Durch Europameisterschaft Beziehungskrise bekommen?

Wie die allermeisten sicherlich mitbekommen haben werden, ist zur Zeit Europameisterschaft im Fußball. Gestern Abend spielte Deutschland gegen Polen und nicht alle waren glücklich darüber. So habe ich zum Beispiel einen Arbeitskollegen, dessen Ehefrau aus Polen stammt.

Die beiden waren natürlich hin und hergerissen, weil man einerseits seinem Land treu ist und andererseits auch nichts gegen das Land des Partners hat. Im Endeffekt endete das Spiel im Remis, sodass mein Arbeitskollege scherzhaft meinte, dass es besser so wäre, weil es sonst zu einer handfesten Ehekrise gekommen wäre.

Mir ist bewusst, dass er das nur im Scherz gesagt hat und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es wirklich Streit gegeben hätte. Aber vielleicht gibt es tatsächlich Paare, die sich in so etwas dann zu sehr hineinsteigern. Könnt ihr euch vorstellen, dass manche Paare wegen einer Sportmeisterschaft tatsächlich Streit haben?

Also ich persönlich kann mir bei aller Euphorie für die Europameisterschaft trotzdem nicht vorstellen, dadurch ernsthafte Beziehungskrisen zu bekommen. Ich meine, wenn man sich schon wegen solcher Kleinigkeiten streitet, dann macht die Beziehung doch nicht gerade einen ernsthaften, gefestigten Eindruck.

Klar ist es durchaus in Ordnung sich bei Sympathien für gegnerische Mannschaften hin und wieder mal gegenseitig zu necken oder aufzuziehen. Jedoch sollte man es dabei nicht übertreiben. Immerhin wissen beide Partner innerhalb einer Beziehung wie viel Spaß der jeweils andere versteht und was gegebenenfalls zu weit geht. Insofern lassen sich Streits wegen solcher Kleinigkeiten mit einem gewissen Maß an Feingefühl gegenüber dem Partner vermeiden.

Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass eine Europameisterschaft einen Ehestreit auslösen kann. Höchsten weil er gerne schauen möchte und sie nicht und es deswegen dann Zoff gibt. Ich habe in einem Fernsehbeitrag ein Paar gesehen, bei dem sie gebürtige Polin war und er eben Deutscher. Am Ende des Spiels gab es ein Küsschen und beide waren sich eigentlich einig, dass es jeder eben für seine Mannschaft ist, aber trotzdem lief bei den Beiden alles sehr harmonisch. Ich denke auch, dass man schon sehr fanatisch sein muss, dass es wegen eines Fußballspiels zum handfesten Streit kommt.

Mit Fußball kann ich gar nicht so viel anfangen und verstehe auch die Begeisterung daran nicht. Daher wäre für mich ein fanatischer Fußballfan auch als Partner nicht in Frage gekommen. Aber selbst wenn man das Spiel spannend finden sollte, dann muss man sich doch nicht so hineinsteigern, dass man sich deswegen streitet.

Ich habe eine ausgeprägte Fußballallergie und es würde durchaus zu Probleme kommen, wenn mein Partner sein Leben an den Spielen orientieren würde. Allerdings kann ich da durchaus kompromissbereit sein, wenn es beide Partner sind.

Ich habe das Problem ein wenig mit meiner Familie. Mein Bruder, der am liebsten jedes Spiel sehen würde. Mein Vater, der nur Fußball schaut, weil mein Bruder schaut. Und ich, die Fußball nicht mag und grundsätzlich während jeder Weltmeisterschaft und jeder Europameisterschaft Geburtstag hat. Bis ich die Planung, denn natürlich besteht meine Familie darauf mich an meinem Geburtstag zu sehen, unter Dach und Fach habe, ist das oft ein logistisches Problem.

Welche Mannschaft wird mein Bruder, außer der deutschen Nationalmannschaft sehen wollen? Mein Vater, der dann rum zickt, warum mein Bruder da keine Rücksicht auf mich nimmt. Aber gleichzeitig auch mein Vater, der mich den ganzen Abend unterbricht, wenn ich was erzählen möchte, um mit meinem Bruder über Fußball zu sprechen.

Ich stelle mir in dem Konstrukt noch einen Partner vor, nach dem ich mich dann auch noch richten müsste. Der dann mit meinem Vater und meinem Bruder über Fußball diskutiert, während ich dabei sitze und immer schweigsamer werden. Und mein Partner dann womöglich noch die kruxen Ansichten meiner Angehörigen mit mir diskutieren möchte. Mit mir, die wahrscheinlich schon bei der Diskussion zum Spiel Deutschland gegen die Ukraine ausgestiegen ist und meine Familie schon über das Spiel der deutschen Mannschaft im Halbfinale spekuliert.

Ich kann mir schon vorstellen, dass es auch zum Streit und Krisen in Beziehungen kommen kann wenn beide Partner so vernarrt in das Thema Fußball sind und sich entsprechend in das ganze steigern. Viele sehen es auch als "ihre" Mannschaft, dabei sehe ich wenn ich mir ein solches Spiel anschaue nur 25 Männer auf dem Spielfeld (22 Spieler, Schiedsrichter und 2 Linienrichter) die einem runden Stück Leder hinterher rennen und sich dabei wie Kinder verhalten. Das solche Leute dafür Millionen kassieren will mir einfach nicht in den Kopf gehen.

Somit sollte man bereits merken, ich kann mit Fußball rein gar nichts anfangen und es interessiert mich auch nicht sonderlich ob "meine" Mannschaft die mein Land vertritt bei diesem Turnier gewinnt oder verliert. Somit würde ich auch keinen Streit vom Zaun brechen wegen einem solchen banalen Thema, aber ich hatte bislang Glück und meine Partner haben sich ebenfalls nicht für diesen Sport begeistert. Ansonsten würde ich meinen Partner einfach alleine schauen lassen und er kann dabei machen was er möchte, aber seinen Frust über eine Niederlage kann er woanders auslassen als an mir.

Natürlich kann man dann verschiedener Meinung sein und wenn man selber ein bisschen aufbrausend ist wird man eventuell auch Streit haben, aber das wird langfristig nicht an der Beziehung kratzen. Mein Mann und ich sind uns zum Glück recht einig. Wobei wir dann abseits vom deutschen Team bei den einzelnen Spielen auch anderen Mannschaften die Daumen drücken und dann sind wir uns auch nicht immer so einig, aber Streit gibt es deswegen nicht.

Dass man aber nun langfristig deswegen streitet oder sich in eine Krise stürzt kann ich mir nicht vorstellen. Selbst wenn man nun aus verschiedenen Ländern kommt. Sicherlich war das wirklich nur ein Spaß, was der Kollege da gesagt hat.

Ich kann mir schon vorstellen, dass es zu einer Beziehungskrise kommen kann, wenn ein Partner sehr intolerant ist und dem anderen den Spaß an den Spielen verderben will.

Beispielsweise Äußerungen, die Fußball als Kinderei abtun (und somit jedem Fußballfan einen infantilen Geisteszustand bescheinigen) oder Flaggezeigen in irgendeine rechte Ecke stellen wollen, würde ich bei einem Partner nicht akzeptieren. Da könnte es durchaus Streit geben.

Kein Problem sehe ich, wenn die Partner Fans unterschiedlicher Mannschaften sind.

Ich würde irgendeine Sportmeisterschaft niemals zu einem echten Problem ausarten lassen. Ich bin kein großer Fußballfan, gucke mir die Europa- und Weltmeisterschaft aber sehr gerne an und habe viele internationale Freunde, die natürlich in der Regel zu ihrem Land halten. Mein Partner stammt auch von einem der größten deutschen Konkurrenten ab, aber das vermiest uns den Spaß beim Gucken kein bisschen. Letztendlich ist es mir auch nicht wirklich wichtig, wer gewinnt, Hauptsache, man kann es genießen sich die Spiele anzugucken.

Ich hätte gar keine Lust mit irgendwelchen Leuten zusammenzusitzen, die daraus eine persönliche Sache machen. Wenn ich mit Leuten gucken würde, die da tatsächlich schlecht gelaunt sind, wenn sie "ihre" Mannschaft verliert und dann den jubelnden Freunden böse sind oder sich umgekehrt wie ganz schlechte Gewinner (als ob man selbst etwas zum Sieg beigetragen hätte!) benehmen, wäre das sicher das erste und letzte Mal. Mein Partner kann sich für Deutschland genauso freuen wie für sein Land und umgekehrt verhält es sich nicht anders. Da gibt es weder Streit noch eine Beziehungskrise, wäre ja noch schöner.

Wenn es so wäre, dass einer von uns gar nichts mit dem Thema Fußball anfangen könnte, so wäre das auch kein Anlass zu Krisen, denn ich kann Hobbys und Leidenschaften akzeptieren, die nicht die meinen sind. Keiner von uns beiden macht außerdem aus einer WM oder EM eine so große Sache, als dass es den anderen nerven könnte.

Wenn es da zu einer Krise kommen sollte, dann aber auch nur deshalb, weil einer so dermaßen fanatisch ist, dass er sich sofort persönlich angegriffen fühlt, wenn jemand etwas gegen "sein" Land sagt oder der Partner es wagt, für ein anderes Land zu sein. Wer so extrem drauf ist, duldet in der Regel keine anderen Meinungen und reagiert direkt sauer oder wütend, wenn jemand etwas sagen oder tun sollte, was ihm missfällt. Es gibt ja auch genügend Religionsfanatiker und beim Fußball ist das möglicherweise nicht anders.

Mit so einem Fanatiker wird man ja als Andersdenkender aber keine Beziehung führen können. Das geht ja in der Regel nur dann, wenn man sich einig ist. Ist das nicht der Fall, kann es durchaus zur Beziehungkrise kommen. Allerdings nehme ich mal an, dass niemand so extrem fanatisch ist, was Fußball angeht. Das mag meinetwegen so sein, wenn es um bestimmte Vereine geht, aber nicht bei Länderspielen.

Von daher denke ich auch nicht, dass es ein realistisches Szenario ist, dass es während solcher Europameisterschaften wirklich zu einer Beziehungskrise kommt, zumindest dann nicht, weil beide für ein anderes Land sind. Eine Krise würde es dann wahrscheinlich eher geben, wenn einer sich nicht die Bohne für Fußball interessiert, der andere aber am liebsten sein gesamtes Geld verprassen möchte, um bei den ganzen Spielen live dabei zu sein.

Entweder man akzeptiert es dann, dass man in dieser Hinsicht so unterschiedlich ist und lässt den anderen machen oder man versucht Kompromisse zu finden. Wenn das beides nicht geht, dann kann es auf jeden Fall zu einer Krise bekommen, zumindest dann, wenn beide wirklich völlig uneinsichtig sind.