Eltern, die ein Kind mehr lieben

Die meisten Eltern, die mehrere Kinder haben schwören, dass sie all ihre Kinder gleich viel Lieben und würden das auch unter Eid aussagen. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Kinder das Gefühl haben, dass mindestens ein Elternteil das Geschwisterkind mehr liebt. Dieses Gefühl kann sehr zerstörerisch sein.

Selbst wenn es wahr ist, würden die Eltern das aber niemals zugeben, selbst wenn es auch für Außenstehende offensichtlich ist. Hattet ihr in eurer Kindheit oder Jugend mal das Gefühl, dass euch ein Elternteil mehr oder weniger liebt, als ein Geschwisterkind? Wie hat sich das geäußert? Und liebt ihr als Eltern ein Kind mehr als das andere?

Ich muss sagen, dass ich mir zu fast 100 Prozent sicher bin, dass fast alle Eltern ein Kind doch ei wenig lieber haben als das Andere. Das muss nicht dauerhaft oder permanent sein, sondern kann vom Tag oder den vorhergegangen Ereignissen abhängig. Aber mal ganz ehrlich: Wir selbst haben unsere Eltern doch auch von Tag zu Tag unterschiedlich gerne. Wenn Mutti heute mit uns im Kino war, weil wir eine gute Note hatten, aber Papa dann zu Hause meckert, weil wir unser Zimmer nicht aufgeräumt haben, wen mögen wir an dem Tag dann wohl lieber?

Ich denke, dass es bei Eltern nicht viel anders ist und das ist auch in Ordnung so. Man kann nicht sagen, dass man beide Personen gleich lieb hat, da man an jedem andere Eigenschaften schätzt - bei Erwachsenen wie bei Kindern. Wir Kinder haben ja auch meist ein Elternteil, dass wir ein kleines bisschen mehr mögen als das andere (oder eben auch ein großes Bisschen, je nachdem) und das würden wir auch nicht schlimm finden, da wir trotzdem beide lieb haben und das ist es, was zählt.

Solange die Eltern es die Kinder nicht spüren lassen, ist es aber auch nicht dramatisch. Nur, wenn die Kinder es mitbekommen, dass sie weniger gemocht werden als das Andere, kann es zu verheerenden Folgen kommen: Eifersucht, Neid und Entwicklungsstörungen sind die Konsequenz.

Ich denke, dass das auch nicht weiter verwerflich ist, wenn man das Kind es in dem Moment nicht spüren lässt. Es kann durchaus phasenweise sein, dass man ein Kind mehr mag, weil es beispielsweise weniger Probleme macht. Das heißt ja auch nicht automatisch dass man das andere Kind nicht liebt. Vielleicht ist es auch manchmal ein bisschen Instinkt, dass man das Kind mehr liebt, was mehr Schutz braucht.

Meine Mutter hat immer ganz klar einen Bruder von mir bevorzugt, was sich mittlerweile gewandelt hat auf den anderen Bruder, weil der näher bei ihr ist und sie ihn so besser manipulieren kann. Das hat sie mir schon auch gezeigt, wobei sie das von sich aus nie zugeben würde.

Man kann gar nicht alle Kinder immer gleich lieb haben als Eltern. Denn wenn das eine Kind artig das macht was es soll und das andere nur am Mist bauen ist und gar nicht hört, dann kommt es automatisch weil man selbst als Eltern davon genervt und gefrustet ist. Auch hat man eigentlich für seine Kinder Pläne, wie sich diese Entwickeln sollen, welche Werte ihnen wichtig sein sollen etc. gelingt es bei einem Kind nicht beim anderen jedoch zu 100%, dann ist es auch nicht unüblich das das andere Kind bevorzugt und damit mehr geliebt wird als das andere.

Eigentlich ist das ein normaler Prozess und keiner der Eltern kann sich davor entziehen auch wenn sie alle immer behaupte, ich liebe meine Kinder immer gleich viel. Das ist gar nicht möglich, war es nie und wird es auch nie sein. Die Frage ist dabei immer nur, wie man es die anderen Kinder eben spüren lässt oder ob man sich dabei soweit zusammenreißen kann, dass sich kein Kind weniger geliebt und bevorzugt fühlt als das andere. Ein ganz schwieriges Thema und kaum zu Managen, denn immer fühlt sich jemand zurückgestellt und weniger geliebt. Sei es weil Mama zuerst beim Geschwisterchen am Bett das Buch ließt oder der Bruder ein teureres Spielzeug bekommt oder mehr Vereine besuchen darf.

Somit ist es nicht verwunderlich, dass es in jeder Familie ein solches Kind gibt. Bei mir war es mein älterer Bruder, zum einen weil er er einzige männliche Nachkomme ist und zum anderen er auch das erste Kind überhaupt war. Somit wurde alles an ihm gemessen und verglichen und wenn man selbst sich anders entwickelte, dann wurde es entweder positiv oder auch negativ ausgelegt was sich dann auch wiederspiegelte in der Liebe die geschenkt worden ist.

Mit der Zeit wurden die Kinder gar nicht mehr beachten und somit waren alle gleich ungeliebt, aber die Anfangszeit in der mein Bruder bevorzugt worden ist gaben mir Jahrelang das Gefühl das eben nur er jemals überhaupt die Elterliche Liebe erfahren durfte. Inzwischen ist es mir egal, ich habe meine eigene Familie und mein eigenes Kind. Da es nur eines ist, gibt es auch keine weiteren Kinder mit denen er sich die Aufmerksamkeit und Liebe teilen müsste.