Durch Filme Lust auf den Besuch einer Stadt bekommen?
Ich schaue mir zur Zeit mit Begeisterung die alten Tatortfolgen mit Hansjörg Felmy als Heinz Haferkamp aus Essen an. Ich finde die alten Folgen fast immer wesentlich besser als die neuen. Da ich in Essen geboren bin und meine ersten Lebensjahre bis zur Grundschule dort verbracht habe, kommt mir alles irgendwie vertraut vor. Die Umgebung, die Mentalität und die Sprache scheinen doch noch sehr stark in meinem Unterbewusstsein verankert zu sein. Ich plane nun, nach vielen Jahren zum ersten Mal meine Geburtsstadt, in der auch meine Eltern nur sechs Jahre gewohnt haben, zu besuchen.
Auch Venedig habe ich unter dem Einfluss der Filme nach den Büchern von Donna Leon unbedingt besuchen wollen und auch getan. Habt ihr auch schon einmal nach dem Anschauen eines Films Lust bekommen, eine bestimmte Stadt zu besuchen? Habt ihr es umgesetzt? Hat der Besuch euren Vorstellungen entsprochen?
Ich habe mir bei vielen Filmen, die an malerischen Orten spielen, schon gedacht, dass ich gerne mal dorthin fahren würde, oder aber richtiges Fernweh bekommen, wenn ich den Ort schon kannte. Die Filme „DaVinci Code“ und „Illuminati“ haben mir wieder richtig Lust auf einen erneuten Urlaub in Paris und Rom gemacht, und tatsächlich habe ich auch versucht, alle wichtigen gezeigten Schauplätze zu besuchen, als ich jeweils noch einmal dort war. Paris hat mir auch der Film „Midnight in Paris“ wieder schmackhaft gemacht. Auch New York kannte ich im Vorfeld schon aus diversen U.S.-Filmen und -Serien und war irre gespannt darauf, es live zu sehen.
Bei vielen Filmen stellt sich aber das Problem, dass die konkreten Schauplätze fiktiv sind oder dass die Szenen ganz woanders gedreht werden, als letzten Endes vorgegeben wird. Sieht man beispielsweise eine wundervolle Landschaft, die angeblich die schottischen Highlands sein sollen, kann es gut sein, dass die Location eigentlich irgendwo in einem völlig anderen Land liegt. Dann hat man zwar Lust auf eine Reise nach Schottland, wird dort aber andere Szenerien vorfinden.
Ich bekomme jedes Mal Lust, wenn ich Paris in einen Film sehe, mal wieder dort hinzufahren. Man muss aber dazu sagen ich bin wirklich gerne und auch häufig dort und wenn ich dann etwas sehe, dann bekomme ich eben noch mehr Lust dort zu sein. Auch New York würde ich aufgrund von Filmen gerne mal besuchen, aber da schreckt mich noch einiges ab das wirklich umzusetzen, aber vielleicht wird das ja noch. Ich denke, dass das bei vielen Filmen auch so ist, dass sie auch Lust auf die Stadt machen sollen und man deswegen schöne Ecken zeigt.
Nicht wirklich, weil Film und Realität nicht unbedingt viel miteinander zu tun haben. Ich habe zum Beispiel mal einen Film gesehen, der in Montmartre gespielt hat und da war mir direkt klar, dass sie die Straßen für die Außendrehs abgesperrt hatten. Sah alles nämlich so schön idyllisch und ruhig aus, praktisch der Gegenentwurf zum hektischen Großstadtleben in Paris.
Die Realität sieht aber so aus, dass man es tagsüber überhaupt nicht schafft auch nur ein ordentliches Foto der Architektur zu machen weil da einfach so viele Touristen herum latschen. Die Anwohner sind wohl auch schon total genervt und feiern die touristenfreie Zeit im Moment wahrscheinlich total.
Durch Dokumentationsfilme und natürlich Reisereportagen habe ich mir schon schöne Tipps und Ideen für Städtereisen geholt. Budapest zum Beispiel war ziemlich toll, Dublin ebenfalls. Aber Spielfilme sind mir zu "fake", als dass ich daraus wirklich Inspiration ziehen könnte, und die "klassischen" Städteziele wie Rom, Paris, London oder gar New York viel zu voll und zu dreckig, als dass ich da unbedingt hinmüsste. Ich habe lieber Reiseziele, die nicht im Overtourism versinken und bei denen man auch mal Einheimische trifft, die nicht schon seit Jahren die Schnauze bis obenhin voll haben von dem ganzen sandalentragenden Gesockse.
Beispielsweise habe ich in einem Making-Of mitbekommen, dass für den Film "Amélie" vor etlichen Jahren der Bezirk Montmartre quasi auf Hochglanz poliert wurde. Die Produktionsfirma hat Reinigungstrupps zum Müll sammeln geschickt, Graffitis entfernen lassen und generell (natürlich) nur die pittoreskesten Winkel und Ansichten zusammengestellt, in denen kein überlaufender Mülleimer, kein obdachloser Mensch und keine Hundekacke zu sehen sind, die nicht vom Filmteam so gewollt waren. Dieses Paris (oder London, oder Rom) ist genauso fiktional wie Hobbiton oder Disneyland und als Touristin würde ich diesen Ort vergeblich suchen und enttäuscht wieder abziehen.
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