Eltern zum Arzt begleiten, wenn sie alt sind?

vom 17.05.2016, 09:32 Uhr

Ich hatte neulich eine sehr interessante Diskussion mit einem Bekannten, der aus Syrien kommt. Er meinte, ihm wäre schon häufiger aufgefallen, dass alte Menschen bei uns im Lande sehr oft alleine zu Terminen zum Arzt und dergleichen gehen würden. Ihm wäre das unverständlich und er hätte den Eindruck, dass sich deutsche Kinder nicht genug um ihre Eltern kümmern würden. In seinem Land wäre das anders, dort würde man seine Eltern mindestens einmal pro Woche sehen und auch ständig bei Terminen begleiten und sie moralisch unterstützen.

Ich habe versucht ihm klarzumachen, dass man das nicht pauschalisieren kann. Denn ich habe zum Beispiel einen Vater, der mit 55 noch nicht so alt ist, aber der auch gar keine Hilfe möchte. Er legt großen Wert auf Selbstständigkeit und er möchte nicht hilflos auf andere angewiesen sein. Daher lasse ich ihm dann gerne seinen Willen, wenn er sich so besser fühlt. Solange es nicht ganz schlimm ist und er nahezu blind Auto fahren möchte, lasse ich ihn dann auch gewähren.

Aber wenn ich merke, dass er sich und andere mit seinem Verhalten gefährden würde, würde ich schon eingreifen. Ich möchte ihn ja nicht "entmannen" wenn ich meine Gesellschaft bei Arztterminen aufzwinge. Vielleicht denkt er in 10 oder 20 Jahren anders darüber und lässt sich dann gerne fahren und begleiten, aber ich finde nicht, dass man da die Schuld den Kindern geben kann und ihnen unterstellen kann, dass sie sich zu wenig um ihre Eltern kümmern würden, wenn diese alt sind. Sollte man als Kind seine Eltern zu Arztterminen begleiten oder nicht?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Die Frage ist doch zunächst einmal, ob das überhaupt möglich ist. Schließlich leben viele erwachsene Kindern nicht mehr in der selben Stadt wie ihre Eltern. Dazu kommt, dass die meisten Menschen bei uns einen Job haben, auch Frauen, und, dass die meisten Ärzte genau dann Sprechstunden haben, wenn die die meisten Menschen arbeiten müssen.

Ich wüsste jedenfalls gar nicht, wie ich das machen sollte, selbst wenn ich den Eindruck hätte, dass meine Eltern vielleicht Hilfe brauchen könnten. Ich finde es teilweise schon schwierig meine eigenen Arzttermine in meinem Terminkalender unterzubringen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich kenne bei diesem Thema beide Seiten. Eine meiner Omas wollte immer alleine zum Arzt gehen, auch als sie schon sehr alt und schwerfällig auf den Beinen war und damit einfach ihre Selbstständigkeit waren. Das kann ich total nachvollziehen und kann mir vorstellen, dass ich es auch so lange wie möglich selbstständig versuchen würde. Ich würde niemanden zwingen dann meine Hilfe anzunehmen, außer ich sehe, dass es offensichtlich nicht anders geht.

Andererseits wollte meine andere Oma bereits sehr früh, dass sie jemand zum Arzt begleitet. Sie hat einfach zu viel Angst, dass ihr etwas wichtiges entgeht, gerade wenn es um die Medikamenteneinnahme geht. Auch diese Seite kann ich gut nachvollziehen und finde es gut, dass meine Eltern in diesem Fall Unterstützung bieten, ich würde dies ebenso bei meinen Eltern machen.

In arabischen Ländern ist es teilweise üblich, dass auch schon jüngere Familienmitglieder zum Arzt begleitet werden. Gerade bei Frauen ist häufig der Sohn dabei. Das sind einfach kulturelle Unterschiede und der Familienaspekt hat dort auch noch einmal eine andere Bedeutung als in unserem Raum. Ich finde auch dies hat durchaus positive Seiten und jeder sollte mit seinen Angehörigen eine Lösung finden, mit welcher alle einverstanden sind.

» bambi7 » Beiträge: 1248 » Talkpoints: 16,84 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Pauschal kann man das Thema sicherlich nicht sehen. Aber ich kann auch aus Erfahrung sprechen, dass sich mein Vater damals lange gegen meine Unterstützung gewehrt hat. Wobei ich ihn dann meist nur zum jeweiligen Arzttermin gebracht habe, um ihn dann abzuholen, wenn er fertig war. In der Zwischenzeit habe ich halt meine eigenen Wege erledigt. Nur ging es damals auch um Untersuchungen, wo vorher nicht klar war, wie er die notwendigen Medikamente verträgt.

Nach ein paar heftigen Diskussionen hat er es dann auch eingesehen. Und für die späteren Termine, die regelmäßig weiter weg statt fanden, hat er es halt hingenommen, dass die jeweiligen Absprachen mit meinen anderen Terminen passen mussten. Selbst wenn die eigenen Eltern oder Großeltern ansonsten noch selbständig ihr Leben meistern, muss man sich auch manchmal durchsetzen, weil es zu ihrer eigenen Sicherheit ist.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich denke, dass es immer darauf ankommt, wie alt die eigenen Eltern denn sind und welche Leiden sie denn haben. Außerdem kommt es ja auch etwas darauf an, wie wichtig diese Termine im Endeffekt sind und wie nah man bei den Eltern wohnt. Sind die Eltern im Alter trotzdem sehr fit und handelt es sich um eine einfache Routineuntersuchung, muss man natürlich nicht unbedingt durch halb Deutschland reisen, um die Eltern bei diesem Gang zum Arzt beizustehen. Das wäre ja wirklich etwas merkwürdig und den Aufwand auch nicht wert.

Wenn die Eltern aber wirklich schon alt und krank sind und wenn es ihnen vielleicht schwer fällt, alleine zu gehen, während man in der Nähe wohnt, dann finde ich es schon selbstverständlich, sie auch zum Arzt zu begleiten und sie dann auch dahin zu fahren. Gerade dann, wenn sie eine schlimme Krankheit haben und man weiß, dass sie vielleicht nicht mehr so lange zu leben haben, sollte man das auf jeden Fall machen, sofern es einem denn möglich ist.

Aber leider hat man ja auch nicht immer die Zeit. Wenn man erwachsen ist, hat man ja auch seine eigene Familie, um die man sich kümmern muss und wegen der man sich auch hin und wieder von der Arbeit frei nehmen muss. Da kann man sich auch nicht unbedingt für jeden Arzttermin der Eltern freinehmen. Das ist manchmal leider einfach nicht möglich.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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