Entscheidung zur Organ- und Gewebespende schon getroffen?
Jetzt geht es digital viel bequemer, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden. Was mir nur auffiel, dass in der Abfrage noch die Krankenversichgerungsnummer verlangt wurde. Was ist mit den Organspendewilligen, die über keine solche verfügen? Da ich für die Steuererklärung so oder so ein europees inlogmiddel nötig hatte, konnte ich den Personalausweis und den Kartenleser gleich wieder in Aktion versetzen. Und ich kann es mir auch später noch anders überlegen. Das war früher nicht so einfach möglich. Also auch hier eine Vereinfachung in den bürokratischen Abläufen, oder was meint Ihr dazu?
Was soll denn daran jetzt einfacher sein? Es ist ja in Ordnung, dass es nun online geht. Aber einen Spenderausweis aus Pappe auszufüllen, online alle Daten einzugeben und selbst auszudrucken oder das ganze als Plastikkarte anzufordern, war auch nicht komplizierter. Im Gegenteil! Du brauchtest nur einen Kugelschreiber!
Einfacher wird es dadurch, dass die mit der Abwicklung der postmortalen Formalitäten Beauftragten nicht lange nach Ausweisen etc. suchen müssen. Somit keine unnötige Zeit mit Formalitäten verschwendet wird. Und, dass immer die datumsmäßig letzte Erklärung Gültigkeit besitzt. So kann es nicht vorkommen, dass zwar ein papierener Organspendeausweis gefunden wird, aber die Annulierung eventuell nicht. Und es geht auch in beiden Richtungen. Eine zentrale Datenbank schafft doch mehr Klarheit.
Bislang war es doch m.W. so, dass nur derjenige einen Organspendeausweis mit sich führte, der auch tatsächlich an einer Organspende interessiert war. Viele Leute haben sowas überhaupt nicht in Erwägung gezogen und lassen die Sache einfach auf sich beruhen. So dass die Frage nach dem Einverständnis erst hinterher auftaucht.
Jetzt mit dem elektronischen Datenbankverfahren besteht die Möglichkeit, sich zunächst sowohl in die eine wie die andere Richtung zu entscheiden. Nach reiflicher Überlegung kann man seine Meinung wieder ändern, indem man aufruft:
Hiermit erhalten Sie Ihre Erklärungs-ID. Mit diesem Code können Sie unter
http://www.organspende-register.de/bearbeiten oder demnächst über die App Ihrer
Krankenkasse Ihre Erklärung aufrufen, ändern oder löschen. Wenn Sie mehrere Erklärungen abgegeben haben, erhalten Sie für jede Erklärung eine eigene Erklärungs-ID.
Die Änderungen können beispielsweise darin bestehen, dass der Spender zwar einer Organentnahme widerspricht, der Gewebeentnahme, zum Beispiel Hornhaut, nicht. So bleibt beispielsweise eine aus "ideologisch-religiösen" Rechtfertigungen geforderte, zur "Wiederauferstehung am Jüngsten Tage" erforderliche äußerlich sichtbare körperliche Integrität nicht angetastet. Folglich auch Zeugen Jehovas sich bedenkenlos zur Gewebespende entschließen könnten.
Ja und? Was soll jetzt einfacher sein? Ob ich einen Ausweis ausfülle oder mich online registriere macht doch keinen Unterschied! Natürlich besitzen unzählige Menschen einen Organspendeausweis, die nicht für eine Organspende sind. Stell dir vor, auch da konnte man schon nur Organe oder nur Gewebe spenden, bestimmtes Material von der Nutzung ausschließen oder einer Spende komplett widersprechen. Außerdem konnte man seine Meinung jederzeit ändern und war nicht daran gebunden, nur weil man seine ID verlegt hat. Bei mehreren Ausweisen gilt schlichtweg der mit dem jüngsten Datum.
Mag sein, die Argumente von @cooper75 sind schlüssig. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum jetzt die Sache wieder forciert wird. Muss etwas ausholen. In den Niederlanden ist laut Gesetz (ab etwa 2011?) jeder Body quasi Staatseigentum nach Feststellung von Todes wegen. Jedenfalls verstehe ich die "Widerspruchslösung" genannte Praxis dort dergestalt. Das heißt, ist ein Ausweis oder irgendein anderes Dokument, aus dem eine Verweigerungshaltung deutlich wird, nicht auffindbar oder wird erst später gefunden, dann wird der Körper automatisch zur Organspende freigegeben.
Das ist in Deutschland auch lange diskutiert worden, viele wollen ja trotzdem immer noch hierzulande auch solch eine Regelung wie in den Niederlanden haben. Aber die Lösung jetzt, wo jeder seine persönliche Haltung zu dem Thema kundtun kann, ohne gleich von Amts wegen in nur eine Richtung dazu verpflichtet zu werden, finde ich weitaus demokratischer.
Und das ist ja auch mit der wichtigste Zweck dieser Online-Datenbank: Das Thema Organspende wird wieder ins Rampenlicht gerückt, auch und gerade über den Umweg der heiß diskutierten Digitalisierungsdebatte. Dann bleibt die Entscheidung für oder dagegen einzig und allein Sache des Bürgers, auch ohne den Zwang sich für die eine oder andere Seite öffentlich durch Mitführen eines Ausweises outen zu müssen. Die Online-Datenbank ist da diskreter. Nur die Berechtigten haben darauf Zugriff.
I h sagte ja nicht, dass die Datenbank schlecht ist. Aber für die einzelnen Menschen macht es eben keinen Unterschied. Millionen Menschen haben einen Ausweis. Das sind nicht nur Spender. Das sind auch Nichtspender, die ihren Angehörigen die Entscheidung ersparen möchten oder Menschen, die diese bewusst in die Hand eines anderen legen.
Anders als in den Niederlanden ist hier trotzdem niemand gezwungen, sich mit dieser Frage auseinandersetzen, außer ein Angehöriger ohne Ausweis oder Eintrag wird potenziell zum Spender. Und für den Einzelnen wird es auch nicht einfacher, da die Hürden nun eher höher geworden sind. Nicht jeder hat das nötige Equipment.
cooper75 hat geschrieben:Nicht jeder hat das nötige Equipment.
Das ist ja auch das Haupt-Gegenargument bei all den anderen nur schleppend vorankommenden Digitalisierungsversuchen. Zum Beispiel der Krankenkassen-Mitgliedsausweis. Das Damoklesschwert "elektronische Patientenakte" hat Herr Minister Lauterbach bereits über unseren Köpfen aufgehängt. Wann das herunterkracht, dürfte absehbar sein. Und all diese elektronischen Gadgets, seien sie nun Spielzeuge oder gehätschelte Lieblingsbestätigungsfelder der Macher werden dann doch irgendwann neben dem smarten Phone zum Alltagsequipment gehören müssen. Ob die Leute das nun wollen oder nicht.
Der Zirkus fängt ja schon mit Reisepass und Personalausweis an. Manchmal denke ich auch, bin ich eigentlich ich oder bin ich nur noch da, wenn die elektronische Identität stimmt. Sonst existiere ich gar nicht. Und wenn das Plastikkärtchen, das sich Personalausweis nennt, einmal verlorengeht? Die Wiederbeschaffung ist eine Tortur. In der Zwischenzeit existiere ich gar nicht.
Hatte letztens ein falsches Passwort eingegeben. Glücklicherweise fand ich das Schreiben mit der PUK wieder. Aber, jetzt kommt's: Beim Abrubbeln wurde der neue Code auch gleich mit abgerubbelt, weil sich die Druckerfarbeschichten derart ineinander vermischt hatten, dass keine Unterscheidung mehr zu treffen war.
Nur mit Schwarzlichtlampe und geradezu kriminalistischer Spurensuche konnte ich die notwendige Entsperr-PUK noch irgendwie sichtbar machen. Sonst hätte ich einen neuen Ausweis beantragen, dafür 50 Kilometer in die nächste Kreisstadt zum zuständigen Bürgeramt, das diese Angelegenheiten auch bearbeitet, fahren müssen. Und es wird eine Geburtsurkunde vorher auch noch verlangt. Alte im Schrank liegende werden nicht anerkannt, obwohl früher dafür auch eine Gebühr bezahlt worden war.
Was machen die Leute nur, die ihre ganzen Personaldokumente beispielsweise bei einem Brand verloren haben? Da kommen echt Probleme auf.
Ich erkenne in der Digitalisierung nun auch keinen Vorteil. Den Organspendeausweis in Papierform hat man dabei und der ist bindend. Einfach ist es auch, seinem nächsten Angehörigen mitzuteilen, wie man es denn gerne nach dem Tod hätte, falls man denn überhaupt als Organspender in Frage kommt. Ich halte nicht ganz so viel von der Digitalisierung, da es einfach oft zu Fehlern kommt (Ausfälle, Abruffehler). Möglicherweise nutzt die Jugend diese Form lieber und man erreicht somit auch diesen Jahrgang, aber auch die dürften durchaus in der Lage sein, das analog auszufüllen.
Und wenn ich mir die Organspende anders überlege, dann nehme ich einfach meinen Zettel aus der Geldbörse und informiere denjenigen, der die Entscheidungsgewalt hat, darüber, dass ich nun doch keine Organe mehr spenden möchte. Ich verstehe nicht, was daran "früher" nicht so einfach war? Das ist doch viel einfacher, als ins Internet zu gehen und das zu ändern.
winny2311 hat geschrieben:Ich verstehe nicht, was daran "früher" nicht so einfach war? Das ist doch viel einfacher, als ins Internet zu gehen und das zu ändern.
Die Vereinfachung der Überprüfung, ob eine Organentnahme zu Transplantationszwecken legal ist oder nicht, wird von den damit beauftragten Institutionen favorisiert. So lange keine andere ebenso effektive Maßnahme gegeben ist, haben sich die Behörden und so weiter auf die Lösung mit der Abrufbarkeit der validierten Daten aus einer Zentralstelle geeinigt.
Man folgt dabei lediglich dem sich auch anderswo mehr und mehr durchsetzenden Trend, sich von der Zettelwirtschaft mit papierenen Dokumenten vollständig zu verabschieden. Dabei wird wenig auf die vordergründig ins Feld geführten Gegenargumente Rücksicht genommen. Beispiele für Digitalisierung kann man heute schon überhaupt nicht mehr alle spontan aufzählen.
Mir fallen da nur ein: Ohne Smartphone kein Bahnticket, Ohne digitalen Personalausweis und so weiter keine Steuererklärung (ELSTER), ohne elektronische Zertifikate von der Wiege bis zur Bahre läuft heutzutage nichts mehr.
Die Zeiten, wo einem der Hausbriefkasten mit dem gratis zugesandten Lohnsteuerjahresausgleichsformularsatz zugestopft wurde, sind offensichtlich ein für allemal vorbei. Und ohne superaktuelles Smartphone scheint man heutzutage nicht mehr zur Spezies des Homo Sapiens zu gehören. Diese Erfahrung musste ich schon selbst machen als notorischer Smartphoneverweigerer.
Warum also sollte man dann nicht auf die papiersparende Methode der digitalen Erklärung der Organspende zurückgreifen? Für den transplantierenden Mediziner geht es auf jeden Fall schneller und zielführender. Darauf kommt es im Endeffekt auch an.
Zack - Datenbank aufrufen - zack Daten überprüft - zack Niere raus. Nicht lange nach irgendwelchen Papierchen suchen müssen, nicht lange herumtelefonieren, ob nicht noch ein Bekannter und Verwandter eventuell sein Veto einlegen könnte.
Gorgen, was hat das bitte alles damit zu tun, ob man seine Entscheidung zur Organspende schon getroffen hat? DAS ging nun wirklich ohne Internet für den potenziellen Spender noch leichter als jetzt, insbesondere wenn man seine Meinung revidieren möchte.
Und auch der Rest stimmt doch nicht. Die Steuererklärung funktioniert problemlos ohne elektronischen Personalausweis und Lesegerät. Selbst als Freiberufler mit Umsatzsteuermeldungen geht das problemlos. Und das Bahnticket kann man auch immer noch ausdrucken.
Und tu doch nicht so, als ob bei einer möglichen Organspende alles ganz schnell gehen müsste. Häufig dauert es Tage oder Wochen, bis der Hirntod eingetreten ist. Dann muss das noch zweimal mit mindestens 24 Stunden Abstand festgestellt werden. Das genügt auch ohne Willenserklärung des Verstorbenen, um mit den Angehörigen zu reden. Mal eben zack geht da gar nichts.
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