Dickere Studenten Vortrag über Adipositas halten lassen?

vom 22.04.2015, 15:11 Uhr

Eine Kommilitonin von mir hat als Wahlpflichtmodul ein Fach aus den Ernährungswissenschaften gewählt und findet das Thema sehr spannend. Da diese Vorlesung genau zwischen zwei von meinen Vorlesungen liegt, habe ich mich letztens dazu entschieden sie mir auch einmal anzuschauen. Während der Vorlesung ist dann auch gesagt worden, dass in den Übungen bestimmte Themen in Gruppen präsentiert werden sollten und dazu sollten sich die Kommilitonen auch eigenhändig zusammenfinden, da sich viele nicht kannten.

Am Ende der Vorlesung haben sich die Gruppen zusammengefunden und die Themen wurden vergeben. Mir ist dabei eine Sache sofort ins Auge gefallen. Eigentlich gab es im ganzen Vorlesungssaal mit sicher mehr als 200 Studenten nur zwei Studenten, die man als moppelig bezeichnen würde. Und eben diese waren in der Übungsgruppe, die das Thema ''Adipositas'' vorstellen sollte.

Ich selbst bin nicht der Meinung, dass normales Übergewicht krank macht, denn neue Studien konnten keinen Zusammenhang belegen und viele Studien haben eher gezeigt, dass moppelige Menschen eher länger leben. Aber in der Gesellschaft ist dieser Zusammenhang ja leider dennoch fest verankert, dicke Menschen gelten als ''böse'', denn sie werden als faul und gefräßig dargestellt, obwohl das nicht mal ansatzweise den Tatsachen entspricht.

Kann man dann aber nicht davon ausgehen, dass diese Studenten möglicherweise gemobbt werden könnten oder auf andere Art und Weise diskriminiert werden könnten, wenn man gerade sie dazu auswählt solche Themen vorzutragen? Findet ihr das in Ordnung oder erscheint euch das auch irgendwie verdächtig? Hättet ihr als Gruppenleiterin auch gerade diese Personen für das Thema ausgesucht oder hättet ihr die Studenten eher so eingeteilt, dass gerade solche Studenten das Thema nicht bekommen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich war natürlich mal wieder nicht dabei, aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, wo hier die Diskriminierung liegen soll. Ganz davon abgesehen, dass ich mir auch nicht vorstellen kann, dass von 200 Leuten in einem Hörsaal wirklich nur zwei Kandidaten "moppeliger" gewesen sein sollen und alle anderen drahtige Windhunde.

Natürlich ist das Thema Essen wie viele Themen emotional aufgeladen und mit Vorurteilen behaftet. Aber eigentlich hätte ich es schlimmer gefunden, wenn man vor lauter Angst und Rücksichtnahme auf anderer Leute Fettpolster extra darauf geachtet hätte, dass die etwas dickeren Kandidaten ein "kalorienärmeres" Thema bekommen hätten.

Adipositas ist schließlich ein ganz normales Thema im Zusammenhang mit Ernährung. Und wenn man Dicke schon ganz "normal" behandeln soll, dann kann man bestimmte Themen nicht ängstlich vermeiden. Wenn sie sich beruflich in diesem Bereich orientieren, können diese Kandidaten ja auch nicht sagen: Tut mir leid, ich kann ihnen nicht bei der Auswahl gesunder Lebensmittel helfen, weil ich selber fett bin!" Mittlerweile weiß ja jeder halbwegs denkende Mensch, dass zwischen Theorie und Praxis gerne eine Lücke klafft.

Zudem kommt es letzten Endes nie nur darauf an, was man tut, sondern vor allem, wie man eine Sache angeht. Es ist ein Unterschied, ob man die Themen ohne Ansicht der Person verteilt oder hämisch anmerkt, dass X und Y sich bestimmt besonders gut mit dem Thema Fettleibigkeit auskennen und der Hungerhaken aus Reihe 3 dafür etwas über Essstörungen erzählen darf.

Außerdem müssten gerade Studenten, die sich mit Ernährungswissenschaft befassen, zumindest ein paar der dümmsten Vorurteile im Zusammenhang mit Übergewicht überwinden können, damit bei dem Kurs überhaupt etwas Sinnvolles zustande kommt.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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