Digitaler Welt die Schuld an zunehmender Ungeduld geben?

vom 10.09.2018, 15:57 Uhr

Die digitale Welt und die unmittelbare Verfügbarkeit von Produkten im Internet soll den Menschen ungeduldiger werden lassen. Die Menschen möchten angeblich mehr Klarheit und schnellere Ergebnisse sehen. So würde die Menschheit immer mehr an Langmut verlieren.

Ich denke, dass ein gutes Beispiel wirklich das Onlineshopping oder Bestellen im Internet ist. Dort ist ja meist alles gleich verfügbar und wird durch Liefermöglichkeiten wie zum Beispiel Prime auch recht zügig zugestellt. So muss man sich als Kunde nicht mehr so sehr in Geduld üben.

Meint ihr, dass man der digitalen Welt die Schuld daran geben kann, dass Menschn immer ungeduliger werden? Seht ihr das als bedenklich an? Sollte man da selbst mal in sich hineinhorchen, ob man sich dabei wiederfindet? Oder meint ihr, dass es doch übertrieben ist?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



An der These mag durchaus etwas dran sein. Die Allgegenwart der digitalen Unterstützung erscheint einem irgendwann ganz selbstverständlich, und es kann dazu führen, dass man ungehalten reagiert, wenn mal eine Frage nicht sofort beantwortet oder eine Bestellung nicht sofort ausgeführt wird.

Ich selbst bin ja schon etwas älter und noch zu Zeiten sozialisiert worden, in denen es kein Internet und keine Computer gab. Daher gebe ich mich bis heute immer noch etwas widerstrebend den digitalen Errungenschaften hin, und insbesondere bei Einkäufen gehe ich noch ganz altmodisch in Geschäfte und Läden. Außerdem benutze ich immer noch gern echte Bücher zum Lesen und Nachschlagen. Insofern habe ich mir da noch eine gewisse analoge Langsamkeit und Geduld bewahrt.

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» lascar » Beiträge: 4482 » Talkpoints: 792,20 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Wenn es ausschließlich an der digitalen Welt liegen würde, dann müssten ja die Digital Natives (oder auch Millenials) deutlich ungeduldiger sein als alle anderen Menschen. Das ist meiner Beobachtung nach aber kompletter Schwachsinn. Ich finde, dass das mehr mit der Erziehung und dem Charakter zu tun hat. Mein Großvater ist ein extrem ungeduldiger und hibbeliger Mensch, der nicht still sitzen kann. Mein Vater hat das von ihm geerbt und beide haben es nicht so extrem mit den digitalen Medien. Da bin ich viel extremer und digital bewanderter. Da bin ich im Gegensatz zu den beiden extrem geduldig und gelassen in jeder Hinsicht.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Dass die Welt durch die zahllosen Möglichkeiten der Digitalisierung schnelllebiger geworden ist und auch die Ansprüche in Bezug auf prompte Bedienung und kurze Lieferfristen gestiegen sind, kann ich durchaus auch unterstreichen. Das ist ja der Hauptvorteil der Online-Shops, und als Betreiber eines solchen kann ich mir heutzutage beispielsweise keine Lieferfristen mehr leisten wie anno dazumal, als die Leute noch aus dem Versandkatalog bestellt haben, während die Konkurrenz innerhalb von drei Tagen das Zeug am Mann hat (was natürlich auch nicht nur Vorteile hat, beispielsweise für die Umwelt oder die Mitarbeiter).

Ob und inwiefern sich diese Erfahrungen auch auf den Alltag auswirken, kann ich nicht beurteilen. Wenn ich gewohnt bin, dass meine Bestellung bei einem Online-Shop drei Tage braucht, werde ich natürlich ungeduldig, wenn es dann doch eine Woche dauert. Aber wenn ich weiß, unter zwei Stunden Warten geht bei meinem Arzt gar nichts, habe ich die Geduld eines Zen-Mönchs. Auch ist mir aufgefallen, dass oft gerade ältere Leute, die nicht mit den Möglichkeiten des Internets großgeworden sind, besonders ungeduldig reagieren, wenn etwa der Zug Verspätung hat oder die Kellnerin im Café nicht im Laufschritt unterwegs ist. Ich denke also, dass auch im Zeitalter des Webs noch der individuelle Charakter eine Rolle spielt.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich glaube auch, dass sich das einzig und allein auf Online-Shopping und Bestellvorgänge bzw. generell die virtuelle Welt bezieht. Früher musste man teilweise sechs Wochen auf eine Katalogbestellung warten, um dann mitgeteilt zu bekommen, dass die Hälfte nicht mal lieferbar ist. Das wäre doch heute unvorstellbar. Ich kenne Leute, die gucken gefühlt alle paar Stunden in die Sendungsverfolgungen hinein, um ihr Paket zu beobachten.

Bei solchen Dingen bin ich aber gelassen, ich finde es okay, wenn es eben einige Tage dauert, aber ich glaube, dass ich da eher eine Ausnahme bin. Auch erwarte ich irgendwie nicht innerhalb der ersten Stunden online von Leuten eine Antwort, ich habe das Gefühl, dass dahingehend die Frustrationstoleranz schon sehr gesunken ist.

Bei einem Brief ist früher auch keiner hysterisch geworden, wenn es einige Zeit gedauert hat und bei den ersten Mails hat keiner sofortige Reaktion erwartet wie im Zeitalter der sozialen Medien. Ansonsten bin ich offline ein recht ungeduldiger Mensch und Warten ist für mich ein schlimmer Zustand, aber das war niemals anders gewesen, auch in Zeiten ohne Internet nicht. Ich widerspreche der Theorie also in beiden Hinsichten. Anscheinend bin ich sogar virtuell geduldiger als im echten Leben.

» Verbena » Beiträge: 4956 » Talkpoints: 0,44 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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