Deutsche Frauen weniger emanzipiert, als in der EU - warum?

vom 13.10.2016, 14:27 Uhr

Deutsche Frauen sind generell etwas weniger emanzipiert, als die Frauen in anderen EU Ländern. Im Durchschnitt liegt der Anteil arbeitender Frauen in der EU bei 94%, in Deutschland sind es nur 71%. Hinzu kommt, dass die meisten Frauen in der EU eine Vollzeitstelle haben und auch nicht in längere Elternzeit gehen. Deutsche Frauen fließen mit 71% in die Statistik mit ein, arbeiten aber sehr oft nur Teilzeit und nehmen lange Auszeiten, was natürlich zu geringer Rente führt.

Hinzu kommt, dass der Gehaltsunterschied bei Männern und Frauen in Deutschland auch deutlich höher ist, als der EU Durchschnitt. Generell werden Frauen in Deutschland also durch geringeren Lohn diskriminiert, arbeiten weniger und es gibt mehr Hausfrauen. Die Statistiken kann man auf der Website des Statistischen Bundesamtes nachlesen.

Mich erstaunt es, dass Deutschland so sehr hinter den anderen EU Ländern hinterher hingt. Selbst Länder auf die wir herab blicken, wie etwa Polen oder Ungarn, sind in Sachen Emanzipation fortschrittlicher. Welche Gründe hat es eurer Meinung nach, dass Frauen in Deutschland geringere Chancen haben, als in anderen Ländern? Warum wollen deutsche Frauen an den Herd, anstatt Karriere zu machen? Sind das noch die Nachwirkungen des zweiten Weltkriegs oder ist man in Deutschland einfach altmodischer, als in anderen EU Ländern?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Naja, gerade in osteuropäischen Ländern müssen die Frauen arbeiten gehen, weil ein Einkommen nicht reicht um die Familie zu ernähren. Hier in Deutschland reicht auch oft 1 Gehalt aus. Und oft ist es ja leider auch so, dass eine Familie mit Hartz IV teilweise mehr Geld hat, wenn sie nicht arbeiten gehen.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


@Sternenbande: Dein Beitrag impliziert, dass Frauen per se lieber zu Hause hocken würden. In Deutschland sitzen die Frauen am Herd, weil der Mann arbeitet und in anderen Ländern gehen sie arbeiten, weil es sonst zu wenig Geld gibt. Siehst du das so?

Ist die Vorstellung so abwegig, dass eine Frau auch gerne arbeiten gehen möchte, Karriere machen will und von einem Mann unabhängig sein will? Ich finde es diskriminierend und frauenverachtend so zu argumentieren, dass es sich anhört, als würden deutsche Frauen nur deswegen zu Hause sitzen, weil schon jemand anderes das Geld verdient. Ich hoffe das es im Leben der deutschen Frauen noch andere Ziele gibt, als Kochen und Windel wechseln.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Crispin, das, was du Sternenbande vorwirfst, tust du gerade aber selbst. Du wertest Hausarbeit und Kindererziehung komplett ab. Nach deinen Worten sitzt so jemand nur zu Hause rum und leistet keine nennenswerte Arbeit. Du unterstellst Faulheit und möchtest Frauen vorschreiben, gefälligst unabhängig zu sein und zu arbeiten, selbst wenn sie damit schlechter stehen. Das ist ebenso diskriminierend und bevormundend, wie Frauen nicht arbeiten zu lassen.

Außerdem solltest du die Bedingungen ziemlich genau vergleichen, bevor du die Frauen in Deutschland per se als unemanzipiert abstempelst. In Osteuropa sind Frauen es schon seit sehr langer Zeit klaglos zu arbeiten und den Haushalt zu schmeißen, während der Gatte den Pascha spielt. Aber ein Ehemann muss sein, sonst ist Frau eine Niete. Soll das emanzipiert sein oder gar erstrebenswert?

In Frankreich bekommen Frauen die meisten Kinder, sind sehr gepflegt, arbeiten und machen den Haushalt. Dazu verbrauchen sie innerhalb der EU die meisten Psychopharmaka und fühlen sich unter den Zwang gesetzt, das alles spielend zu schaffen. Sie bekommen schlechtere Stellen, weniger Lohn, sind in der Politik unterrepräsentiert, obwohl sie gebildeter sind als Männer und wünschen sich die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie sie leben wollen. Das fehlt hier gerade noch.

In den Niederlanden können Frauen besser Karriere machen. Männer und Frauen arbeiten weniger, wenn der Nachwuchs kommt. Denn Ehepaare bekommen dort keinen Steuervorteil, Arbeitgeber reagieren dort so auf Männer, die nicht kürzer treten so, wie hier Männer behandelt werden, die Teilzeit arbeiten.

Hier ist es aber anders. Da ruinieren sich Männer in vielen Jobs die Karriere, wenn sie kürzer treten. Das kann sich kaum eine Familie leisten. Aber Steuervorteile und Rentensplitting fangen das auf, wenn nur einer kürzer tritt. Oft wäre es dumm, es anders zu machen. Und dass Frauen freiwillig viel mehr arbeiten als Männer, damit sie bloß unabhängig sind, das kann man auch nicht als Emanzipation bezeichnen. So lange sich angeblich moderne, emanzipierte junge Frauen so aufführen, braucht man keine Männer, um die Frauen schlechter zu stellen. Das schaffen die auch ganz alleine. :lol:

» cooper75 » Beiträge: 13379 » Talkpoints: 509,93 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Man ist also weniger eine in der Gesellschaft akzeptierte Frau, wenn man mit dem Kind zu Hause ist? Man lässt sich dementsprechend vom Partner sagen was zu tun ist und kann nicht selber entscheiden oder wie darf ich das verstehen?

Was soll man denn machen, wenn man ein Kind bekommt? Dieses muss versorgt werden und wenn man dann ein bisschen zu Hause bleibt und es umsorgt kann das ja wohl nicht schaden, immerhin sind das ja später auch Steuerzahler und denen sollte man richtige Werte mitgeben.

Eine Frau, die sich für die Familie entscheidet und halbtags arbeiten geht, ist deswegen doch nicht weniger emanzipiert, als eine Frau, die kein Kind bekommt und Vollzeit arbeiten geht. Sie leistet doch trotzdem etwas und ich finde es durchaus sinnvoll, wenn man diese Entscheidung treffen kann. Immerhin kann heutzutage auch ein Mann zu Hause bleiben und wenn es der Mutter ermöglicht wird Zeit mit dem Kind zu verbringen ist das doch keine schlechte Sache.

Man kann in Deutschland jederzeit seine Entscheidungen alleine treffen, man wird von niemanden gezwungen. Ich werte das alles anders aus als du. In Deutschland kann man es sich als Frau leisten sich um sein Kind zu kümmern, das ist dann eben in anderen Ländern nicht so, aber deswegen ist man nicht weniger Frau oder eine schlechtere Frau.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ramones hat geschrieben:Eine Frau, die sich für die Familie entscheidet und halbtags arbeiten geht, ist deswegen doch nicht weniger emanzipiert, als eine Frau, die kein Kind bekommt und Vollzeit arbeiten geht. Sie leistet doch trotzdem etwas und ich finde es durchaus sinnvoll, wenn man diese Entscheidung treffen kann.

Ich sehe das genauso. Emanzipation impliziert für mich, dass jede Frau selbst entscheiden kann, was sie tun und lassen möchte und sich absolut selbst verwirklichen kann. Wenn eine Frau sich nur dann selbst verwirklichen kann, wenn sie mit 5 Kindern zu Hause ist und den Alltag managt dann ist das eben so. Wenn eine Frau die Kombination von Familie und Beruf vorzieht, dann ist das auch in Ordnung und wenn eine Frau keine Kinder möchte und stattdessen sich nur der Karriere widmen möchte, dann ist das auch in Ordnung.

Ich finde, dass jeder Mensch - in diesem Fall explizit Frauen - so leben sollten, dass sie hinterher nichts bereuen und Emanzipation hat für mich auch sehr viel mit Selbstverwirklichung zu tun, egal wie diese Selbstverwirklichung aussieht. Daher finde ich, dass du Crispin - pardon - ein wenig sehr grün hinter den Ohren bist und total arrogant und eingebildet deine Einstellung, Wünsche und Bedürfnisse auf alle Frauen projizierst und dir dann einredest, dass alle so denken und handeln würden wie du, aber die werden nur leider von der Gesellschaft oder den Männern zum Gegenteil gezwungen und müssen sich um Kinder kümmern. So ein Unsinn. Wach doch mal auf aus deiner Traumwelt. Du willst aufgeklärt sein und verschließt dich vor den Wesentlichen Dingen. Wach doch mal auf, das ist peinlich.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Wie kommt man auf 94% arbeitender Frauen in der EU, wo es doch EU Länder gibt, die eine Arbeitslosenquote haben, die deutlich über 6% liegt? Da du ja zumindest eine Quelle nennst dachte ich mir, ich schaue da mal nach, wer weiß was die da alles mitzählen oder nicht mitzählen.

Spontan bin ich nur auf diese Pressemeldung von 2014 gestoßen und da wird genau das Gegenteil behauptet. Da ist von einem EU Durchschnitt von 62,3% die Rede und Deutschland liegt bei 71,5%. Höhere Zahlen können nur Niederlande, Dänemark, Finnland und Schweden liefern.

Wenn man sich die Zahlen der Länder mit höherer Erwerbstätigkeit anschaut dann liegen die aber auch nicht so weit über Deutschland dass man deshalb direkt auf eine höhere Emanzipation der Frauen schließen könnte.

Eine etwas besser ausgebaute Kinderbetreuung ist viel wahrscheinlicher, und die würden viele Frauen in Deutschland nur zu gerne in Anspruch nehmen aber statt dessen müssen sie zwangsläufig noch ein Jahr zu Hause bleiben, weil sie einfach keinen Krippenplatz bekommen haben.

Bevor ich in die Debatte einsteige würde ich deshalb gerne mal einen ordentlichen Link zu deiner Quelle sehen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Cloudy, das mit der besseren Kinderbetreuung kannst du in den Niederlanden vergessen. Dort kannst du zwar dein Kind mit vier Jahren in die Schule geben, aber Kinderbetreuung zahlt man dort selbst. Förderung erhalten nur Eltern, deren Gehalt nicht reicht. Wenn einer einen Job hat, dann kannst du es vergessen.

Erhält man eine Förderung, ist man nicht fein raus. Man braucht auch einen geförderten Platz. Und bei rund 50 Euro pro Betreuungstag ist das ein ziemlich teurer Spaß. An der tollen Kinderbetreuung liegt es dort nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13379 » Talkpoints: 509,93 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich dachte jetzt eher an die skandinavischen Länder. Da sind die Betreuungsangebote teilweise kostenlos, teilweise etwa mit den Preisen in Deutschland zu vergleichen und es gibt wohl insgesamt auch mehr Angebote als in Deutschland, wobei das aber sicher auch von der Region abhängig ist.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich würde erst einmal fragen, was es denn heißt, Karriere zu machen, wenn man eine Karriereorientierung bei Frauen fordert. Wann hat eine Frau Karriere gemacht? Wenn sie viel Geld verdient? Was ist viel? Mehr als der Durchschnitt oder muss man da einen bestimmten Prozentsatz erreichen, zu den 10% der Bestverdienenden gehören? Oder heißt das, hohe berufliche Positionen zu erreichen?

Beispielsweise da wo ich mehrheitlich arbeite, ist eine Frau im Vorstand. Sie hat aber sehr viel zu tun, muss überall dabei sein, fühlt sich ständig überlastet. Ich glaube nicht, dass es ihr gefällt. Sie wird das sicher bis zur Rente durchziehen, aber glücklich ist sie damit nicht, weil es ihr einfach von den Aufgaben her zu viel ist - und die hat keine kleinen Kinder. Ist das dann Karriere? Und hat das dann glücklich gemacht?

Oder Leute, die sich damit schmücken, eine Führungsposition zu haben, haben am Ende meistens nur einen Abteilungsleiterposten und dann zwei oder drei Personen unter sich. Das würde ich auch nicht als Karriere bezeichnen. Ich erinnere mich an meinen letzten Doktorandentag, da wurden Frauen mit Doktortitel eingeladen und berichteten aus ihrem Beruf. Sie haben erzählt, dass der Doktortitel sie für ihre Führungspositionen prädestiniert hätte. Aber die hatten gar keine tollen Führungsrollen.

Die eine war selbstständige Beraterin (das ist für mich keine Führungsposition, nebenbei selbstständig bin ich auch, das ist keine großartige Karriere), die andere hatte so eine Abteilungsleiterfunktion mit drei Hanseln unter sich. Das würde ich auch nicht als Karriere bezeichnen. Bei dem Thema wird gerne mal etwas aufgebauscht. Ich glaube auch nicht daran, dass mich nach Abschluss meiner Promotion dann eine großartige Karriere erwartet. Das wird einem manchmal eingeredet, aber es geht an der Realität vorbei.

Mit meinen Jobs verdiene ich ganz gut, aber ich würde das auch nicht als Karriere sehen. Ok, ich habe eine Stabsstelle, aber das ist nun nicht der Burner. Karriere wäre für mich so etwas, wie ein großes Unternehmen zu leiten oder Professor zu sein. Und das erreichen ohnehin nur ganz wenige.

Kinder will ich ohnehin keine. Das hat eigentlich nichts mit dem Beruf zu tun, ich kann mit Kindern halt nichts anfangen. Und ich nehme zwar gerne das Geld mit, aber eigentlich wöllte ich lieber weniger arbeiten. Darum wäre es eher mein Ziel, mit weniger Arbeit das Gleiche zu verdienen, anstatt mir noch mehr Arbeit aufzuhalsen.

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