Eine irre Entscheidung: Behindertes Kind oder Ehefrau?

vom 14.02.2015, 23:14 Uhr

Wenn eure Partnerin einen behinderten Sohn mit Down Syndrom zur Welt bringen würde, wie würdet ihr reagieren? Käme es für euch infrage, das Kind abzugeben?

In Armenien ist das passiert, dass die armenische Ehefrau eines Neuseeländers das Kind in ein Heim gab, ohne ihren Ehemann zu fragen. Er sollte sich entscheiden zwischen seiner Ehefrau oder seinem Sohn. Er liebt seinen Sohn seit er ihn sah und entschied sich für seinen Sohn. Die Ehe wird geschieden.

Eine Welle der Solidarität entstand, als die Geschichte publik wurde. Über 9,000 Menschen spendeten. 10 Tage später erhielt der Vater 350.000 Dollar, damit er nach Neuseeland zurück kann, um seinen Sohn dort zu pflegen.

Menschen scheinen doch noch ein Herz für behinderte Kinder zu haben, das die Mutter nicht hatte. Nun wird der Vater mit seinem Kind ohne die Mutter in Neuseeland leben. Ich kenne nicht die armenische Mentalität und Gepflogenheit. Aber sollte es nicht zwischen den Eltern besprochen werden, wenn sie sich uneins sind wegen ihres behinderten Kindes? Nebenbei hätten sich die beiden doch auch schon früher darüber klar werden können, was mit dem Kind passiert. Seid ihr anderer Meinung?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Man muss auch mal die Seite der Frau betrachten und darf sie nicht einfach so als herzlos hinstellen. Das Down-Syndrom ist in den meisten Fällen eine sehr starke Behinderung, das Kind würde nie selbstständig, bräuchte immer Hilfe und Pflege, sodass für die Eltern ein normales Berufsleben gar nicht möglich ist. Kannst du nicht verstehen, dass das vielleicht jemand nicht möchte?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich würde das eher mit der Mentalität begründen. Denn soweit ich weiß ist es in Armenien noch so, dass die Kinder später für die Eltern mit sorgen. Das ist mit einem kranken Kind nicht möglich. Es ist also vermutlich allein die Zukunftsangst der Frau, dass sie das Kind nicht behalten wollte. Noch dazu wäre sie wohl in ihrem Land mit der Pflege des Kindes auf sich allein gestellt.

Im Vergleich dazu gibt es in Deutschland entsprechende Fördermöglichkeiten, damit ein Kind mit Downsyndrom zumindest halbwegs selbständig leben kann. Sicherlich nie allein, sondern immer in Betreuung. Aber gewisse Abläufe kann es eben allein erledigen. Von daher kann man die Frau nicht mal unbedingt für diese Entscheidung verurteilen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Doch, Zitronengras, ich kann verstehen, dass jemand lieber arbeiten geht. Aber in Armenien ist es so, dass die Frauen nur Hausfrau und Mutter sind. Sie ziehen die Kinder groß und machen den Haushalt, aber arbeiten gehen sie nicht. Es ist auch keine Arbeit da. Selbst die Männer wandern aus, weil sie keine Arbeit bekommen. Es gibt also einen großen Frauenüberschuss dort.

Ja, Punktedieb, es wird so sein, dass diese Entscheidung auch mit der Mentalität zusammenhängt. Ich will ja auch niemanden verurteilen. Aber meinst du nicht, dass man eine solche Entscheidung mit dem Ehemann bespricht, bevor man ein behindertes Kind weggibt?

Nun ist es in Armenien so, dass die Regierung empfohlen hatte, behinderte Kinder abzugeben. Allerdings ist der Vater Neuseeländer. Beide haben erst nach der Geburt erfahren, dass das Kind das Down-Syndrom hat. Wäre da nicht ein Gespräch zwischen den Eheleuten fällig gewesen?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich verstehe das nicht, wie man nicht mal über so etwas reden kann. Für mich und meinen Partner steht fest, das wenn wir ein behindertes Kind bekommen sollten ich mich dann zu Hause darum kümmern werde. Ich könnte mein Kind nie in ein Heim geben und mein Partner auch nicht, das wäre eine Umstellung der bisherigen Lebensumstände, aber es ist dann unser Kind und bleibt es auch. Hätte ich einen Partner, der mich vor die Wahl stellen würde, dann würde ich das Ganze beenden, weil dann liebt er mich nicht.

Meiner Meinung nach sollte man nun aber auch nicht ohne weitere Informationen über diese Frau richten. Vielleicht ist es gesellschaftlich einfach nicht angesehen, dass man ein behindertes Kind hat und vielleicht hat man dadurch einfach Nachteile. Dennoch finde ich das Verhalten nicht entschuldbar und kann den Mann verstehen, ich hätte es auch so gemacht.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Man weiß doch gar nicht was da wirklich passiert ist. Ich las erst kürzlich ein Statement von der Mutter, in dem es hieß, dass ihr (Ex-)Ehemann das total falsch dargestellt haben soll und sie hat im Prinzip alles dementiert, was er gesagt hat. Jetzt steht es also Aussage gegen Aussage und ohne Beweise wird man wohl schlecht sagen können wer von beiden jetzt Recht haben wird mit seiner Sicht der Dinge.

Noch dazu kommt, dass es ja auch sein kann, dass er bewusst ein derartig negatives Bild von der Ehefrau gezeichnet hat in der Öffentlichkeit, um damit den Spendenmarathon anzukurbeln. Geld regiert nun mal die Welt und es ist ja reichlich bekannt, welch immense Summen zusammen gekommen sind, um den vermeintlich allein erziehenden Vater mit einem behinderten Kind zu unterstützen und die Übersiedlung nach Neuseeland zu ermöglichen. Vielleicht war das nur eine clevere Werbestrategie um irgendwelchen ahnungslosen und naiven Spendern das Geld aus der Tasche zu ziehen.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


@Cid und Ramones: Man kann unsere offene Kommunikation in der Beziehung nicht mit anderen Ländern vergleichen. Wenn es wirklich so stimmen sollte, wie es veröffentlicht wurde, dann liegt da auch viel in der Mentalität der Menschen dort. Und da kann man auch Beispiele aus anderen Ländern bringen, wo eben nicht über Probleme gesprochen wird, sondern man handelt gleich.

So wie etwa Stämme in Afrika, wo Frauen gesteinigt werden, nur weil jemand das Gerücht in die Welt setzt, dass sie fremd gegangen wäre. Auch da gehen die Männer dem nicht nach um zu erfahren, ob es nun nur ein Gerücht ist oder die Wahrheit. Da wird auch nicht mit der Frau gesprochen. Nur weil das nicht unseren Moralvorstellungen entspricht, kann man da auch keine pauschalen Urteile fällen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



@Punktedieb, hier geht es um ein Kind, das abgegeben wurde, weil es behindert ist und das ohne Rücksprache und Information mit dem Ehemann. Sicher wird eine offene Kommunikation wie bei uns nicht üblich sein. Doch hier geht es nicht um ein schimmeliges Brot, das die Ehefrau vernichtet ohne Rücksprache. Es geht um den Abtransport eines Kindes, dessen Eltern beide Eheleute sind und beide das Recht haben, zu entscheiden, was mit dem Kind passiert. Was bitte hat das zu tun mit Stämmen in Afrika, die Frauen steinigen, wenn sie angeblich fremd gegangen sind? Nichts, aber ganz und gar nichts!

Hier geht es nicht um die eigene Frau, die nach Angaben anderer mit einem Mann fremd gegangen ist, es geht um das “eigene” Kind auch des Ehemannes. Und so viel Rechte hat ein Mann auch in Armenien, dass er mit entscheiden kann und sollte, was mit seinem behinderten Kind werden soll.

Wenn du solche Beispiele bringst, dann ist vielleicht ein Beispiel mit einem aus einer Vergewaltigung gezeugten Kind noch möglich. Wenn es auf die Welt kommt, wird es meistens auf die Müllkippe geworfen. Geschieht oft in Saudiarabien, wo Hausmädchen vom Arbeitgeber oder deren Söhnen vergewaltigt werden. Das Hausmädchen kann keinem ihr Leid klagen oder Anzeige erstatten, sonst wird sie im Namen der dortigen Religion (Islam) gesteinigt, weil sie voreheliche Beziehungen hatte und nichts dafür konnte.

Olly173, wenn die Frau das jetzt, nachdem der Neuseeländer in ihren Augen reich geworden ist, anders hinstellt, will sie vielleicht versuchen, ein Stück von Kuchen ab zubekommen, wer kann es ihr verübeln? In Armenien sind die meisten Menschen sehr arm. Diese Frau und Mutter hat so gehandelt, wie die Regierung es empfohlen hatte, das schrieb ich auch schon. Ich glaube nicht, dass diese Frau entgegen der Anweisung der dortigen Regierung handeln würde. Es fehlt eben einfach die Rücksprache mit dem Ehemann.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


@Cid: Kennst du so genau die armenische Mentalität, dass du dir ein Urteil erlauben kannst? Ich glaube kaum und deswegen sollte man das eben auch unter anderen Aspekten versuchen zu sehen, als sie im Mitteleuropa normal sind. Wenn man die Lebensweise dort nicht kennt, dann kann man sie eben auch nicht unbedingt nachvollziehen. Und das Beispiel mit Afrika ist doch passend, was mangelnde Kommunikation angeht.

Oder würdest du es mit deiner mitteleuropäischen Lebenseinstellung nachvollziehen können, dass man in China über Jahrzehnte neugeborene Mädchen umgebracht hat? Können wir nicht. Aber aus Sicht der Chinesen und deren Traditionen wirkt das wieder anders. Und wer sagt denn überhaupt, dass die Version des Mannes wirklich stimmt?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Es fehlt eben einfach die Rücksprache mit dem Ehemann.

Das hat man doch überall auf der Welt, dass Frauen Dinge machen, die sie mit dem Ehemann nicht absprechen und dass umgekehrt auch Ehemänner Dinge machen, die sie mit der Frau nicht besprechen. Das hat gar nichts mit der Kultur zu tun, sondern einfach damit, dass man seinen eigenen Willen durchsetzen möchte.

Vielleicht wollte sie das Kind auf keinen Fall und hat schon geahnt, dass der Mann darüber anders denken könnte. Und da hat sie es selbst in die Hand genommen. Das ist vielleicht vergleichbar mit Frauen, die kein Kind möchten und daher abtreiben, ohne dass der Partner das weiß oder mit Frauen, die heimlich die Pille nehmen. Gibt es bestimmt auch alles hierzulande.

In Armenien sind die meisten Menschen sehr arm. Diese Frau und Mutter hat so gehandelt, wie die Regierung es empfohlen hatte, das schrieb ich auch schon. Ich glaube nicht, dass diese Frau entgegen der Anweisung der dortigen Regierung handeln würde.

Machst du immer alles so,wie es die deutsche Regierung vorgibt? Also ich denke, dass es auch in Armenien Menschen gibt, die nicht wie blöde Roboter einfach nur das machen, was ihnen irgendjemand sagt, sondern die selbst denken und handeln und sich eigenständig für oder gegen etwas entscheiden. Und es müssen auch in einem armen Land nicht alle Menschen arm sein.

Gerade wenn die einen Neuseeländer als Partner hatte, könnte man doch vermuten, dass es ihr wirtschaftlich besser ging oder dass sie vielleicht doch arbeiten war. Nur weil es in einem Land tendenziell eher unüblich ist, dass Frauen arbeiten, heißt das nicht, dass gar keine Frau arbeitet.

Vielleicht wollte hier einfach eine Frau kein behindertes Kind haben und mehr nicht, unabhängig von der Kultur. Manche Menschen wollen eben kein behindertes Kind und manche Frauen wollen das auch gegen die Meinung ihres Partners durchziehen.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

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