Erst auf Fotos bestimmte Details an sich wahrnehmen?
Bei mir ist es so, dass ich oft erst auf Fotos einige Details von mir richtig wahrnehme. Auch wenn ich mehrmals am Tag in den Spiegel schaue, wird mir dann erst auf Fotos richtig bewusst, wie hell meine Haare beispielsweise sind, wie rausgewachsen die Farbe ist oder ob ich nun zu- oder abgenommen habe.
Vor dem Spiegel fällt mir das nie so richtig auf, wenn ich mich dann aber auf Bildern sehe, wird mir das erst richtig bewusst. Das trifft nun allerdings nicht auf Selfies zu, die ich mal schnell nebenbei mache, sondern eher auf Bildern, auf denen auch andere mit drauf sind oder Fotos von weiter weg.
Wahrscheinlich habe ich da dann auch eher einen Vergleich oder kann eben distanziert auf mich schauen. Ist es bei euch auch so, dass ihr erst durch Fotos einige Details von euch richtig wahrnehmt? Welche Details sind euch erst auf Fotos richtig bewusst geworden?
Ich mache nur selten Bilder von mir und meistens sind es dann doch die anderen die das machen. Je nach Winkel kann man dann schon etwas erkennen, so auch auf dem Kita fest auf dem das Bild mich eindeutig mürrisch zeigt, obwohl ich das an diesem Tag gar nicht war bis auf in einer Situation. Direkt kamen dann Vermutungen von anderen, was mir über die Leber gelaufen ist dabei war das einfach nur der Moment, als die Flasche direkt im Buffet versenkt wurde von einem Kind und alles verteilt war.
Ich muss aber auch sagen, dass ich nicht jeden Tag selbstverliebt vor dem Spiegel stehe oder mich lange damit befasse wenn ich mich morgens fertig mache. Augenringe fallen mir daher so gar nicht auf, auf diese werde ich ab und an von anderen Angesprochen, auch die Falten die so langsam kommen nehme ich weniger wahr, da ich mich nicht vor dem Spiegel Stundenlang wälze und filze was denn alles neu dazu gekommen ist. Bei Bildern schaue ich halt schon mal genauer hin wenn diese mir gezeigt werden, als auf das eigene Spiegelbild welches eher Nebensache bei mir ist.
Ich glaube das hängt einfach mit der täglichen Routine zusammen. Wenn man sich jeden Tag im Spiegel ansieht wegen der täglichen Körperpflege, dann wird man nicht so genau hinschauen als wenn man ein Foto gezeigt bekommt. Ich putze mir auch jeden Tag die Zähne, bürste mich und wasche mir das Gesicht und zufällig ist da der große Spiegel im Badezimmer, wo ich mich dann unter Umständen sehen kann. Dennoch habe ich keine Zeit im Alltag mir jede potentielle Falte anzusehen und lege mehr Wert auf Effizienz.
Die Gründe, warum wir uns auf Fotos anders wahrnehmen als im Spiegel liegt in verschiedenen Aspekten. Erstmal existieren gewisse Unterschiede zwischen Foto und Spiegel. Dazu aber später mehr.
Der wohl größte Aspekt ist nämlich die Wahrnehmung an sich, genauer gesagt unsere Selbstwahrnehmung. Die Art wie wir unseren Körper wahrnehmen hängt davon ab, was wir als gut oder schlecht interpretieren. Die Bewertung unseres Körpers nimmt unser Gehirn selbst vor und vergleicht uns beispielsweise mit anderen Körpern und den Reaktionen unserer Umgebung. Auch unser eigenes Ästhetikempfinden spielt dabei eine Rolle.
Zudem blendet unser Gehirn Dinge aus, die wir nicht wahrhaben wollen. Kleinere Makel und ähnliches werden einfach ignoriert und quasi durch unser Gehirn gefiltert, sodass unsere Selbstwahrnehmung sich nicht gestört fühlt. Wir konstruieren sozusagen unser Selbstbild selbst.
Nun der gravierende Unterschied zwischen Bild und Spiegel: Im Spiegel sehen wir uns spiegelverkehrt. Ein Spiegelbild ist eine Reflexion von uns. Aber das sehen nur wir so. Wenn wir einen anderen Menschen vor uns haben, dann sieht der uns ja nicht spiegelverkehrt sondern so wie wir sind. Unsere Reflexion ist somit unser 'gewohnter' Blick auf uns selbst.
Worauf will ich damit nun hinaus? Ganz einfach in der Fotografie ist das aber anders. Denn auf Fotos sind wir nicht spiegelverkehrt zu sehen, sondern so wie uns andere Menschen tatsächlich sehen. Auch ist es kein bewegtes Bild sondern eine Momentaufnahme. Im Spiegel können wir uns bewegen und das trägt auch viel dazu bei, dass wir uns ganz anders wahrnehmen. Unser Ich auf Bildern betrachten wir daher anders, weil wir nicht spiegelverkehrt sind (der Anblick, den unser Gehirn gewöhnt ist, wenn wir in den Spiegel blicken). Daher ist der Anblick für uns fremd. Wir beginnen dann uns neu zu orientieren, weil unsere Selbstwahrnehmung nicht mehr stimmt.
Klar wissen wir noch, dass das auf den Bildern wir sind. Aber die Perspektive hat sich verändert. Der Filter unserer Wahrnehmung funktioniert in dem Fall nicht mehr und wir nehmen uns genauso wahr wie andere es tun. Mit jedem Makel und schonungslos. Deswegen kommt es zu diesem gravierenden Unterschied.
Ich bin sehr froh, dass Du dieses Thema auf den Tisch bringst, weil ich ehrlich gesagt immer glaubte, dass ich die Einzige mit diesem Wahrnehmungsproblem bin. Gerade das, was Du über die Haare sagtest, kenne ich von mir leider zu gut.
Tatsächlich ist mir schon des Öfteren aufgefallen, dass ich mich im Spiel komplett anders sehe als auf Fotos. Und das liegt bei Weitem nicht nur daran, dass ich mich im Spiegel spiegelverkehrt sehe. Irgendwie gelingt es mir nicht, einen sozusagen ganzheitlichen Blick auf mich zu werfen, der sich nicht nur auf ein Detail bezieht.
Um Dein Beispiel nochmals aufzugreifen: Normalerweise finde ich meine Haare eigentlich ganz okay, ich achte auf den Ansatz, wieder Scheitel genau fällt, dass sich an der Stelle die Haare nicht zu sehr aufbauschen, und ich finde, dass meine Haare bis zu den Spitzen eigentlich recht dicht fallen. Wenn ich dann ein Selfie von mir mache oder ein Foto von mir sehe, fällt mir auf, dass all diese Punkte auf einem Foto komplett anders aussehen: Meine Haare werden zu den Spitzen hin reichlich dünn und der Scheitel bringt mit sich, dass eine Seite irgendwie "höher" aussieht als die andere, gerade so als würde ich hier einen künstlichen Wirbel erzeugen und die Haare würden sich nur unterwerfen, obwohl es eigentlich gar nicht ihr Ding wäre, so zu fallen.
Woran das genau liegt, verstehe ich nicht so ganz, da meine Art der Betrachtung dieser Details sich im Spiegel und auf dem Foto nicht im Geringsten unterscheidet. Im Spiegel nehme ich die Probleme allerdings nicht so wahr wie ich sie auf einem Foto sehe. Das finde ich wirklich seltsam und teilweise auch wenig hilfreich, gerade, wenn es darum geht, dass man bestimmte Dinge an sich, die man nicht schön oder vorteilhaft findet, vielleicht kaschieren wollen würde, wenn man denn imstande wäre, sie im Spiegel auch zu sehen.
Das mit dem unterschiedlichen Aussehen auf Bildern, im Spiegel und in Videos kann ich bestätigen. Ich finde auch, dass ich auf Bildern von anderen, auf Selfies und auf Aufnahmen, die mit solchen Selfie-Sticks gemacht wurden jeweils fast wie eine andere Person aussehe. In letzterem Fall werden die Selfies, auch wenn das Fotografieren bescheuert aussieht, immer am besten. Andere widersprechen mir da, aber das ist eben die Wahrnehmung. Das liegt wohl zum Einen an der Kameraqualität bzw. den Filtern und zum Anderen am Winkel und der Entfernung.
Es geht hier doch nicht nur darum, dass man sich selbst auf Fotos anders sieht, als eben im Spiegel, sondern dass Details eher auffallen. Mal ein Beispiel von der Jugendweihe meiner Tochter vor zwei Jahren. Etwa vier Wochen vorher hatte sie Abschlussball von der Tanzstunde. Da sie einen festen Tanzpartner hatte, gab es auf Blumen in der Wunschfarbe und er wollte einige Zeit vorher wissen, welche Farbe ihr Kleid haben wird.
Warum er dann unbedingt eine blaue Fliege zum schwarzen Anzug wollte, haben seine Eltern erst bemerkt, als die Tanzpartnerin vorgestellt wurde. Zur Jugendweihe war es dann Zufall, dass seine Krawatte mit dem Kleid meiner Tochter zusammenpasste. Ich selbst hatte damals das Foto bei uns an der Festhalle gemacht, wobei die Begegnung zufällig war durch die zeitlich unterschiedlichen Feierstunden.
Dass Krawatte und Kleid aber farblich gepasst haben, war mir dann erst am Nachmittag aufgefallen, als ich Zeit gefunden hatte, um das Foto auch die Mutter vom Tanzpartner zu senden. Das hat also weder etwas mit unterschiedlicher Selbstwahrnehmung auf Fotos und vor dem Spiegel zu tun, sondern damit, dass man vor dem fotografieren auf ganz andere Dinge achtet, als später dann beim Betrachten des fertigen Werkes.
Das Problem kenne ich zu gut, deshalb gibt es von mir keine Fotos mehr, weil sie alle schrecklich sind und im Spiegel sehe ich das alles auch überhaupt nicht. Warum das so ist, weiß ich allerdings auch nicht, wirklich erschreckend. Ist ja auch ähnlich mit den Sprachnachrichten, da hört man sich ja auch komplett anders.
Bei mir ist es auch so, dass mir gewisse Sachen erst auf Fotos richtig bewusst werden und auffallen. Bei mir ging es damals hauptsächlich um mein Gewicht - wenn ich mir Fotos angeschaut habe, dann ist mir erstmal bewusst geworden, wie dick ich wirklich war, grade dann, dann ich mir jetzt die älteren Fotos anschaue. Es war mir damals zwar auch so bewusst, dass ich viel zu viel gewogen aber, aber wie viel es letztendlich dann doch war, ist mir nie vor dem Spiegel aufgefallen. Dementsprechend haben manche Fotos mich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und dazu beigetragen, dass ich letztendlich doch die Bremse gezogen haben.
Ich habe es aber auch schon von vielen anderen Leuten gehört, dass sie sich vor dem Spiegel ganz anders wahrnehmen als sie es auf Fotos tun. Auf Fotos werden dann die “Makel “ sichtbar, die man hat und sie fallen einem viel mehr auf als wenn man sich nur im Spiegel betrachtet und da dann natürlich auch von seiner besten Seite anschaut.
Ich glaube auch, dass es damit in Zusammenhang steht, wie oft man sich nun wirklich eindringlich im Spiegel betrachtet und auf welche Details man achtet. Zum Beispiel sind mir meine Klamotten extrem wichtig, daher achte ich immer darauf, gut gekleidet das Haus zu verlassen oder wenn Besuch zu mir kommt, auch halbwegs herausgeputzt zu sein. Deshalb würde es vermutlich nicht passieren, dass ich plötzlich ein unpassendes Outfit auf einem Foto bemerken würde.
Bei anderen Dingen ist das wiederum anders: ich achte nicht immer darauf, wie ich drein schaue oder welche Emotionen ich zeige. Da könnte also auch mal ein Foto entstehen, auf dem ich später bestimmte Details anders wahrnehmen würde.
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