Diskussion um Drag-Kindervorlesungen nachvollziehbar?
Die Stadtbibliothek München bietet Kinderlesungen ab 4 Jahre zum Thema Vielfalt und Verkleidung an, welche von Dragqueen Vicky Voyage und Dragking Eric Bigklit abgehalten werden.
Dieses Angebot löste in den letzten Tagen großes Diskussionen aus. Unter anderem die CSU forderte, dass die geplante Lesung von Drags verboten wird. Der Freie Wähler Hubert Aiwanger bezeichnet das Angebot sogar als Fall fürs Jugendamt.
Auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagt, dass er selbst zwar nicht mit seinen Enkeln zu der Lesung mit Drags gehen würde, es aber auch kein Verbot geben werde. Eltern sollen das selbst entscheiden, ob sie das möchten.
Eine Neuheit sind solche Lesungen eigentlich nicht. Schon seit 2019 gibt’s das Projekt “Olivia macht Schule” von Olivia Jones. Während die Kritiker das Ganze als absurde Frühsexualisierung bezeichnen, halten Aktivisten die Verbotsforderungen für Populismus.
Was haltet ihr von der Diskussion um solche Vorleseangebote? Könnt ihr nachvollziehen, dass solche Vorlesungen kritisch gesehen werden? Denkt ihr, Kinder machen sich da überhaupt einen großen Kopf, wer da vor ihnen sitzt, oder freuen sie sich einfach, dass ihnen etwas vorgelesen wird? Würdet ihr mit den eigenen Kindern solche Vorlesungen besuchen?
Ich würde mich vorab informieren, was vorgelesen wird und ob auch Aktionen und wenn ja, welche vorgesehen sind, und dann danach entscheiden, ob ich mit meinen Kindern dahingehe oder nicht. Aber es scheint ja was Harmloses zu sein und um Verkleidungen zu gehen.
Dass darüber diskutiert wird, verstehe ich aber. Denn viele Leute lesen nur irgendwelche Schlagzeilen und uninformierte Kommentare dazu und malen sich die verderbtesten Dinge aus, die aber mit der Realität nichts zu tun haben. Warum soll man Kindern keine Männer zeigen, die sich gerne als Frauen verkleiden? Das hat erst mal mit Sex nichts zu tun, sondern mit Geschlechteridentität.
Es handelt sich um ein freiwilliges Angebot. Jedes Elternteil kann sich vorher aus seriösen Quellen informieren, worum es sich handelt und völlig frei entscheiden, ob der kostbare Nachwuchs da hin darf oder nicht. Das ist ja das Schöne an einem nach wie vor halbwegs freien Land: Man hat Optionen. Ich würde mein Kind ja eher in einen ganzen Stall voller Dragkünstler schicken als auch nur eine Stunde zum katholischen Beichtunterricht. Die Statistik spricht hier eine deutliche Sprache.
Ich selber kriege die geistige Verknüpfung zwischen Drag und Lesefrühförderung nicht so ganz gebacken, aber wie gesagt: Optionen. Wenn sich jemand als Waschbär verkleidet und was über die Flora und Fauna des Waldes vorliest, wäre das Geschrei dann auch so groß? Ich frage mich auch, wieso wir als Gesellschaft mit Riesenschritten zurück ins Biedermeier marschieren, was Toleranz und Offenheit für die etwas Anderen angeht.
Ich kann mich beispielsweise noch an die Marmeladenwerbung mit Mary Morgan alias Georg Preuß erinnern, als ich auch noch ein präpubertäres Kind war. Und nicht mal meine sonst stockkonservative Oma hat gesagt: Kind, schau weg, da wirst du frühsexualisiert. Ich fand die "Frau" witzig, bunt und lustig wie eine Märchenfee und ihr biologisches Geschlecht oder gar ihre sexuelle Orientierung hatte ich gar nicht auf dem Radar. Wo ist diese Lockerheit geblieben?
Die erste Person ist Dragking "Eric Bigclit" und ein echtes Schnuckelchen, unser kleiner Vorlesehase. Etwas weniger "aufregend" die Drag Queen Vicky Voyage (stehend). Der Titel dieses Bildes "A typical family portrait (III/III): Mother, father and their six children"
Solche Leute sollten unbedingt Zugang zu einem kindlichen Publikum bekommen. Ich kann mir nichts besseres vorstellen als meinen Kindern von diesen Personen etwas vorlesen zu lassen... Ernsthaft, ich halte meine Kinder weit weg von diesen Veranstaltungen und diesen Menschen. bei Eltern die ihre Kinder dem "ausliefern", sollte das Jugendamt einmal genauer hinsehen ob es da nicht etwas "zu tun" gibt.
Wenn sich jemand als Waschbär verkleidet und was über die Flora und Fauna des Waldes vorliest, wäre das Geschrei dann auch so groß?
Hast du mit Absicht das schlechteste Beispiel gewählt was du finden konntest?
Denn viele Leute lesen nur irgendwelche Schlagzeilen und uninformierte Kommentare dazu und malen sich die verderbtesten Dinge aus, die aber mit der Realität nichts zu tun haben.
Habe mich informiert, es ist schlimmer als ich dachte.
Warum soll man Kindern keine Männer zeigen, die sich gerne als Frauen verkleiden?
Warum möchte man Kindern Männer zeigen die sich gerne als Frauen verkleiden und was die viel wichtigere Frage ist: Warum wollten Männer die sich als Frauen verkleiden, dass einem kindlichem Publikum zeigen?
Wenn die Literatur die sie vorlesen zum Alter der Kinder passt, wäre ich früher mit meinen Kindern mit Sicherheit zu Gast gewesen. Ich finde es persönlich wichtig, dass Kinder sehr früh lernen, dass es nicht nur das klassische Mutter-Vater-Kind-Konzept gibt.
Meine Kinder waren etwa vier Jahre, als sie in einer Fernsehserie gesehen haben, dass sich zwei Frauen küssen. Das Aha war natürlich groß. Aber ich habe ihnen erklärt, dass sich eben nicht nur Mann und Frau lieb haben können, sondern eben auch zwei Frauen oder zwei Männer. Für sie war es ab normal, dass es auch Homosexualität gibt, auch wenn ich es ihnen mit einfach Worten erklärt habe.
Sind uns dann im realen Leben gleichgeschlechtliche Paare begegnet, hat es für meine Kinder eben kein großes Staunen darüber oder vielleicht sogar negative Aussagen. Für sie war es nichts besonderes und wurde genauso interessiert oder desinteressiert betrachtet wir bei klassischen Paaren mit Mann und Frau.
Dass sie Welt dazu noch wesentlich bunter und facettenreicher ist, haben meine Kinder mit zunehmenden Alter von selbst mitbekommen. Sicherlich gab es dann hier und da auch mal Fragen. Aber sie fanden und finden es bis heute nicht irgendwie anstößig oder negativ.
Aber an den Aussagen, die es da in München gab, sieht man natürlich auch wieder wie intolerant und zurück unsere Gesellschaft noch ist, die sich ja ansonsten immer so tolerant und weltoffen selbst schönredet.
RavenThunder hat geschrieben:Warum wollten Männer die sich als Frauen verkleiden, dass einem kindlichem Publikum zeigen?
Vielleicht, um den Kindern zu zeigen, dass auch Jungen "Mädchendinge" tun können und Mädchen "Jungendinge"? Mein jüngster Sohn wollte mit fünf Jahren ins Ballett, weil er was im Fernsehen gesehen hatte. Seine großen Brüder haben ihn ausgelacht und gemeint, das sei doch nur was für Mädchen. Leider hatte das einen größeren Einfluss auf ihn als meine Überzeugungskünste. Ich hätte gerne gehabt, dass er sowas mal zumindest probiert.
blümchen hat geschrieben:RavenThunder hat geschrieben:Warum wollten Männer die sich als Frauen verkleiden, dass einem kindlichem Publikum zeigen?
Vielleicht, um den Kindern zu zeigen, dass auch Jungen "Mädchendinge" tun können und Mädchen "Jungendinge"?
Dafür muss ich meine Kinder nicht in so eine Veranstaltung bringen und sie mit solchen Menschen und Ideen konfrontieren wenn es nur um das "du kannst alles machen was du willst" geht, was eh schon an jeder Ecke präsent ist. Angesichts des Ergebnisses meines letzten Informationssuche zu diesem Thema habe ich massive Zweifel das die reine Information die Triebfeder hinter dieser Vorlesung ist.
blümchen hat geschrieben:Mein jüngster Sohn wollte mit fünf Jahren ins Ballett, weil er was im Fernsehen gesehen hatte. Seine großen Brüder haben ihn ausgelacht und gemeint, das sei doch nur was für Mädchen. Leider hatte das einen größeren Einfluss auf ihn als meine Überzeugungskünste. Ich hätte gerne gehabt, dass er sowas mal zumindest probiert.
Die Vermittlung von Normen und Werten sollte im Elternhaus erfolgen, nicht bei einer Vorlesestunde von fragwürdigen Künstlern, die meinen Kindern erzählen wollen wie ihre Welt funktionieren sollte.
Allgemein etwas zur Toleranz bei dieser Geschichte. Toleranz ist etwas geworden, mit der sich jeder Quatsch, fragwürdige Haltung und Neigung als super Sache verkaufen lässt. Gott sei Dank funktioniert der moralische Kompass bei dem Großteil der Menschen noch sehr gut wenn es darum geht, Kinder vor diesen Dingen zu schützen. Ich meine was kommt als nächstes, Dragshows für die ganze Familie?
Nun, die Herrschaften schlagen da nicht im vollen Ornat für Shows mit explizit sexuellem oder provokantem Inhalt auf, sondern kommen gemäßigt und alltagstauglich dort an. Warum mein moralischer Kompass da rotieren sollte, verstehe ich nicht wirklich. Ich finde es sehr vernünftig, wenn Kinder auch Normales kennenlernen, was für manche offensichtlich immer noch unnormal ist.
Ich finde es nämlich viel schlimmer, wenn es so läuft, wie in meiner Kindheit und Jugend. Meine alleinstehende Mutter war damals offiziell mit einem Neurologen verbandelt. Das brachte beiden Vorteile: Sie war vor unerwünschten Verehrern geschützt, weil sie noch um meinen Vater trauerte, und er konnte seine Homosexualität verbergen.
Gruselig! Selbst in den Neunzigern war ich mit der örtlichen Sparkassen-Managerhoffnung unterwegs und gab die Alibifreundin. Denn damals hätte Jens Spahn noch keine Karriere gemacht. Und dass Männer sich als Frauen verkleiden, das hat ja nun eine lange Tradition. Von Shakespeare, wo Frauen nicht mal auf die Bühne durften, bis Mrs. Doubtfire. Wo liegt das moralische Problem dabei?
cooper75 hat geschrieben:Nun, die Herrschaften schlagen da nicht im vollen Ornat für Shows mit explizit sexuellem oder provokantem Inhalt auf, sondern kommen gemäßigt und alltagstauglich dort an. Warum mein moralischer Kompass da rotieren sollte, verstehe ich nicht wirklich.
Und wenn sie in Schlips und Krawatte da auftauchen, warum sollte ich wollen das Personen die sich so darstellen (wie in den beiden verlinkten Bildern zu sehen) Kontakt zu meinen kleinen Kindern bekommen, was könnten die meinen Kindern erzählen was wertvoll für ihren weiteren Lebensweg ist? Warum möchten Vicky Voyage und Eric Bigklit einem vier jährigen Kind etwas von Vielfalt erzählen wo es mit diesem Begriff doch überhaupt nichts anfangen kann und auch nicht braucht.
Für mich haben Drags, egal ob Kings oder Queens, immer ein sexualisiertes Hintergrundrauschen und viele gelten in der LGBTQ Szene als Galionsfiguren. Das können sie auch sein und machen was sie wollen in ihren Kreisen und Shows aber eben nicht in Kontakt mit Kindern. Wenn es um Kinder geht, muss das ganze (wenn es den sein muss) vernünftig, alters und Kindgerecht vermittelt werden.
cooper75 hat geschrieben:Ich finde es sehr vernünftig, wenn Kinder auch Normales kennenlernen, was für manche offensichtlich immer noch unnormal ist.
Du kennst die Definition von Normal und das ist eben nicht Normal, es ist akzeptiert. Drags stehen nicht für Normalität sondern für genau das Gegenteil.
cooper75 hat geschrieben:Ich finde es nämlich viel schlimmer, wenn es so läuft, wie in meiner Kindheit und Jugend. Meine alleinstehende Mutter war damals offiziell mit einem Neurologen verbandelt. Das brachte beiden Vorteile: Sie war vor unerwünschten Verehrern geschützt, weil sie noch um meinen Vater trauerte, und er konnte seine Homosexualität verbergen.
Tut mir leid für dein damaliges ich, dein Beispiel hat mit dem "heute" aber nichts mehr zu tun.
cooper75 hat geschrieben:Gruselig! Selbst in den Neunzigern war ich mit der örtlichen Sparkassen-Managerhoffnung unterwegs und gab die Alibifreundin. Denn damals hätte Jens Spahn noch keine Karriere gemacht.
Damals waren andere Zeiten aber die sind gewesen und es müssen keine Drags Vorträge vor kleinen Kindern halten damit es so bleibt.
cooper75 hat geschrieben:Und dass Männer sich als Frauen verkleiden, das hat ja nun eine lange Tradition. Von Shakespeare, wo Frauen nicht mal auf die Bühne durften, bis Mrs. Doubtfire. Wo liegt das moralische Problem dabei?
Das Problem ist nicht die Verkleidung, das Problem ist der, der sie trägt und welche Botschaft er transportieren möchte.
Ich finde man muss jeden Menschen so akzeptieren, wie er ist und wenn jemand Drag macht, dann ist das eben so. Wieso sollte ich meinen Kindern so einen Mensch nicht zeigen? Das gehört zur Gesellschaft dazu und tatsächlich sind meine Kinder da sehr tolerant. Gerade so eine mit Glitzer geschminkte Dragqueen finden sicherlich viele Kinder spannend.
So eine Grundsatzdiskussion wegen eines Menschen anzufangen, der vorliest, ist einfach lächerlich. Es wird den Kindern weder eine Meinung aufgedrückt, noch irgendwie gesagt, dass sie nun auch so herumlaufen müssen. Es wird einfach etwas vorgelesen und da ist es doch absolut egal, wie die Person aussieht, die es vorliest, so lange diese Person dabei nicht hetzt oder sonst irgendwie jemanden beleidigt.
Ich finde schon, dass man keine Termine brauchen sollte, um Kindern vorzulesen, aber wenn man diese Termine nutzt, dann finde ich es absolut okay, wenn diese mit interessanten Vorlesern bestückt werden. Es ist doch schön, wenn man eine besondere Stimmung schafft und vielleicht auch über das eigene Aussehen das Interesse an Büchern schafft.
Ich meine über was redet man da? Sollte man Kindern keine Menschen zeigen? Muss man Kindern beibringen einer gewissen Norm zu entsprechen und dass es gut ist, wie die anderen Menschen auszusehen und bloß keine eigene Meinung zu haben? Offen sein heißt nicht, dass man jemanden toleriert, der hunderte Kilometer weiter weg in irgendeiner Bar arbeitet, sondern auch den Menschen so zu nehmen, wie er ist und wenn ein Dragmensch meinen Kindern etwas vorliest, dann kommt es auf das Vorlesen an und nicht wie die Person hinter dem Buch aussieht. Das sollte man Kindern auch vermitteln.
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