Einfach annehmen, dass jemand zu Hause ist?

Letztes Wochenende gab es ziemlichen Krach bei uns im Treppenhaus. Eine junge Frau lebt zur Zeit mit ihrem kleinen Baby vorübergehend bei ihrem Vater, der bei uns im Haus wohnt. Sie war wohl unterwegs und ging davon aus, dass er wohl zu Hause wäre. Schlüssel hatte sie aus welchen Gründen auch immer nicht mit. Vor Ort stellte sie jedoch fest, dass ihr Vater gar nicht zu Hause war.

Sie telefonierte ihm dann hinterher und schimpfte laut in irgendeinem unverständlichen Kauderwelsch und regte sich sichtlich über diese Situation auf. Es gab schon Beschwerden von den Nachbarn, dass sie doch bitte leiser sein soll, das war Sonntag spätabends.

Versteht ihr, warum man einfach annimmt, dass jemand zu Hause ist ohne das vorher abgesprochen zu haben? Wenn sie gewusst hätte, dass ihr Vater nicht zu Hause ist, hätte sie ja auch die Schlüssel mitnehmen können.

Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Normaler Weise nimmt man seinen Schlüssel doch eigentlich immer mit, oder nicht? So machen wir das zumindest. Es kann ja sein, dass man aus irgend einem Grund doch noch mal weg muss und eben nicht zu Hause ist, wenn der andere nach Hause kommt.

Da sollte der dann seinen Schlüssel auf jeden Fall dabei haben. Es ist zwar ärgerlich, dass der Vater der jungen Frau nicht zu Hause war um ihr die Tür zu öffnen, aber sie hätte ja auch einfach so mal ihren Hausschlüssel mitnehmen können.

Bei meiner Mutter kann ich eigentlich auch annehmen, dass diese immer zu Hause ist, zumindest ab dem Mittag. Alles was so ansteht, wird bei ihr immer morgens gemacht und ab dem Mittag ist sie grundsätzlich immer zu Hause. Nur dann, wenn mein Vater frei hat, machen die beiden etwas, wobei sie dann auch mittags nicht da sind, aber wenn er arbeitet, dann kann ich mit fast hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass meine Mutter ab dem Mittag zu Hause ist. Von daher nehme ich das auch oft einfach an und sage meiner Mutter auch nicht immer die genaue Zeit, wann ich komme, wenn ich sie besuchen will. Das hat bisher auch immer geklappt.

Früher hat uns mein Onkel mit seiner Familie auch oft am Sonntag besucht, wobei er seine Besuche jedoch nie angekündigt hat. Da war es dann auch immer so, dass dieser spontan vor der Tür stand, wobei er meinte, dass er wüsste, dass wir Sonntag ohnehin immer zu Hause wären. Das war dann auch immer so. Und auch, als wir früher meine Oma spontan besuchten, nahmen wir immer an, dass diese zu Hause sein würde, was dann auch immer der Fall war.

Wenn man sich wirklich sicher ist, dass jemand zu Hause ist, dann kann man sich schon darauf verlassen. Dennoch ist es natürlich immer besser, wenn man einen Schlüssel dabei hat oder die entsprechende Person vorher einfach über den Besuch informiert. So kann dann wirklich nichts schief gehen und man steht dann letztendlich auch nicht vor verschlossener Tür, was durchaus sehr ärgerlich sein kann.

Ich denke auch, dass es viele Menschen gibt, bei denen man sich da zu 99 % sicher sein kann. Es sei denn natürlich etwas Unvorhergesehenes passiert. Deshalb ist es immer besser, den Schlüssel mitzunehmen und es so in der eigenen Kontrolle zu haben. Jeder kann ja mal vom Notarzt abgeholt werden müssen.

Aber wenn der Vater dieser Frau nie ausgeht, ist es sicherlich außergewöhnlich, dass er Sonntag abend nicht daheim ist. Im Grunde muss dann sogar eher er Bescheid sagen, dass er nicht da sein wird, als dass sie fragen muss, ob er da sein wird. Denn normalerweise würde sie sonst jeden Tag fragen und immer ein Nein ernten.

Aber egal, wie es gelaufen ist, wenn sie einen Schlüssel dabei gehabt hätte, wie das als Erwachsene üblich ist, hätte sie einfach in die Wohnung spazieren können. Ich denke, sie hat sich eher über sich selbst geärgert. Das ist aber auch alles kein Grund, im Treppenhaus ins Telefon zu schreien.

Ich kann mir schon vorstellen, dass der Mann üblicherweise eben zu Hause ist und dass die Frau darum vielleicht schon oft den Schlüssel umsonst mitgenommen hat und darum nun einfach davon ausging, dass sie ihn nicht braucht oder dass sie ihn einfach vergessen hat. Aber allgemein denke ich, dass immer mal etwas sein kann und dass dann niemand daheim ist. Das wird die Frau nun auch erfahren haben und man kann nur hoffen, dass sie daraus lernt und den Schlüssel einfach mitnimmt, auch wenn es vielleicht umsonst sein sollte.

Gerade mit Baby würde ich immer einen Schlüssel mitnehmen, Absprache hin oder her, aber da muss man einfach sicher sein können, dass man im Notfall auch in die Wohnung kommt. Ich kann also nicht verstehen, wie sie so naiv sein kann und da einfach erwartet, dass der Vater da ist. Es kann immer mal etwas dazwischen kommen und so würde ich nicht erwarten, dass jede Person immer da ist, wenn ich das gerne so hätte.

Ich glaube, wenn jemand ohnehin immer da ist, dann erwartet man auch, dass er nicht weggeht. Man schlussfolgert ja aus den Gewohnheiten eines Menschen. Und da lässt man dann eben den Schlüssel daheim. Das hat auch nichts mit Erwachsensein zu tun. Es ist ja kein typisches Erwachsenen-Merkmal, den Schlüssel immer dabei zu haben. Vielleicht gibt es auch nur einen Schlüssel und es ist bei den beiden so üblich, dass einer von beiden stets daheim ist.

Manchmal ist man sich sicher, dass Personen zu Hause sind. Das gibt es durchaus bei einigen Menschen, aber es kann auch immer eine Ausnahme geben. Meistens ist es dann so, dass man ausgerechnet in diesem Moment kommt, wo Person A nicht zu Hause ist. Sowie die besagte Tochter mit Baby bei ihrem Vater vor verschlossener Tür stand!

Es ist allerdings ihr Fauxpas, weil sie schließlich den Schlüssel vergessen hatte. Sie muss nicht, auch wenn es üblich ist, davon ausgehen, dass ihr Vater daheim ist. Es kann immer mal etwas dazwischen kommen, man hat etwas beim einkaufen vergessen usw, sodass man nicht zu Hause ist.

Ich finde es nicht sehr schön, wenn man dann seinem Vater noch dumm am Telefon anmacht, weil man selber zu vergesslich war, den Schlüssel mit zunehmen. Ihr ist ja auch ein Missgeschick passiert. Wenn der Vater als Beispiel geschlafen hätte, dann hätte sie ihn wachgeschellt, aber kann mir kaum vorstellen, dass er ihr dann eine Moralpredigt gehalten hätte oder?