Eigenes Verhalten an Trinkgeld von Kunden orientieren?

Ich habe neulich eine Aussage von einem Kellner mitbekommen, der meinte, dass er sich nur um die Kunden bevorzugt kümmern würde, bei denen er eben weiß, dass es dort viel Trinkgeld geben wird. Das finde ich persönlich schon irgendwie befremdlich, wenn ich ehrlich bin.

Denn meiner Ansicht nach gehört es doch zu dem Job, dass sich alle Gäste wohlfühlen und nicht nur die Gäste mit besonders dickem Portemonnaie. Wie seht ihr das? Sollte man sich nur um die Gäste kümmern, die erwiesenermaßen mehr Trinkgeld geben als andere? Würdet ihr euch als Gast beschweren, wenn ihr so einem Kellner begegnen würdet?

Ich finde die Aussage des Kellners auch nicht besonders nett. Manche Leute haben eben nicht so viel Geld, dass sie ständig ein Trinkgeld geben können. Außerdem wird der Kellner ja auch vom Inhaber des Restaurants bezahlt, er bedient seine Kunden ja nicht "umsonst". Sein Chef würde sein Verhalten sicher auch nicht gut heißen. Denn ein Kunde, der nicht gut behandelt wird, kommt unter Umständen gar nicht erst wieder.

Man sollte sich um jeden Kunden gleich kümmern, solange dieser einem respektvoll und höflich begegnet und einen nicht herablassend behandelt. Davon abgesehen kann der Kellner jedem Kunden nur vor den Kopf gucken. Er kann vorher gar nicht immer hundertprozentig wissen, ob ein Kunde ihm Trinkgeld geben wird oder nicht.

Ich kann die Aussage dieses Menschen nicht verstehen. Immerhin lebt er davon, dass die Kunden ihm wohlgesonnen sind. Er kann vorher ja nicht wissen, wer Geld hat und ihm dieses extra geben will oder nicht. Ich kann nicht verstehen, dass man sich dann nicht bei jedem Mühe gibt.

Ich finde, dass man sich gerade bei Leuten, die nicht nach Geld aussehen Mühe geben muss, weil sie sich das nicht sooft leisten können und man ihnen so eine kleine Freude machen kann. Man kann ja auch mal nett sein ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Außerdem würde ich mich als Chef über so einen Angestellten echt ärgern, da so ein Kellner mit seinem Verhalten ja durchaus ein Aushängeschild ist und es dann ein schlechtes Licht auf das Lokal wirft.

Ich kann dieser Aussage des Kellners auch nicht wirklich etwas abgewinnen. Sicher kann er das bei Stammkunden wissen, wer ein größeres Trinkgeld gibt als andere Stammkunden. Aber darum dann das Verhalten den Gästen anzupassen, das finde ich nicht angebracht. Immerhin bekommt der Kellner ja auch ein Gehalt und er selber hat doch nicht mehr und nicht weniger davon, wenn er nett zu den Kunden ist, die wenig Trinkgeld geben. Bedienen muss er sie scheinbar doch so oder so.

Auch wenn ihr hier nichts abgewinnen könnt, man bekommt in diesem Bereich seine Kenntnis der Menschen und weiß, wer etwas gibt und wer nichts gibt. Entsprechend ist man darum bemüht, natürlich zu den Menschen die etwas geben auch netter zu sein. Denn als Kellner verdient man auch nicht die Welt und man ist auf das Trinkgeld zum Leben ebenfalls angewiesen, welches mit nach Hause gebracht werden muss und dort als feste Einnahmequelle gesehen wird.

Befremdlich finde ich daran nichts, denn das ist ganz normal menschlich und jeder ist käuflich und trägt auch mal eher den Hintern nach oder ist netter, wenn er dafür eine Gegenleistung bekommt. Job ist Job und irgendwie muss das Geld nach Hause kommen, dann macht man auch mal Dinge, die man selbst nicht sonderlich toll findet und legt sich auch ein dickes Fell zu.

Es ist auch nicht gesagt worden, dass sich dieser Kellner bei allen anderen verhält wie die Axt im Walde und dort die Sau heraus lässt. Der Übliche Service und die übliche Nettigkeit wird hier ebenfalls an den Tag gelegt und somit wird auch niemanden der Tag versaut, der sich das nicht immer leisten kann und empfindet damit ebenfalls keine Freude. Es geht hier eben nur darum, dass Menschen die mehr Trinkgeld geben noch einen ticken besser behandelt werden, und das ist in der Gesellschaft in vielen Sparten der Fall, nur darüber spricht niemand so offen und ehrlich wie dieser Kellner.