Erst durch Unfall merken, dass man kürzer treten muss?
Ein Kollege von mir hatte einen Unfall vor knapp 6 Wochen und hat sich die Achillessehne gerissen. Er war heute wieder im Büro und bis auf das Humpeln und die Krücken merkt man ihm nichts mehr an. Er erzählte dann auch, dass der Unfall dadurch zu Stande gekommen wäre, weil er immer meinte, 150 Prozent geben zu müssen und sich dadurch eben überlastet hätte.
Durch den Unfall würde er aber merken, dass andere Dinge wichtiger sind und er würde jetzt mehr auf seine körperlichen Signale hören und kürzer treten wollen. Merkt ihr auch erst bei einem Unfall oder anderen körperlichen Konsequenzen, dass ihr es übertrieben habt und kürzer treten müsst? Oder achtet ihr mehr auf eure Körpersignale, sodass es bei euch gar nicht erst zu entsprechenden Folgen kommen muss?
Das haben doch viele Menschen, dass sie erst merken, dass sie es übertrieben haben, wenn gesundheitliche Konsequenzen auftreten. Ich denke, dass ich ganz gut weiß, wie weit ich da gehen kann. Aber manchmal bleibt einem ja auch nichts anderes übrig, als eben über diese Grenzen hinaus zugehen. Man kann sich ja leider nicht immer aussuchen, dass man kürzer treten möchte und das dann durchziehen. Aber irgendwann ist es sicherlich ratsam die Notbremse zu ziehen. Oftmals passiert das aber eben erst, wenn es schon gesundheitliche Folgen gab oder der Körper Schaden genommen hat.
Einen wirklich schweren Unfall habe ich noch nie gehabt, der durch Überanstrengung geschehen ist. Allerdings musste ich diesen Sommer einmal die Notbremse ziehen. Ich wollte den Jakobsweg in Spanien gehen und habe nach drei Wochen aufgegeben. Ich bin jeden Tag bis an die Grenze meiner Leistungsfähigkeit gegangen.
Allerdings wurde es dann zu heiß. Ich konnte gar nicht so viel Wasser schleppen, wie ich gebraucht hätte. Wenn ich weitergegangen wäre, hätte ich mir neben meiner Haut wahrscheinlich auch die Nieren kaputtgemacht. Ich kann meinen Körper gut einschätzen und höre immer rechtzeitig auf, ohne ein Gefühl des Versagens zu bekommen, wie es vielleicht bei manchen der Fall ist.
Bei mir war es auch ein Unfall, der mir klargemacht hat, dass es nicht so weitergeht wie bisher. Aber ich muss dazu sagen, dass die Verletzung bis heute noch spürbar ist und mich auch belastet. Ich kann nämlich eines meiner Beine nicht mehr so wie vor dem Unfall belasten und daher kann ich auch nicht mehr 180% geben. Dann muss ich gezwungenermaßen etwas langsamer machen, auch wenn es kaum auffällt.
Ich glaube so etwas ist wirklich normal. Wenn man immer alles gibt und sich dauerhaft überfordert, dann merkt man das gar nicht mehr. Man ist einfach in einem Trott drin und da merkt man die eigene Überlastung gar nicht mehr. Bei meinem Mann war das eine Zeit lang auch so. Wir hatten dann immer versucht es jeden recht zu machen. Gerade wenn wir in der alten Heimat waren, wollte uns immer jeder sehen und dann sind wir nur noch hin und her gefahren. Irgendwann war es dann mal so, dass ich schon bei meinen Eltern war und vor ihm ein Unfall passiert ist.
Ein junger Mann hatte sich überschlagen und für meinen Mann war dass der Grund einen Schritt langsamer zu machen. Ihm wurde plötzlich, wie mir auch, klar, dass es eben nicht zählt es immer allen anderen rechtzumachen und immer pünktlich und schnell zu sein, sondern, dass Leben ganz schnell eine Wendung nehmen kann und man deswegen das machen sollte, was man will und sich auch mal Zeit lassen kann. Uns hat das wirklich geholfen das zu erkennen durch diese Situation.
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