Einstudierter Hochzeitstanz meist wenig emotional?

Ich sehe öfter mal die Sendung "Vier Hochzeiten und eine Traumreise" dort sieht man viele unterschiedliche Hochzeitstänze. Mir gefallen aber meist die am besten, die keine richtige Choreographie haben und nicht einstudiert aussehen. Auch höre ich meist von anderen, dass solche einstudierten Tänze meist eher wenig gefühlvoll und emotional aussehen.

Ich denke, dass es schwierig ist, da auch Gefühl rein zu bringen, wenn man genau an die einstudierte Schrittfolge denken muss, als wenn man sich einfach nur auf den Partner konzentrieren kann. Findet ihr einstudierte Hochzeitstänze eher wenig emotional und gefühlvoll? Oder meint ihr, dass man das so gar nicht direkt sagen kann? Empfindet ihr einstudierte Tänze meist eher als eine reine Abfolge?

Warum müssen Tänze überhaupt irgendwie emotional und gefühlvoll sein? Mir erschließt sich die Logik nicht wirklich. Auf mich konkret bezogen, würde es keine Rolle spielen, ob der Tanz einstudiert ist oder nicht, ich wäre eh total emotionslos und würde mich entweder auf die gelernten Schritte konzentrieren oder aber ich würde (wenn vorher nicht geübt wurde) mich darauf konzentrieren, meinem Tanzpartner nicht voll auf die Zehen zu treten. In beiden Fällen wäre ich so konzentriert, dass ich keine Zeit hätte gefühlsduselig zu werden und mir erschließt sich nicht, warum man beim Tanzen überhaupt emotional werden soll.

Für unseren Hochzeitstanz haben wir eine Tanzschule aufgesucht und dann 2 verschiedene Tänze getanzt. Sonst wäre das auch nichts geworden, weil wir beide vorher noch nie richtig getanzt haben. Mit diesem Einstudieren war es dann aber eigentlich ganz gut. Emotional ist so ein Tanz eigentlich schon für einen selber, aber eben auch anstrengend, wenn man alles perfekt machen will.

Unser Tanz war letztendlich nicht perfekt, mein Mann ist mir ein paar Mal auf den Fuß getreten, weil wir nicht mit dem Kleid üben konnten und dennoch meinten die Gäste, dass wir uns verliebt angesehen hätten und sie das schon fanden. Letztendlich muss man es so machen, wie es einem selber gut tut und man es richtig findet.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass jede "echte" Emotion außer Lampenfieber sehr schnell zum Fenster hinaus fliegt, wenn man als Laiendarsteller seine eigene Hochzeit fürs Fernsehen aufzeichnen lässt und vermarktet. Ich finde, dass man schon sehr gute Schauspieler braucht, die ihr Handwerk wirklich verstehen, damit auf der Bühne oder auf dem Bildschirm wirklich Emotionen übertragen werden und man als Zuschauer wirklich das Gefühl hat, die Person ist gerade im siebten Himmel oder hat eine Schlacht verloren oder was auch immer. In meinen Augen zeichnet das die Fähigkeiten eines Schauspielers oder einer Schauspielerin aus, dass sie uns vergessen machen kann, dass sie in einem mega-unbequemen Kostüm in einer Lagerhalle steht, und eigentlich gerade vor allem aufs Klo muss.

Daher kann man meiner Meinung nach von Laien gar nicht erwarten, dass sie in einer völlig ungewohnten und (wie ich finde) künstlichen und gestellten Situation, in der alle Augen und Kameras auf sie gerichtet sind, auf einmal die Verliebtheit aus allen Knopflöchern scheinen lassen können und(!) zugleich schön und ästhetisch tanzen. Wenn hier also nicht gerade die deutschen Meister in Standard und Latein den Bund der Ehe schließen, hat man als Zuschauer im Regelfall entweder zwei dickliche Normalbürger, die sich verliebt in die Augen schauen und dabei tanzbärenhaft von einem Bein aufs andere schwanken oder eine top gestylte Choreographie, bei der die Partner weniger verliebt als hochkonzentriert dreinblicken.

Ich selber finde die nicht-durchgestylte Version erheblich liebenswerter, aber in diesem Fall geht es ja nicht darum, dass sich Freunde und Verwandte für einen freuen, sondern dass das Fernsehen angemessene Bilder zur Verfügung gestellt bekommt. Und wenn der Sender keine Tanzbären möchte, muss die Romantik eben hintanstehen. Ich selber verstehe generell nicht, wieso man aus seinen Gefühlen gerade bei einer Hochzeit eine Show für die Zuschauer machen muss und diese mit Emotionen beliefern, die nicht ihre eigenen sind, aber das steht auf einem ganz anderen Blatt.