Elterngeld ein Grund sich Kinder anzuschaffen?

vom 15.05.2017, 19:24 Uhr

In Deutschland freut man sich ja derzeit über den größten Baby-Boom seit der Wiedervereinigung. Den Meldungen zufolge ist dieser Rekordanstieg der Zahlung von Elterngeld geschuldet, weil dadurch eine bessere und zudem bezahlte Kinderbetreuung gewährleistet wäre. Ich habe ja da so meine Zweifel und gebe die Frage deswegen auch gern mal weiter. Meint ihr auch, dass das Elterngeld so attraktiv und verlockend ist, sich Kinder anzuschaffen oder auf was würdet ihr diesen rekordverdächtigen Geburtenanstieg zurückführen?

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ja klar, Elterngeld ist so lukrativ. Dir ist schon klar, dass das weniger ist als wenn du arbeiten gehst? Das sind 67% vom Durchschnittlichen Einkommen des Jahres davor, aber auch maximal 1800 Euro. Es ist ein reines drauf lege Geschäft was da veranstaltet wird, was in die Rentenversicherung eingezahlt wird als Erziehungszeit auch da legen viele nochmals drauf. Denn was dort eingezahlt wird, ist der Durchschnitt der Bevölkerung und wäre bei mir um einiges weniger als wenn ich selbst arbeiten gehen würde.

Was hat die Kinderbetreuung mit Elterngeld zu tun? Sicherlich hat man einen Rechtsanspruch auf einen Kita Platz, wenn aber keine vorhanden sind, dann kannst du den Anspruch dir auch sonst wo hin stecken. Dann müssen dort die Zeiten passen, das was man dafür bezahlt usw. Sicherlich findet man immer einen Kita Platz wenn man auch jeden Monat 1000 Euro auf den Tisch legt, aber wer kann das denn schon so einfach zahlen neben den anderen Ausgaben die man hat, wie Miete, Strom, Futter usw.? Willst und brauchst du einen billigeren Platz, dann kannst du teilweise lange stehen. Erst heute ging wieder ein Bild durch die Zeitungen, bei dem über 400 Elternpaare anstanden für einen Kita Platz in Leipzig.

Elterngeld ist mit Sicherheit kein Grund sich Kinder anzuschaffen, lohnt sich vom finanziellen her genauso wenig wie das Kindergeld mit dem öfters Argumentiert wird. Kindergeld reicht hinten und vorne nicht die Kosten zu Decken die ein Kind verursacht und das Elterngeld ist weniger als wenn man arbeiten geht. Was soll daran lukrativ sein?

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Absolut verlockend die 67 % des durchschnittlichen Einkommens vom Vorjahr. Also mal die Ironie beiseite, ein Grund sollte das nicht sein ein Kind zu bekommen. Man bleibt mit dem Kind zu Hause und es ist ganz nett diesen Anteil zu bekommen, aber ich denke nicht, dass es ein Grund ist, da man doch ganz schönen finanziellen Verlust hat, wenn man auf das Einkommen angewiesen ist.

Wobei es natürlich schon ganz nett ist, wenn man weiß, dass man doch noch etwas bekommt, wenn man nicht arbeiten gehen kann und zu Hause bleibt. Man sollte Kinder aber aus anderen Gründen bekommen. Immerhin muss man auch ein Leben lang für sie aufkommen, sie ernähren und sie auch erziehen. Außerdem ist dann auch nicht gesagt, dass man eine Betreuung findet und einen Platz bekommt, damit man wieder arbeiten gehen kann. Da warten etliche Mütter oder Väter zu Hause auf eine Zusage und können eben nicht mehr arbeiten gehen, weil das Kind ja nicht alleine zu Hause bleiben kann.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Kann es sein, dass das Elterngeld hier begrifflich mit der Herdprämie verwechselt wird, die man bekommt, wenn man das Kind zu Hause betreut? Selbst wenn nicht, würde die Herdprämie in Kombination mit dem Elterngeld kaum das ursprüngliche Gehalt aufwiegen können. Jeder Mensch, der nur wegen diesen beiden Geldern (und dem Kindergeld) ein Kind anschafft, weil er im Prinzip Dollarzeichen in den Augen hat, denkt nicht zu Ende und hat meiner Ansicht nach keinen Verstand. Denn trotz zusätzlicher Einnahmen (wie Herdprämie und Kindergeld) kostet ein Kind doch viel mehr. Das ist eine Milchmädchenrechnung.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Natürlich kann das Elterngeld ein Grund sein, ein Kind zu bekommen. Aber nicht weil die werdenden Eltern Dollarzeichen in den Augen haben, sondern weil wenigstens eine gewisse Zeit, die man sich komplett um das Kind kümmert, nicht zum finanziellen Desaster wird.

Gehen wir einmal ein wenig in der Zeit zurück. Als ich auf die Welt kam, konnten Beamte und Richter (neuerdings nicht mehr nur Frauen!) sich bis zu 16 Jahre für die Kindererziehung freistellen lassen. Bezüge gab es keine, damals hatte man gefälligst einen Ehepartner zu haben, der einen samt Nachwuchs ernährt. Und wer kein Beamter war?

Als ich kam, wurde der Steuerfreibetrag in Höhe von 1.200 DM für Kinder abgeschafft. Dafür gab es jetzt Kindergeld für alle. Vorher erhielten das nur Familien, die weniger als 7.200 DM pro Jahr hatten ab dem zweiten Kind. Jetzt gibt 50 DM für das erste, 70 DM für das zweite und 120 DM für jedes weitere Kind.

Aber der Mutterschutz geht nur acht Wochen nach der Entbindung und danach gibt es nichts. Es gibt keine staatlich organisierte Betreuung für Kinder unter drei Jahre und es gibt außer Sozialhilfe oder Ehepartner auch keine Versorgung. Erst als ich schon im Kindergarten war, wurde ein Mutterschaftsurlaub eingeführt. Jetzt gab es aus Steuermitteln vier Monate lang den Nettolohn, maximal 750 DM. Das erlaubte dann eine Auszeit von insgesamt sechs Monaten.

Ein Freibetrag für die Kosten der Kinderbetreuung gab es erst 1980. Erst zwei Jahre später gibt es wieder Steuerfreibeträge für Kinder. Dafür wird 1984 das Mutterschaftsgeld auf 510 DM gekürzt und es bekommen alle Mütter. Ab 1986 wird daraus Erziehungsgeld. Jetzt gibt es ein halbes Jahr 600 DM für alle, danach wird es weitere sechs Monate immer weniger. Und Frauen haben endlich einen Rechtsanspruch auf Weiterbeschäftigung.

Dann hat sich lange gar nicht so viel getan. Aber das Leben hat sich ziemlich verändert. Frauen wollen und sollen arbeiten. Viele Familien benötigen zwei Einkommen. Man ist nicht mehr automatisch verheiratet und zwischen 2008 und 2013 war es beim Unterhalt ganz kritisch. Das Zusammenspiel aus der Reform des Unterhaltsrechts, Elterngeld und dem Betreuungsangebot für kleine Kinder und Schulkinder dürfte die Bereitschaft steigern, weil mehr Planungssicherheit da ist.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Täubchen hat geschrieben:Kann es sein, dass das Elterngeld hier begrifflich mit der Herdprämie verwechselt wird, die man bekommt, wenn man das Kind zu Hause betreut? Selbst wenn nicht, würde die Herdprämie in Kombination mit dem Elterngeld kaum das ursprüngliche Gehalt aufwiegen können. Jeder Mensch, der nur wegen diesen beiden Geldern (und dem Kindergeld) ein Kind anschafft, weil er im Prinzip Dollarzeichen in den Augen hat, denkt nicht zu Ende und hat meiner Ansicht nach keinen Verstand. Denn trotz zusätzlicher Einnahmen (wie Herdprämie und Kindergeld) kostet ein Kind doch viel mehr. Das ist eine Milchmädchenrechnung.

Herdprämie gibt es nicht mehr, seit der BGH dieses für unzulässig erklärt hat. Es gibt noch drei Bundesländer in denen man Landeserziehungsgeld beziehen kann, darunter auch Bayern. Es ist an strenge Auflagen geknüpft damit man das beziehen kann, in allen anderen Bundesländern gibt es das nicht mehr. Zusammen mit Elterngeld wird da rein gar nichts ausgezahlt. Das Landeserziehungsgeld gibt es auf Antrag erst im Anschluss wenn das Kind nach dem ersten Lebensjahr weiterhin Zuhause betreut wird. Sprich ab dem 14. Lebensmonat kannst du das beziehen und das ist auch nicht die Welt und dürfte zwischen 100-300 Euro liegen.

Ein Kita Platz wäre teurer und somit wird das Angeboten damit der Ansturm auf die wenigen Kita Plätze geringer ist. Ob das noch so rechtmäßig ist, prüft der BGH schon eine Weile. Somit kann es durchaus sein, dass alle die es nach 2013 beziehen ebenfalls nachträglich das zurück zahlen dürfen da es momentan nur unter Vorbehalt ausbezahlt wird bis die Entscheidung gefallen ist.

Sprich ein Einkommen nach Elterngeld und Kindergeld, setzt sich dann aus Landeserziehungsgeld und Kindergeld zusammen. Elterngeld ist nach einem Jahr vorbei, bei Alleinerziehenden 14 Monate oder wenn ein Paar sich das aufteilt können sie auch auf 14 Monate Bezug kommen. Erst dann würde das weitere greifen, ein doppelter Bezug ist nicht möglich und gar nicht vorgesehen. Damit steigerst du nicht dein Einkommen, nach Elterngeld und nur mit Landeserziehungsgeld wird es nochmals weniger als es vorher schon war. Von Absicherung würde ich da ebenfalls nicht sprechen.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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