Durch Hochzeit depressiv werden möglich?

vom 30.07.2016, 20:30 Uhr

Ich habe vor einigen Tagen einen sehr interessanten Artikel gelesen, in dem es um Depressionen ging und in dem auch Risikofaktoren aufgelistet worden sind, die eine Depression auslösen könnten. Da wurden dann so Auslöser aufgezählt wie der Tod einer nahestehenden Person, eine Trennung oder Scheidung vom Partner, der Verlust des Arbeitsplatzes, eine chronische Überbelastung, eine Krankheitsdiagnose, der Eintritt in die Rente oder die Geburt eines Kindes.

Bei der Geburt des Kindes dachte ich als erstes an die postnatale Depression, die ja auf Hormonumstellung zurückzuführen ist. Das finde ich noch nachvollziehbar. Aber auf der Liste stand auch noch so etwas wie "Hochzeit" und "Beförderung" und das macht für mich gar keinen Sinn, wenn ich ehrlich bin. Die Hochzeit ist doch der schönste Tag im Leben von Braut und Bräutigam, wie soll der denn depressiv machen? Wobei in dem Artikel aber auch nicht stand, ob eher die Gäste depressiv werden würden oder die Gastgeber einer Hochzeit. Findet ihr das logisch und nachvollziehbar, dass man durch eine Hochzeit depressiv werden kann? Wie erklärt ihr euch das?

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich fände es tatsächlich extrem deprimierend wenn ich tatsächlich glauben würde, dass ich den "schönsten Tag in meinem Leben" an meiner Hochzeit erlebt hätte. Was kommt denn nach dem "schönsten Tag" noch? Wenn du Glück hast der zweitschönste Tag, aber bergab geht es auf jeden Fall, weil eine Steigerung ja gar nicht mehr möglich ist.

Mich würde es wirklich interessieren das näher zu untersuchen. Also, was für eine Art von Hochzeit da gefeiert wurde zum Beispiel. Großer Aufwand, Kirche, hundert Gäste und "einmal im Leben Prinzessin spielen" oder ganz entspannt nach dem Standesamt eine kleine Party mit den wirklich wichtigen Menschen? Oder was hatten die Menschen für eine Erwartung an ihre Hochzeit? Haben sie erwartet, dass sich dadurch tatsächlich irgendwas ändert an der Beziehung, was dann natürlich nicht eingetreten ist?

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich glaube, dass viele mit einer Hochzeit Dinge verbinden, die dann nicht eintreten. Manche heiraten vielleicht, weil die Beziehung nicht perfekt läuft und sie hoffen dann, dass die Eheschließung ein Zeichen ist und es danach besser läuft. Oder man merkt dann in der Ehe, dass einen das nicht erfüllt. Die Ehe hat ja auch so etwas Endgültiges, da kommt man so schnell nicht mehr raus.

Das wäre auch meine Sorge, dass man heiratet und hinterher nicht zufrieden ist. Dass man dann denkt "Mist, hätte ich mal lieber nicht machen sollen". Ich finde, die Ehe ist so ein großer Schritt und kann einen Menschen total einengen. Man kann darin sicherlich im positiven Fall seine Erfüllung finden, vielleicht aber auch nicht.

Und die Idee, Prinzessin zu spielen, finde ich auch nicht abwegig. Wann trägt man sonst als Frau so ein Kleid? Kann ja sein, dass man sich die Feier ganz toll gedanklich ausmalt und dann ist es gar nicht so.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Täubchen hat geschrieben:Aber auf der Liste stand auch noch so etwas wie "Hochzeit" und "Beförderung"

Ich kenne diese Theorie, vermutlich ist es so gemeint, dass jedes ins Leben einschneidende Erlebnis ein Auslöser für eine seelische Erschütterung und den Ausbruch einer latenten psychischen Erkrankung sein kann. Natürlich ist es dann nicht das ansonsten positive Ereignis an sich, was die Krankheit auslöst, sondern der damit verbundene Stress, der durch die Sache entstanden ist. Aber so richtig habe ich die Gleichung Hochzeit oder Beförderung mit dem Ergebnis Depression noch nicht bei anderen gesehen.

Speziell bei Hochzeiten aber habe ich es schon einige Male beobachtet, dass Leute hinterher außer Rand und Band waren und irgendwie in ihren Grundfesten erschüttert schienen, die Gründe wurden ja teils schon genannt. Manche bekommen Panik der Art wie "das soll es jetzt gewesen sein, das war schon alles", andere haben Sorge, etwas zu verpassen. Manch einer verspricht sich immerwährende Sicherheit und Glück und ist hinterher enttäuscht angesichts überzogener Erwartungen an ein Feuerwerk der Glückseligkeit.

Andere wollten ihre wacklige Beziehung festigen, der nächste fühlt sich plötzlich doch noch viel zu jung. Dann wieder kann einem der Partner mit einem Mal nach der Eheschließung unattraktiv erscheinen, weil man sich zu sicher fühlt oder umgekehrt merkt man, dass der Partner das über einen selbst zu denken scheint. Alles nicht gerade angedacht, um einen wirklich zufrieden und glücklich werden zu lassen.

» Verbena » Beiträge: 4943 » Talkpoints: 1,99 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ich denke, dass alles, was das Leben sehr einschneidend beeinflusst auch ein Auslöser für einen Depressionsschub sein kann. So kann es ja aber auch sein, dass man vor der Hochzeit viel Stress hatte mit der Planung und so weiter und dann einfach nicht damit klarkommt, wenn man nichts mehr zu tun hat. So etwas soll es ja auch geben. Außerdem ist eine Hochzeit schon ein deutliches Zeichen in eine Richtung und wenn man sich dann doch nicht so sicher im Nachhinein ist, kann man eventuell auch depressiv werden.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich finde es schon logisch. Auch die Argumentation mit "schönster Tag im Leben" das lässt quasi schon keinen weiteren schönsten Tag zu und zeigt danach nur noch ein Bergab. Ebenfalls kommt es wohl auf die Gründe der Hochzeit an, manche versprechen sich dadurch eine Beziehung retten zu können oder werden von anderen in diese Richtung gedrängt weil z.B. ein Kind unterwegs ist. Auch das kann mitunter dazu führen, dass die Entscheidung dazu einem aus der Hand genommen worden ist.

Dazu noch die Einengung durch nun weitere Pflichten die es im großen und ganzen in den meisten Beziehungen vorher schon gibt, aber durch die Unterschrift auf dem Papier wird das ganze nochmals verbindlicher. Rechte bekommt man zwar auch einige, aber in erster Linie wird man doch in die Pflicht genommen. Auch aus diesem Grund kommt oftmals die Frage kurz davor, ob man wirklich das richtige macht und ein paar bekommen dabei auch kalte Füße.

Nicht jede Hochzeit muss im großen Rahmen oder überhaupt gefeiert werden und braucht entsprechend auch keine Planung. Jemand der nur auf das Standesamt geht und dort unterschreibt, der hat mit Planung und Stress wenig am Hut. Denn eine Feier hinterher muss nicht organisiert werden in jedem Fall, auch wenn es wohl die meisten machen. Wer sich da entsprechend rein steigert und stressen lässt, der ist meiner Meinung nach komplett selbst Schuld.

Beförderung ist genau das gleiche. Eine Beförderung verbinden viele mit mehr Arbeit, weil es auch meistens so ist. Dadurch leidet dann auch das private Leben mit der Zeit und kann mitunter auch zu Depressionen führen. Auch in jeder so tollen Firma gibt es immer wieder Neider, die mit Beförderungen von anderen nicht zurecht kommen und ihnen zusätzlich das Leben schwer machen neben den eigentlichen Aufgaben.

Benutzeravatar

» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich könnte mir vorstellen, dass es vielleicht an den hohen Erwartungen liegen könnte, dass man vielleicht enttäuscht ist und eben auch deprimiert, wenn nicht alles bei der Hochzeit so verlief wie es sollte. Und es ist ja auch schon wirklich deprimierend, wenn man dieses "Schönste Tag im Leben" wörtlich nimmt. Das hieße ja, dass man so einen schönen Tag mehr oder weniger nie wieder erleben würde.

Vielleicht ist man auch durch die Vorbereitungen irgendwann sehr gestresst und hat Angst nicht alles zu schaffen und es deprimiert dann sicherlich auch, wenn eben etwas schief geht und man noch schnell anders planen muss. Für viele ist die Hochzeit vielleicht auch das Highlight im Leben und wenn dies dann vorbei ist, gibt es vielleicht kein weiteres mehr.

Benutzeravatar

» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Man muss hier mal wieder zwischen schlechter Laune und psychischer Krankheit differenzieren. Ist das denn so schwer? Depressionen können aus unterschiedlichen Gründen auftreten und haben absolut nichts damit zu tun, ob die Hochzeit der "schönste Tag im Leben" ist oder ob das Wetter schlecht war und das Kleid nicht richtig gepasst hat. :roll:

Außerdem geht es bei einer Hochzeit nicht nur darum, ob man wie eine Prinzessin aussieht und ob die Tischdeko auch in den richtigen Farben gehalten ist, sondern man steht finanziell, gesellschaftlich und auch als Individuum ganz anders da als vorher. Unabhängig von dem ganzen oberflächlichen Kram kann das ganz schön stressen, auch wenn man es eigentlich will und sich darauf freut.

Soweit ich mich erinnern kann, ging es, wie Verbena schon gesagt hat, in dieser Theorie ja sowieso generell um die Auswirkungen lebensverändernder Ereignisse auf die psychische Gesundheit. Diese können noch so positiv sein (oder kulturell als solche konstruiert werden), wenn noch andere Faktoren dazu kommen, kann die Psyche darunter leiden. Stress ist es schließlich in jedem Fall, und die negativen Auswirkungen auf Körper und Seele sind ebenso allgemein bekannt. Deswegen kann ich mir schon vorstellen, dass jemand durch ein Ereignis psychisch aus der Bahn geworfen wird, das alle für positiv halten, ebenso wie jemand vielleicht aus einer Scheidung oder einem ähnlich hässlichen Event gestärkt und glücklicher als zuvor hervorgeht.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^