Der Meinung sein der Staat müsste für Kinder aufkommen

vom 09.01.2016, 15:59 Uhr

Ich habe neulich einen Artikel einer Zeitung bei Facebook gesehen. Dort wird immer der Link geteilt und man kann dann natürlich auch kommentieren. Es wurde darüber berichtet, dass das Kindergeld um 2 € erhöht wurde. Kommentiert wurde es dann oftmals damit, dass man davon ja nichts bekommen würde.

So wurde angeprangert, dass man ja den Kindergarten zahlen muss oder irgendwelche Dinge für die Schule und man mit dem Geld einfach nicht hinkommen würde. Das las sich ein bisschen so, als würde man vom Kindergeld alle Rechnungen der Kinder begleichen wollen. Das hat mich ehrlich gesagt total aufgeregt.

Ich sehe so ein Kindergeld eher als kleine Unterstützung für die Eltern, aber wenn man Kinder macht, dann muss man auch selber dafür aufkommen. Wenn man dann arbeitslos wird, ist man ja immer noch staatlich abgesichert und sicherlich bekommt man genug Unterstützung, damit kein Kind hungern muss. Wenn man sich für ein Kind entscheidet, dann sollte man auch alleine dafür aufkommen. Wie seht ihr das?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Dazu gibt es ein paar Punkte zu sagen. Erstens gibt es zu wenige Geburten in Deutschland. Zweitens ist es heute so, dass Schwangerschaften in der Regel geplant werden - im Gegensatz zu früher, wo man quasi vom ersten Kuss schwanger wurde (weil schlichtweg nicht aufgeklärt und demnach auch nicht verhütet wurde).

Drittens ist es wünschenswert, dass die Leute relativ früh Kinder bekommen - also in einer Phase, in der man noch nicht zu Wohlstand gekommen ist sondern sich erst eine Karriere aufbaut. Viertens haben wir heute aus verschiedenen Gründen sehr lange Ausbildungszeiten.

Fünftens ist es gesellschaftlich erwünscht, dass Frauen auch Karriere machen und nicht als Hausfrauen zu Hause versauern. Sechstens kann man finanziell armen Menschen schlichtweg nicht verbieten, schwanger zu werden und Kinder zu bekommen. Entsprechende Sanktionen nach dem Verwahrlosungsdogma treffen in erster Linie die Kinder selbst.

Das alles führt dazu, dass es verdammt gute Argumente dafür gibt, dass man einerseits mit dem Kinderkriegen nicht wartet bis bei einem finanziell alles in trockenen Tüchern ist, und dass andererseits der Staat den Eltern unter die Arme greift. Und €184 im Monat finde ich ehrlich gesagt schon mehr als eine "kleine Unterstützung" sondern schon eher eine Kofinanzierung.

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» Onktebong » Beiträge: 24 » Talkpoints: 7,76 »


Wenn man wirklich mal bedenkt, was man alles so an Kosten tragen muss, ist dies eine kleine Unterstützung. Bei uns kostet beispielsweise schon der Kindergarten 300 € im Monat. Wobei ich nicht meckern will, für ein Kind entscheidet man sich ja schon bewusst.

Dass man sich nun aber erst dafür entscheidet, wenn man finanziell sicher ist, kann ich so nicht unterschreiben. Es gibt immer noch Menschen, die sehr früh ein Kind bekommen oder welche, die nicht arbeiten und Kinder bekommen, zudem sind die Geburtszahlen doch in den letzen Jahren wieder angestiegen oder irre ich mich da?

Ich habe mich auch nicht dagegen ausgesprochen, dass Eltern mehr Hilfe bekommen, die sich ein Kind nicht leisten können. Da muss man ja dann auch dem Kind helfen. Jedoch finde ich, dass man allgemein schon den Drang dazu haben sollte sich selber mit dem Kind zu finanzieren und dafür aufzukommen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich muss ehrlich sagen das Kindergeld ist mehr ein Tropfen auf den heißen Stein als eine Kofinanzierung, wie es hier genannt wurde. Wegen einigen Problemen an, hatte ich eine Milchpumpe vom ersten Tag an diese wurde drei Monate von der Krankenkasse übernommen, danach durfte ich sie selbst bezahlen da ich meinem Sohn Muttermilch zukommen lassen wollte. Alleine das waren 60 Euro pro Monat. Da die Milch mit dem Pumpen alleine nicht gereicht hat, musste ich noch Pulvermilch dazu kaufen. Schachtel 15 Euro, reicht genau für eine Woche. Dann noch die Windeln und schon war das Kindergeld weg, damit hat mein Sohn noch nichts zum anziehen gehabt wenn er seine Wachstumsschübe gemacht hat.

Inzwischen ist es so das ich nach der Elternzeit wieder Arbeiten gehen möchte. Der Krippenplatz für Ihn kostet mich im Monat 711 Euro, ohne Verpflegungsgeld, für eine Ganztagsbetreuung von 7-18 Uhr jeden Tag. Und das deckt noch nicht einmal die Betreuungszeiten ab die ich eigentlich für meinen Beruf bräuchte, also muss ich nebenbei noch Schwiegermutter beschäftigen die ihn morgens zur Krippe bringt und abends eine Babysitterin, die ihn von dort wieder abholt. Alleine das sind momentan für mich Kosten im Monat von 1000 Euro. Auch da hat er noch nichts gegessen, keine Windeln und kein gar nichts und ich verdiene im Rettungsdienst auch nicht die Welt. Auf Teilzeit reduzieren wie es so oft angeprangert wird ändert daran nichts, denn auch wenn ich meinen Sohn wegen einem freien Tag in meinem Wechselschichtverlauf nicht in die Krippe bringe, muss ich den Platz bezahlen.

Der Meinung des Jugendamtes der Stadt nach verdienen ich und mein Partner zu viel mit 3600 Euro im Monat. Davon gehen allerdings auch 1125 Euro Miete für eine 3 Zimmer Wohnung ab und eben die Betreuungskosten. Um zur Arbeit zu gelangen, haben wir jeden Monat nochmals 600 Euro Ausgaben und so wird es immer weniger - nach Abzug unserer Fixkosten für Versicherungen etc. bleibt fast nichts übrig. Und der finanzielle Bedarf eines Kindes steigt ja noch mit dem steigenden Alter - im Schulalter kommen die Ausflüge, Projekttage und Klassenfahrten noch dazu. Heute reicht es nicht mehr einen Wandertag in den Wald zu machen, nein schon von der Kinderkrippe musste es ein Ausflug in den Europapark sein.

Ich bin der Meinung man sollte sich seine Kinder schon leisten können, aber der Staat sollte auch mal an anderen Stellen eingreifen. Ein Beispiel sind hier die unverschämt hohen Mieten, wir wohnen in Freiburg im Breisgau da ist unsere Wohnung noch ein Schnäppchen. Bei Betreuungsstellen für die Kinder hier von der öffentlichen Seite aus mangelhaft, eine Betreuung von 8-13 Uhr am Tag bringt mir nichts wenn ich eine Vollzeitbeschäftigung habe. Bleiben nur die privaten Trägerschaften oder Tagesmütter und die lassen sich aufgrund der hohen Nachfrage und dem wenigen Angebot auch fürstlich für ihre Dienste entlohnen.

Es sollte einfach fairer aufgeteilt werden, in Regionen in denen die Mieten und Nebenhaltungskosten extrem sind wie in Ballungszentren wie München oder Freiburg sollte man auch mehr staatliche Zuschüsse bekommen, nicht in Form von mehr Kindergeld sondern eher dahingehen das die Beiträge für Krippen Bundesweit gedeckelt werden bzw. mehr bezahlbaren Wohnraum für Familien schaffen. Lächerlich finde ich vor allem, dass in dem Dorf wo ich damals in den Kindergarten gegangen bin ein Krippenplatz mit dem selben zeitlichen Betreuungsumfang gerade einmal 90 Euro inkl. Verpflegungsgeld kostet, fühle ich mich hier doch sehr im Stich gelassen vom Staat der einfach nicht stark genug eingreift.

Natürlich haben wir uns bewusst für unser Kind entschieden als wir von der Schwangerschaft erfahren haben, aber da es nicht geplant war und wir dachten wir bekommen das schon hin. Langsam kommen wir an die finanzielle Belastungsgrenze trotz zwei Vollzeitgehältern. Ich stelle mich schon darauf ein zusätzlich zu meiner 60 Stunden Vollzeitwoche noch einen zweiten Job annehmen zu müssen, nur um meinem Kind hier einen normalen Standard bieten zu können.

Was ich ehrlich bedauere, dass ich sehr viel von meinem Kind verpasse da ich direkt nach den Mutterschutz wieder Vollzeit arbeiten gehen musste. Andere können sich in anderen Städten 1-3 Jahre Elternzeit nehmen, von einem Gehalt gut leben, ihre Kinder aufwachsen sehen, selbst erziehen und einfach mehr "von sich" mitgeben. Bei mir erledigen das nun leider andere und ich renne nur noch auf Arbeit um die Kosten für die Betreuung und Miete decken zu können.

Jetzt mögen sich andere denken ja sollen sie doch umziehen, das ist bei uns nicht möglich da wir vom Arbeitgeber nicht versetzt werden. Um Miete zu sparen müssten wir soweit aufs Land hinaus ziehen, dass wir jeden Tag für eine Wegstrecke 2,5h auf Arbeit bräuchten. Die damit eingesparte Miete würde somit durch die Fahrtkosten und zusätzlichen Betreuungskosten wieder aufgefressen werden.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Natürlich ist die Erhöhung des Kindergeldes, wenn man es so betrachtet gering. Auf der anderen Seite muss man sich überlegen wie viel Mehrkosten für den Staat durch diese Erhöhung entstehen. Jede Familie mit Kindern bekommt diese Beihilfe. - und wie der Name schon verrät: Es handelt sich um eine Beihilfe und nicht um eine vollständige Finanzierung der eigenen Sprösslinge.

Meine Meinung ist, dass Personen die Kinder in die Welt setzen auf für diese Kinder aufkommen können müssen und sich darauf verlassen, dass der Staat jedes Monat ordentlich beisteuert. Die Familienbeihilfe ist eine Entlastung für Familien. Man kann das nicht so sehen, dass der Staat für alle Kosten die durch Kinder entstehen aufkommen muss.

Jedoch ist es schon so, dass von diesem Betrag, solange die Kinder noch klein sein pro Monat manchmal etwas übrig bleibt. Je nachdem ob Impfungen anfallen oder wie das Kind gefüttert wird. Dafür reicht dieses Geld sobald die Kinder etwas größer sind bei Weitem nicht mehr aus. Wer glaubt, dass er mit dem Kindergeld alle Kosten für seine Kinder bis sie aus dem Haus raus sind begleichen kann, der irrt sich gewaltig und hat auch nicht wirklich mitgedacht. Mit einem Kind kommen nun mal andere finanzielle Belastungen auf einen zu. Das ist jedoch nichts neues. Darüber sollte man sich im klaren sein, bevor man ein Kind in die Welt setzt.

» Birdy93 » Beiträge: 767 » Talkpoints: 10,23 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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