zu günstigen und teilweise sogar kostenlosen regional angebauten Früchten gehabt. Das hat die Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung natürlich ungemein erleichtert.
Ich sage nun nicht per se, dass es immer ein Erziehungsfehler ist, wenn die Eltern den Kindern nicht genügend Obst anbieten. Gerade in der Vergangenheit haben auch die äußeren Umstände wie finanzielle Nöte, Lieferengpässe und ähnliches den Obstkonsum stark beeinflusst und eingeschränkt. Heutzutage bekommt man aber zugegebenermaßen rund ums Jahr und zum Discounterpreis zumindest einige Standard-Obstsorten wirklich ohne große Probleme. Noch dazu wird dank dem Trend zur gesunden Ernährung auch in den meisten Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten, Tagesstätten, Ganztagsschulen, Kliniken und so weiter das Obst als Zwischenmahlzeit immer populärer. Demnach sollte die Hürde zur Deckung des Tagesbedarfs jetzt eigentlich weitestgehend gefallen sein.
MaximumEntropy hat geschrieben:.Ich sage nun nicht per se, dass es immer ein Erziehungsfehler ist, wenn die Eltern den Kindern nicht genügend Obst anbieten.
Ich bin mit einem großen Garten aufgewachsen, wo alles mögliche gewachsen ist, sodass wir gerade im Sommer nicht viel Obst kaufen mussten. Wir hatten Äpfel, Birnen, Stachelbeeren, Johannesbeeren, Kirschen, Pflaumen und Erdbeeren. Das nur vom Obst, Gemüse hatten wir noch mehr. Ich habe trotzdem eher ungern Obst gegessen wegen dem Fruchtzucker. Ich hasse es einfach, wenn Sachen süß schmecken, egal um was es sich dabei handelt.
Meine Eltern haben oft Obst gekauft und es konsumiert und haben es entsprechend vorgelebt. Aber für die Vorlieben bzw. Abneigungen der Kinder kann man auch nichts machen. Ich esse grundsätzlich eher herzhaft und mag Obst in herzhaften Speisen überhaupt nicht. Bei Gemüse sieht das anders aus. Das kaufe ich in Massen und koche regelmäßig frisch damit.
Das ist sicherlich etwas, worauf man achten muss und was man auch immer wieder anbieten muss, damit man damit Erfolg hat, wobei es auch wichtig ist mit Vorbild voran zu gehen. Wenn man selber kein Obst und Gemüse isst, dann braucht man auch nicht erwarten, dass das der Nachwuchs macht und trotzdem gibt es Phasen in denen schlecht gegessen wird, das ist aber normal.
Meinem kleinen Sohn biete ich jeden Tag Obst an, ich esse ja auch selber welches, ebenso wie mein Mann und da bietet sich das natürlich an. Alles traut er sich da auch nicht zu probieren. Orangen will er beispielsweise noch nicht probieren, aber er liebt Äpfel und Bananen. Gemüse wird eigentlich zu jedem Brot bei uns auf den Tisch gestellt und auch gegessen.
Man kann ja auch beobachten, dass es immer mehr dickere Kinder gibt. Hierbei spielt auch die Bewegung eine wichtige Rolle. Man sollte aber eben auch auf Ernährung achten. Das ist aber nun mal auch etwas, was nicht immer so leicht fällt, wenn man selber den ganzen Tag unterwegs ist und arbeitet, dann schafft man es vielleicht auch nicht immer gesund zu kochen.
Ich finde es absurd, dass man bei den 10 Prozent der Menschheit, die die längste Lebenserwartung hat, die beste medizinische Versorgung, so gut wie keine Mangelerkrankungen wie Skorbut oder Pellagra und die sich rund ums Jahr jedes nur erdenkliche Produkt leisten kann, das sich jemals ein Mensch in den Mund gesteckt hat, immer noch das Jammern anfängt, dass die Leute schlecht versorgt sind. Ich habe natürlich auch die ganzen Parolen gehört, aber ich finde 400 Gramm Obst oder auch die berühmten 5 Portionen am Tag völlig übertrieben. Ich esse ja generell nur zweimal am Tag.
Besonders weil modernes Obst ja auch verhältnismäßig viel Zucker enthält, kann ich mir vorstellen, dass dann auch wieder das Jammern losgeht, weil die europäischen Kinder leider auch oft ziemlich fett sind. Nicht einmal Zootiere bekommen besonders viel Obst, weil das Zeug so auf die Hüften geht.
Und ich bin auch skeptisch, wie viele "Antioxidanzien" noch enthalten sind, wenn man das Zeug außerhalb der Saison rund um die Welt verschifft. oder im April einen Apfel isst, den man im Oktober eingelagert hat. Da bleiben doch wieder nur noch Zucker, Wasser und Ballaststoffe übrig.
Eigentlich ist es gar nicht mehr zeitgemäß, Obst und Gemüse buchstäblich in einen Topf zu werfen, was "gesunde Ernährung" angeht, aber offensichtlich ist der Glaube immer noch zu fest verankert, dass man sich mit einer Banane gesundheitlich einen Gefallen tut, auch wenn man eher in einen Krautkopf beißen sollte.
Meine Kinder essen viel Obst und Gemüse, sicherlich haben sie die eine oder andere Sorte, die sie nicht mögen, aber im großen und ganzen ernähren sie sich gesund. Aber ich glaube auf 400 Gramm kommen sie auch nicht. Gerade für ein Kind finde ich das auch sehr viel. Das esse nicht einmal ich täglich.
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Fürs Abendessen im Hotel besonders hübsch aussehen wollen? 1463mal aufgerufen · 15 Antworten · Autor: Prinzessin_90 · Letzter Beitrag von schnatterliese
Forum: Urlaub & Reise
- Fürs Abendessen im Hotel besonders hübsch aussehen wollen?
- Oberflächliche Bekannte, die einem etwas verkaufen wollen 1506mal aufgerufen · 12 Antworten · Autor: celles · Letzter Beitrag von Klehmchen
Forum: Freizeit & Lifestyle
- Oberflächliche Bekannte, die einem etwas verkaufen wollen
- Hello Fresh Box als Alternative zu Fertigmenüs nutzen? 2588mal aufgerufen · 9 Antworten · Autor: Fugasi · Letzter Beitrag von Klehmchen
Forum: Essen & Trinken
- Hello Fresh Box als Alternative zu Fertigmenüs nutzen?
- Unangenehm, wenn Chips Knoblauch-Aroma haben? 821mal aufgerufen · 5 Antworten · Autor: Prinzessin_90 · Letzter Beitrag von Wibbeldribbel
Forum: Essen & Trinken
- Unangenehm, wenn Chips Knoblauch-Aroma haben?
- Kind bekommt von Mutter nur Toastbrot - noch normal? 646mal aufgerufen · 9 Antworten · Autor: Ramones · Letzter Beitrag von Wibbeldribbel
Forum: Familie & Kinder
- Kind bekommt von Mutter nur Toastbrot - noch normal?