Erfolgreiche Eltern - Fluch oder Segen?
Ich habe einen Bekannten, welcher recht wohlhabende Eltern hat. Ihr Reichtum ist nicht aus einem stattlichen Erbe hervorgegangen, sondern durch ihren beruflichen Erfolg begründet. Der Vater des Jungen, welcher letztes Jahr sein Abitur gemacht hat, arbeitet in der Wirtschaft und die Mutter engagiert sich sehr für die örtliche Gemeinde, weshalb sie sehr bekannt und auch beliebt ist.
Der Sohn empfindet den Erfolg und Ruhm seiner Eltern in erster Linie als Last. Er ist natürlich sehr dankbar für seine Position, weil ihm eine gute sowie liebevolle Erziehung geboten wurde. Er weiß darüber hinaus, dass er von seinen Eltern in vielerlei Hinsicht profitiert, weil er auf eine Privatschule gehen konnte und über Bekanntschaften bereits das ein oder andere Praktikum angeboten bekommen hat. Selbst das Studium inklusive eigener Wohnung in der Stadt seiner Wahl wäre kein Problem.
Er möchte jedoch eigentlich gar nicht studieren oder zumindest noch nicht jetzt. Wenn es nach ihm ginge, so möchte er zunächst ein wenig Geld selber verdienen und dann eine kleine Weltreise machen. Erst in zwei Jahren möchte er Kunst studieren, während seine Eltern ihn natürlich ebenfalls lieber in der Wirtschaft sehen würden. Aus diesem Grund fühlt sich der Sohn von der Position seiner Eltern erdrückt. Bereits mehrmals äußerte er den Wunsch, andere und ganz normale Eltern haben zu können.
Denkt ihr, dass erfolgreiche Eltern eher Fluch oder Segen sind? Spielen stets beide Faktoren eine Rolle, welche dann gegeneinander abgewogen werden müssen oder kann man auch ausschließlich profitieren beziehungsweise unter dem Druck leiden? Tritt diese Problematik stets auf oder liegt es auch an der Einstellung der Eltern? Schließlich ist nicht jeder erfolgreiche Mensch ausschließlich auf Erfolg gepolt, oder etwa doch?
Ich kann gar nicht sagen, wie ich mich fühlen würde, wenn meine Eltern erfolgreich gewesen wäre, da sie es nicht waren oder sind. Mein Papa war LKW-Fahrer und starb mit 42 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs und meine Mama hat nicht mal einen Schulabschluss.
Ich habe von ihnen aber gelernt, bodenständig zu sein, Mitgefühl für andere zu haben und Menschen nie von oben herab zu behandeln. Vielleicht wäre das bei reichen, erfolgreichen Eltern andersherum und ich wäre abgehoben und egoistisch veranlagt. Ich weiß es nicht und ich will da auch keine Vorurteile fällen.
Ich habe mich in der Schule ganz alleine nach oben geackert. Habe ein Abitur mit einem Schnitt von 1,2. Ich wollte einfach meine Eltern stolz machen. Sie wollten eben ihre schlechte Bildung durch meine kompensieren. Es erfolgte alles auf Druck, aber mit dem Abi konnte ich bis heute nichts anfangen, weil es schon immer mein Traum war, als Krankenpflegerin zu arbeiten. Mir bedeuten Menschen einfach mehr als Geld oder Karriere. So bin ich eben und ich weiß, das habe ich meinen Eltern zu verdanken, die wissen, das man froh sein kann, wenn man ein Dach über dem Kopf und etwas Essen auf dem Teller hat.
Ich kann Deinem Kumpel nur den Rat geben, er soll seine eigenen Träume verwirklichen. Durch das erzwungene Abi, das ich für meine Eltern machen musste gegen meinen eigentlichen Willen, habe ich nämlich eine Menge Zeit verloren, in der ich MEINEN Träumen nachgehen hätte können. Die Eltern müssen akzeptieren, dass ihr Sohn ein Individuum mit einer eigenen Meinung und eigenen Vorstellungen vom Leben ist und dass ER es ist, der glücklich sein muss. Er tut das in erster Linie für SICH, nicht für seine Eltern oder sein Umfeld.
Ich erziehe jedenfalls meine Kinder so, dass sie ihren Geist frei entfalten können. Es gibt natürlich auch Regeln, aber das sind eher allgemeine. Was sie mal später werden wollen, das entscheiden sie ganz alleine. Ich werde sie - so gut es geht - darin unterstützen, was sie glücklich macht.
Ich denke, dass man das gar nicht so verallgemeinern kann. Ich würde nun nicht direkt sagen, dass sehr erfolgreiche Eltern tendenziell eher erwarten, dass auch ihr Kind genauso erfolgreich sein wird. Ich meine, dass man das ja auf eigentlich alle Eltern beziehen kann. So sind meine Eltern beispielsweise alles andere als erfolgreich. Meine Mutter ist Hausfrau, wobei mein Vater ein ganz normaler Arbeiter ist. Beide haben "nur" einen Realschulabschluss.
Allerdings heißt das nicht, dass meine Eltern mir nie Druck gemacht haben. Meine Eltern haben stattdessen immer von mir erwartet und gefordert, dass ich studiere und haben auch immer wieder betont, dass sie wollen, dass ich unbedingt mal erfolgreicher werde als sie. Ich habe da ganz oft das Gefühl, dass ich nur ein Prestigeobjekt für sie bin, da sie mir ganz oft stolz erzählen, wie sie vor Verwandten mit mir angegeben haben.
Ich denke, dass jede Eltern also so etwas fordern können, egal ob erfolgreich oder nicht. Und den Druck kann man immer haben, egal ob die Eltern diesen aussprechen oder nicht. Ich fände es aber prinzipiell nicht schlecht, erfolgreiche Eltern zu haben, weshalb sollte man denn etwas dagegen haben? Es ist doch schön, sehr wohlhabend zu sein, so dass man sich auch viele materiellen Wünsche erfüllen kann.
Meiner Ansicht nach hat das doch gar nichts mit dem Erfolg oder Misserfolg der Eltern zu tun, sondern eher mit der Einstellung der Eltern. Ich kenne auch einige Eltern der bildungsfernen Schicht stammen und die ihre Kinder unter Druck setzen, weil man eben möchte, dass die Kinder aus dieser Bildungsschicht "ausbrechen" und es mal besser haben. Vielleicht haben diese Eltern in ihrem eigenen Leben nicht wirklich was erreicht, sodass die Kinder alternativ Karriere machen müssen, um das Ego der Eltern zu puschen. Hängt eben mit der Einstellung der Eltern zusammen, nicht alle Eltern sind so aus diesen bildungsfernen Schichten.
Andererseits kenne ich auch Menschen, die aus reichem Elternhaus stammen und dann ziemlich unter Druck gesetzt werden, das Prestige zu erhalten. So ist ein früherer Mitschüler von mir, mit dem ich zusammen in der Oberstufe im Leistungskurs saß, Medizin studieren gegangen, nur weil seine Eltern das wollten und nicht, weil er selbst das wollte. Das finde ich dann schon traurig.
Ich finde erfolgreiche Eltern als Fluch. Der Segen liegt darin, dass man wahrscheinlich eine finanziell unbeschwerte Kindheit hatte. Den Segen mag ich den Kids häufig nicht madig machen und dahingehend verstehe ich den Segen, aber der Flucht kommt meist mit einem entsprechenden Erfolgsdruck auf die Kinder zurück.
Ich kenne eine Familie, wo Mutter und Vater Anwälte sind. Sehr erfolgreich und auch schon einige Z-Promis und C-Promis usw, wie man sie auch immer nennen mag, verteidigt oder beraten haben. Die erwarten fast schon, dass ihre Kinder später die Kanzlei übernehmen, das sie studieren usw. Sie bezahlen auch weiterhin alles, aber nur, wenn die Kids auch genau das tun, was sie wollen. Dann ist alles in Ordnung.
Ich finde sowas unglaublich schrecklich und da finde ich den Fluch wieder. Ich könnte das nicht gebrauchen. Ich komme aus einer Fluch Familie ohne finanzielle Vorzüge, sondern teilweise auch bittere Armut bis Sozialhilfe, dann mal gutes Geld usw. Es war schwankend, aber bei uns Kids kam sowieso selten davon was an, weil man uns die heile Welt vorspielte und wir trotzdem ( wie auch immer ) alles bekommen haben. Da fiel auch viel vom LKW, was wir aber eben nicht wussten.
Ich würde reichere Familien manchmal als echten Segen finanziell gesehen sehen, aber als Fluch gegenüber dem Druck auf die Kinder. Das ist häufig zumindest zu sehen, dass dort erheblich mehr erwartet wird oder in welche Richtungen die Kids gehen sollen, obwohl sie das so gar nicht wollen, was ich schade für deren Entfaltung und Freiheit finde.
Als Nicht-Angehörige des Bildungsbürgertums höre ich hier ein widerhallendes "Mimimi", wenn sich Leute darüber beklagen, aus wohlanständigem und gutbetuchtem Hause zu kommen. Ich finde, dass die zusätzlichen Chancen, die einem mit der richtigen Herkunft und dem entsprechenden Hintergrund quasi in den Schoß fallen, es bei weitem aufwiegen, dass man dann eben nicht Kunst studieren kann oder ähnliches Upper-Class-Gejammer.
Wenn jemand wirklich seinem Traum folgen möchte, könnte er (oder sie) ja das tun, was vielen anderen als einzige Möglichkeit bleibt und auf Mamas und Papas Unterstützung verzichten und sich selber durchschlagen mit Nebenjobs und schäbigen, winzigen WG-Zimmern und ähnlichem. Aber davon hört man nur selten.
Da wird zwar gejammert, dass man Medizin oder Jura studieren "muss" und so furchtbar unter Druck steht, aber auf die finanziellen Zuwendungen, die schöne eigene Wohnung und den gesicherten und bequemen Lebenswandel will dann noch niemand verzichten. Das hieße ja Opfer bringen und Abstriche machen, und ab einem gewissen Level kann man sich das offensichtlich gar nicht mehr vorstellen. Die Leute, die ohne erfolgreiche Eltern versuchen, ihren Weg zu machen, haben nämlich noch ganz andere Probleme als das Genöle der Altvorderen, die dann doch wieder brav den Geldbeutel aufmachen.
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