Deutsche Kinder unreifer als andere?

vom 12.08.2015, 08:26 Uhr

Meine Schwägerin hat ja eine Tochter, die demnächst drei Jahre alt wird und erzieht das Kind auch fremdsprachig. Sie hat auch diverse Heftchen gekauft, mit denen das Gedächtnis und die Reife des Kindes trainieren kann, wenn man das überhaupt so nennen kann. Das sind dann so Hefte für unterschiedliche Altersgruppen, wo das Kind beispielsweise erfassen muss, ob etwas auf einem Bild groß oder klein abgebildet wurde.

Auch müssen Formen zugeordnet werden und auch Farben. Auch muss das Kind auf den Bildern dann beschreiben können was es sieht und es ist alles sehr sehr einfach gehalten, auch die Jahreszeiten werden beispielsweise thematisiert und das Kind muss eben Bilder zuordnen, ob der Baum im Winter Blätter oder Blüten hat oder nicht.

Ich finde diese Heftreihe sehr gut gemacht und finde, dass es so etwas auch auf Deutsch geben sollte. Meine Schwägerin bestellt diese Hefte extra aus der alten Heimat, weil es die hier nicht gibt. Auch meinte sie, dass die Kinder in der alten Heimat wohl viel reifer wären als die Kinder in Deutschland.

Denn dort wären die Altersempfehlungen zutreffend, während sie teilweise schon gemerkt hätte, dass manche Hefte, die für diese Altersgruppe und somit auch für ihre Tochter geeignet wären, für ihre Tochter offensichtlich noch nichts wären. Denn ihre Tochter wäre teilweise noch nicht soweit, das zu erfassen, was in den Heften überhaupt gefragt wird.

Hat meine Schwägerin also Recht damit? Sind unreifer als andere Kinder und entwickeln sich geistig und mental langsamer? Woran könnte das liegen?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das kommt sicher auch darauf an, mit welchen Ländern man das vergleicht und wie streng die Kinder dort gefordert werden. Wenn man teilweise sieht, welche Leistungen Kleinkinder in manchen Regionen Asiens schon abliefern müssen, dann sind unsere Kinder hier wirklich weit hinten dran.

Die Frage ist, ob das wirklich schlecht ist, wie wir hier die Kinder fördern. Klar könnte man mehr machen. Aber ist das für das Kind wirklich ausschließlich förderlich, wenn es mit drei schon einen vollen Plan mit Förderstunden und Bildungsterminen hat? Ich bin der Meinung, dass freies Spiel, gerade auch mit gleichaltrigen Kindern auch unheimlich viel förderlich ist, auch wenn es nicht unbedingt hilft, dass das Kind dadurch lesen, rechnen oder musizieren kann. Sondern eben Sozialkompetenz spielerisch erwirbt.

Allerdings gibt es hier natürlich diverse Haushalte, wo Kinder so verwöhnt oder unterfordert werden, dass nicht alle Anlagen zum Vorschein kommen, die man in dem Alter schon entwickelt haben könnte. Wichtig wäre für mich da eben, kein blindes Leistungsdenken zu betreiben, sondern stets im Blick zu haben, dass das Kind bei der Förderung mit Freude und Neugier dabei ist. Und nicht dadurch belastet wird und die Last fühlt.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich glaube nicht, dass deutsche Kinder unreifer sind. In einigen Ländern werden Kinder nur früher trainiert. Asiatische Kinder sind nicht reifer oder intelligenter. Ihnen werden nur von Anfang an andere Werte und Normen beigebracht. Deshalb verhalten sie sich oft wie kleine Erwachsene und wirken reifer, sind aber schlicht konditioniert.

Hier haben Kinder mehr Freiheiten, weniger Regeln und es wird allgemein weniger von ihnen erwartet. Dafür können sie sich frei entfalten und ihre Kindheit genießen. Mein Sohn hat eine russische Geigenlehrerin, die zwar sehr streng ist, aber durchaus Verständnis für seinen Bewegungsdrang hat und ihn zwischendurch durch den Raum springen lässt. Bei ihr wäre das damals undenkbar gewesen. Da musste jede Minute Unterricht ausgenutzt werden. Sie hat ihre Geige geliebt, aber mir von vielen Kindern berichtet, die unter dem Drill gelitten haben.

Diese Hefte gibt es hier auch, allerdings für ältere Kinder. Mit fast drei Jahren finde ich das Kind eigentlich auch zu klein dafür. Was nutzt es, wenn sie Bilder zuordnen kann? Besser wäre doch ein Wimmelbuch zum Thema Jahreszeiten, da kann man gleiche Thematik sprachlich ausarbeiten. Man spricht automatisch mehr, wenn es viel zu sehen gibt. Man kann das Kind Autos mit bestimmter Farbe suchen lassen und kann auch Größenunterschiede zeigen.

So kleine Kinder lernen doch im Alltag viel besser. Dafür braucht man keine Hefte. Formen malen, kneten und mit Bausteinen legen ist viel einprägsamer als ein Bild.

» drago » Beiträge: 169 » Talkpoints: 1,56 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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