Emotionen nur an Mimik ablesen können?

Mein Partner telefonierte neulich mit seinem Vater, weil er wohl dessen Hilfe gebraucht hat bei einer technischen und handwerklichen Angelegenheit. Mein Schwiegervater in spe ist zur Zeit leider berufsunfähig wegen einem Unfall und muss sich noch schonen. Daher fühlt er sich ein wenig nutzlos im Moment und sucht nach einer Aufgabe und möchte sich eben gebraucht fühlen.

Dementsprechend kann ich mir auch sehr gut vorstellen, dass er sehr erfreut darüber war, dass seine Hilfe eben benötigt wurde und er ein bisschen Abwechslung in seinen Alltag bekommt. Ich fragte meinen Partner dann auch, wie sein Vater denn am Telefon reagiert hätte und ob er sich gefreut hätte, woraufhin mein Partner aber meinte, er wisse es nicht. Er könnte Emotionen nur an der Mimik ablesen und nicht an der Stimme.

Bei mir ist das ehrlich gesagt nicht so. Ich finde durchaus, dass man Emotionen auch an der Stimme ablesen kann, wie zum Beispiel Wut, Trauer oder Freude. Für den Feinschliff braucht man bei manchen Situationen bestimmt zusätzlich noch die Mimik, um Reaktionen besser einordnen zu können, das ist für mich aber eher die Ausnahme. Wie ist das bei euch? Könnt ihr Emotionen nur an der Mimik eines Menschen ablesen? Oder reicht euch da auch die Stimme allein?

Nicht jeder ist wirklich gut einzuordnen anhand der Stimme und ich denke, dass es gerade Männern noch ein bisschen schwerer fällt dies dann auch zu erkennen. Frauen neigen ja dazu emphatischer zu sein und deswegen werden Emotionen sicherlich auch besser erkannt, egal ob nur von der Stimme her oder auch anhand der Mimik. Ich erkenne Emotionen auch an beiden und brauche nicht immer die Mimik um eine Emotion zu verstehen.

Wenn Frauen empathischer sein sollen, bin ich wohl ein Mann. Ich tue mir nämlich auch relativ schwer damit, an anderen Leuten Emotionen zu deuten, die über die ganz offensichtlichen Kategorien Freude, Wut und Entsetzen hinaus gehen. Wie oft habe ich schon gerätselt, ob mein Gegenüber jetzt traurig ist, müde, einfach nur abgelenkt, oder eine Erkältung ausbrütet. Wie gesagt: Einen Wutanfall erkenne ich, mit Nuancen tue ich mir schwer.

Mir hilft es jedoch, wenn ich den Gesamtkontext betrachten kann. Wenn ich also beispielsweise ein Treffen absage, und mein Gesprächspartner am Telefon klingt etwas gedämpft, kann ich, auch ohne sein Gesicht zu sehen, daraus schließen, dass er oder sie wohl enttäuscht ist. Aber oft genug ist die Situation so offen, dass ich mir wirklich schwer tue bei der Beurteilung der Gefühlslage meiner Mitmenschen. Wenn Mimik, Stimme, und Gesamtsituation zusammen kommen, geht es noch am besten. Ob dies ein verbreitetes Problem ist, kann ich jedoch auch nicht sagen.

Ich halte es auch nur für ein Klischee, dass Frauen empathischer sein sollen. Denn dann wäre ich wie Gerbera wohl ebenfalls ein Mann. Zudem es auch immer auf die Person drauf ankommt, nicht jeder packt seine Emotionen in die Stimme oder in die Mimik. Daher kann man das auch mit empathischen Zügen nicht festmachen, wenn jemand die Stimme von der Lage her kein bisschen verändert und kann daran rein gar nichts festmachen.

Daher klappt es beim einen besser, beim anderen schlechter. Aber definitiv bin ich kein Mann und auch nicht zu dämlich für Empathie. Aber es ist schlichtweg einfach falsch zu behaupten, dass Frauen generell empathischer sind und die Klischees dazu weiter zu bedienen nur weil man selbst eine Frau ist und mit den richtigen Menschen kommuniziert, die ihre Emotionen in die Stimme packen und ins Gesicht meißeln.

Wie bei Gerbera auch funktioniert es dennoch am besten wenn eine Kombination aus Mimik, Gestik, Optik und Stimme besteht. Denn mit diesen Faktoren alle zusammen kann man eine deutlich bessere Diagnose und Prognose abgeben wie der andere gerade drauf ist. Aber auch dort gibt es genug Leute die das soweit beherrschen und man nichts davon ablesen kann, selbst wenn man diese Reize alle auf einmal wahrnimmt.